Jetzt aber Frühstück!

Verfasser: Oliver H. Herde, Ralf Büngener und andere

OHH

Beobachtete man Widumir, erkennte man, was unter gemächlichem Hüpfen zu verstehen sei. 'Schau nur, wie groß und wie bunt ist doch die Welt!' Wo hat er diesen Text nur schon einmal gehört? Da er gerade nicht darauf kommt, fällt ihm auch der Rest nicht ein, also belässt er es beim Summen. Die Kerbtiere tun es ihm gleich; eine Biene geleitet ihn gar bis fast vor den Eingang.
"Tschüssi!" verabschiedet er sich von ihr und den anderen, dann reißt er die Türe auf, springt über die Schwelle und ruft "Palimpalim!" Dies mag an die Glöckchen eines Gauklers erinnern, an welchen es Widumir mangelt. Oder hatte er nicht ein kleines in einem seiner Beutelchen? Aber jetzt zu suchen, fällt ihm nicht ein. Das Frühstück ruft. Zumindest er kann es deutlich hören. 'Friss mich, ich verderbe sonst!'
Da offenbar selbst der Wirt nicht mehr anwesend ist, weiß man gar nicht recht, wo man hintreten soll. Zum Glück vermag sich Widumir auch selbst zu genügen.
Strategische Überlegungen zur Platzierung sind dennoch angeraten. Möchte er lieber mitten im Geschehen sitzen? Dann wäre einer der zentraleren Tische geeignet. Oder alles im Blick haben? An der Ostwand ist es eh ein wenig heller, weil dort die Sonne so schön hereinscheint. Oder die Treppe im Blick haben, auf dass man selbst von dort auch als erster gesehen werde?
Gegenwärtig wird er so oder so als erster gesehen, keine Frage. Auf dem Wege zum Großen Tisch des Vorabends kommt ihm der benachbarte kleinere in besondere Aufmerksamkeit. Den hat er gestern noch nicht ausprobiert. Ob es da irgendwie einschläfernd riecht oder sowas? Widumir glaubt nicht recht daran, auch wenn die beiden gestrigen Gäste solche Gedanken durch intensive und langanhaltende Körpersprache nahelegten.
Gedacht, geplumpst, landet Widumir am neuen Tisch und blinzelt aufmerksam vom neuen Blickwinkel her durch den Schankraum, ob sich denn irgend etwas Ungewöhnliches bemerken lässt.
Tatsächlich ist der Ausblick von diesem Platze her viel langweiliger als jeder gestern Abend. Wohlwollendes Verständnis breitet sich in Widumir für die beiden Frühschläfer aus. Bestimmt konnten sie von hier aus niemanden sehen und sind deswegen vor Langeweile eingepennt, jaja.
Schmunzelnd greift er nach dem, was bereits aufgetragen wurde. Die Bewirtschaftung in diesem Hause lässt nichts zu wünschen übrig, auch wenn man sie von diesem Tisch aus nicht sehen kann. Es ist eben doch ein magischer Eber, wie man schon an der Farbe erkennen kann.

NW

Der Wirt wirft wieder einen Blick in die Schankstube, ob er hier noch einem Gast einen Wunsch erfüllen kann. Aber es ist bei dem einen frühen Vogel geblieben. Tesden blickt sich um. Das Essen ist auf den Tischen verteilt, die Kannen mit Tee stehen bereit. So kann er tatsächlich einen Moment durchatmen. Er tut dies hinter dem Tresen, nickt Widumir noch einmal freundlich zu. "Ja, bedient Euch, es ist reichlich da..."

OHH

Wenig entsetzt, seine unernste Theorie um Sichtbarkeiten und Blickwinkel so unsanft zerstört zu erleben, winkt Widumir dem Wirte zu und nickt dann. "Bampe!" bringt er aus seinem vollen und zugleich grinsenden Munde hervor.
Ja, es ist wirklich immer wieder schön hier!

RB

Die junge Frau tritt die Treppe hinab in den Schankraum. Dort ist es noch relativ leer, nur der Wirt und Widumir befinden sich darin. "Einen wunderschönen guten Morgen", wünscht sie beiden mit einem fröhlichen Lächeln und steuert auf den Tisch ihres Beschützers zu.

NW

"Das wünsche ich Euch auch", tönt der volle Bass des Wirtes als Antwort auf die glockenhelle Stimme der Schauspielerin, begleitet von dem gewohnten, freundlichen Lächeln.

OHH

Mag man auch allein fröhlich kauen können, so ist Gesellschaft doch auch immer wieder etwas Erfreuliches. Entsprechend freudestrahlend ruft Widumir hinterdrein: "Ebensolch!" und winkt die ohnehin Nahende herbei. Dann sammelt er den Krümel auf, der ihm eben in halbhohem Bogen entkommen ist, und steckt ihn ohne Zögern dorthin, wo er herkam und hingehört, was mit einem zufriedenen Schmatzen quittiert wird.

RB

Das ist doch schön, wenn auf eine fröhliche Begrüßung eine ebensolche zurückkommt und nicht nur ein verschlafenes Murmeln. Beim Wirt wird es wohl Gewohnheit sein, um seinen Gästen einen angenehmen Aufenthalt zu verschaffen. Und ihr Begleiter scheint ja sowieso fast immer fröhlich zu sein, besonders, wenn es etwas zu Essen gibt.
Und das gibt es reichlich, fällt Jana auf, als sie sich umschaut. Es steht bereit und man muss nur noch zugreifen. Frischen Tee gibt es auch schon. "Das sieht ja schon wunderbar aus", kleidet sie ihre Freude in Worte, während sie den Stuhl gegenüber von Widumir ansteuert. Dort lässt sie als erstes die Tasche zu Boden plumpsen.

OHH

Jana scheint gut geschlafen zu haben, was eine gute Voraussetzung ist, den Tag zu beginnen. Drum lächelt ihr Widumir zufrieden entgegen, auch wenn sie nicht wieder das schicke Kleidchen von gestern Abend trägt. Einen passenden Morgenkommentar unterlässt er einstweilen. Sollte ihm etwa keiner einfallen, oder liegt es nur daran, dass der letzte Bissen seinen Mundraum so weitgehend ausfüllt?

RB

Jana zögert. Wenn sie sich Widumir gegenüber setzt, kann sie ihn zwar am besten sehen, kriegt aber vom Rest des Raumes wenig mit. Außerdem sieht der Tisch dann so voll aus, dass sich wahrscheinlich niemand dazusetzt. Also geht sie um die soeben zu Boden geplumpste Tasche herum und zieht den Stuhl daneben zurück. Dort lässt sie sich, etwas umständlich durch das unpraktische Gehänge, nieder. Dann nimmt sie den Hut ab und legt ihn mit wippender Feder neben sich auf den Tisch. Mit fröhlicher Miene mustert sie die bereits aufgetischten Köstlichkeiten. "Kannst du schon etwas empfehlen?"

OHH

Anscheinend wirklich sorgfältig nachdenkend, schaut sich Widumir auf der Tischplatte um, nutzt aber womöglich einfach nur die Zeit zum Kauen und Herunterschlucken. Dann strahlt er Jana treuherzig an. "Alles!" Zum Glück verrät er aber auch noch, dass sie nicht vollgestopft wie eine Mastgans weiterreisen muss: "Koste von allem mal!"

RB

"Das klingt ja genau so gut, wie es aussieht und riecht", antwortet Jana gut gelaunt. "Dann will ich das mal tun."
Bevor sie das mal tut, muss sie aber ihre nächste Frage loswerden. In den letzten Tagen hat sie gelernt, dass sie bei Widumir entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit immer nur eine Frage auf einmal stellen darf. Sonst beantwortet er zwar alle, aber so der Reihe nach, dass sie nichts versteht und darüber hinaus noch ziemlich einsilbig. "Hast du gut geschlafen?" fragt sie deshalb nur, während sie als erstes nach der Teekanne greift.

OHH

"Jawohl", kann Widumir verkünden. "Ich habe von einem Widehopf geträumt, der in einer Hafenschänke unten in Belhanka das Lied vom vergessenen Kurzschwert trällerte." Vertraulich beugt er sich zu Jana vor und verrät leise: "Ich glaube, er war ein wenig angetrunken."

RB

Jana lacht. "Die Geschichte musst du mir unbedingt im Laufe des Tages erzählen." Die launigen Erzählungen ihres Begleiters hat sie sehr schätzen gelernt, lassen sie doch die langen Wandertage deutlich kürzer erscheinen. "Und habe ich sonst noch etwas verpasst seit gestern Abend?"
Die Schauspielerin stellt die Kanne ab und trinkt einen Schluck Tee. Dabei lässt sie ihren Blick durch den noch recht leeren Raum wandern.

OHH

Fraglos wird Widumir bis dahin den gesamten Traum wieder vergessen haben, aber das macht nichts. Er kann für Jana hundert weitere ausdenken, die mindestens genauso gut sind. Drum nickt er eifrig.
Auf ihre Frage zieht er ein gewissenhaft nachdenkliches Gesicht. "Hmmm... Erst habe ich gesungen, dann die thorwalsche Bardin, dann die Geweihten, dann die Vögel, dann die Hummeln, dann die Bienen... Zwischendurch gab es für alle eine Erfrischung." Darauf gilt es, den Becher zu heben.

RB

"Singen ist immer gut", kommentiert Jana, während sie die Tasse schon wieder abstellt. Widumir ist ja immer für ein Lied gut, die Bardin hat sie gehört, die Geweihten...? Die singen doch sonst nur bei Liturgien und im Tempel. Und wo überhaupt? Hier sind sie nicht und am Brunnen hätte sie es gehört.
"Die Geweihten? Warum das denn? Und wo? Und was? Und wo sind sie jetzt?" Mist, jetzt hat sie es schon wieder getan. Zu spät beißt die Schauspielerin auf die Unterlippe und greift nach dem Brot.

OHH

Es kommt, wie es kommen muss: Alle Fragen werden beantwortet! "Ja. Sie singen gern. Am Waldrand. Über den Sonnenschein. Da oder dort." Immer hübsch der Reihe nach, wie sich das gehört - und so kurz und präzise, wie es die hastige Fragenflut fordert.
Arme Jana. Oftmals hat sie so überaus wenig Zeit! Das liegt bestimmt daran, dass sie immer so lange schläft. Für den Fall, dass sie gleich aufspringt, um abzureisen, beißt er sich beachtlich große Stücke von Wurst und Brot ab. "Müffem bwir lof?"

RB

Sie wird besser. Zwar hat Jana sich die Reihenfolge ihrer Fragen nicht gemerkt - dafür purzelten sie ja viel zu schnell aus ihr raus - aber sie kann den Sinn in Widumirs Antworten entziffern. "Was machen die denn am Waldrand?" wundert sie sich und fügt gleich darauf hinzu: "Außer singen", damit Widumir nicht glaubt, sie habe seine erste Antwort nicht verstanden.
"Lass uns doch erst zuende frühstücken." Sie teilt das Brot in zwei Hälften und belegt sie unterschiedlich, damit sie seinem Vorschlag, alles zu probieren, Folge leisten kann. Dabei wundert sie sich weiter: "Ich habe Bienen und Hummeln noch nie singen gehört. Ich dachte, die summen nur und tanzen manchmal."

OHH

Außer singen - das ist eine gute Frage. Leider fällt ihm nichts weiter ein als "Rumspehm", hat er doch nicht weiter darauf geachtet. Dennoch ist es eine buchstäblich heraussprudelnde Erkenntnis, da ein Krümel durch die Lippen hinaus in einem gefälligen Bogen auf den Tisch katapultiert wird. Macht nichts, es ist ja noch genug da, und Zeit offenbar auch, wie schön!
Zufrieden lächelnd widmet sich Widumir daher - und ob des noch nicht notwendigen Nachschiebens weiterer Speisen - dem anderen Thema zu. "Daf ift ebem ihre Fprache: Fummerif."

RB

Kurz ziehen sich die Brauen der Dame indigniert zusammen, als ihr Begleiter seinen Bogen produziert. Dann ziehen sie sich nachdenklich zusammen, als sie versucht, seine Antwort zu verstehen. Zunächst die Worte und dann den Sinn.
Da es sich mit vollem Mund besser nachdenkt, ihre Erziehung aber besser ist als Widumirs, schweigt Jana eine Weile lang. "Ich habe gestern ganz zu fragen vergessen, ob noch jemand in unsere Richtung reist", erinnert sie sich schließlich. Als sie den Eindruck hat, dass Widumirs Mund fast leer ist, fragt sie: "Weißt du etwas?"

OHH

Kurz wird mit Tee nachgespült, dann wieder breit gegrinst. "Ein paar der Summerer bestimmt", kann Widumir fröhlich versichern. "Aber gesagt hat keiner was. Vielleicht stehen ja noch andere Leute auf", bemüht er sich um einen Hoffnungsschimmer für Jana und wirft einen Blick die Treppe hinauf. Da fällt ihm ein, dass er ja auch Zweibeiner heute schon gesehen hat. Das Muttchen wird wohl nicht so weit fort wollen. "Die Nordleute waren schon am Brunnen - weißt schon: Mutter und Tochter." Ein Fingerzeig geht zu deren gestrigen Plätzen des Vorabends.

RB

"Stimmt, ich habe sie singen hören", erinnert sich Jana über Widumirs Scherz schmunzelnd. "Die müssten doch schon längst wieder hier sein, oder sind die etwa ohne Frühstück abgereist?" Von einem Bereich des Tisches, der möglichst wenig mit Widumirs Krümeln garniert ist, nimmt sie sich den Belag für die zweite Hälfte des Brotes.
"Und die Ceilidghans" - ha, den Namen kann sie noch, aber Namen konnte sie sich schon immer gut merken, besser als ihre eigenen Fragen, und da waren schon ganz andere dabei - "müssen ja auch noch irgendwo stecken. Wäre schon schön, wenn die einen oder anderen in unsere Richtung reisen, dann hätten wir etwas Abwechslung." Neugierig schaut sie in Richtung Treppe, ob da wohl bald mal eine Bewegung zu erkennen ist.

OHH

Da kann man ruhig ein wenig mit den Achseln zucken, selbst wenn man nicht so genau weiß, zu welchem Punkt eigentlich. Aber Widumirs Nacken freut sich in jedem Falle darüber.
"Die Keilidings hab ich heute noch nicht gesehen", gibt er preis. "Entweder sind es ausgesuchte Frühwanderer oder verschlafene Bettlagerer. Ich vermute mal letzteres. Dann müsste man hoffen, dass sie rasch ermuntern, um nicht später bloß langweilige Balladen zu säuseln, bei denen man schon nach der ersten Zeile den Text vergisst.
Die Nord-Barden dagegen besuchen vielleicht einfach das Ferkel. Auf leeren Magen!" Da kann man nur den Kopf schütteln.

NW

Melida erreicht mit den Schuhen in der Hand auf leisen Fußsohlen den Schankraum und steuert rasch auf die Ausgangstür zu, nur ein kaum vernehmliches "Guten Morgen" in die noch recht überschaubare Runde werfend.

OHH

"Hallo Melida!" Ein fröhliches Winken wird dem Fräulein hinübergeworfen, mag es auch überaus dürftiges Interesse an Widumir und Jana zeigen. Bestimmt zieht es die Gute bloß eilig zu einem Orte, welcher nur solange still ist, solange man dort nicht singt.

OB

Der Wassermüller poltert den Flur entlang und die Treppe hinunter. Um diese Zeit sollte schließlich alles rechtschaffene Volk schon wach sein, also muss er sich nicht darum bemühen, leise zu sein.
Na, dafür ist die Schankstube aber doch noch ganz schön leer. Aber immerhin, die holde Schöne von gestern Abend ist schon da. Und der lustige Zausel sitzt neben ihr.
"Guten Morgen", röhrt Horasio in den Raum, so dass man ihn auch in der Küche und in Alriks Kammer noch hören könnte. Kurz liebäugelt er damit, sich gleich an den gedeckten Tisch zu setzen. Zumal er dann die erste Begegnung seines Sohnes mit der jungen Dame heute morgen beobachten könnte, nur zur Sicherheit.

RB

Jana ist einigermaßen damit beschäftigt, die Bettlagerer nicht mit einer widumirgleichen Fontäne zu beantworten. Deshalb bemerkt sie Melida erst, als die beiden sich begrüßen. Mit immer noch vollem Mund hat sie für das Mädchen nur ein stummes Winken übrig. Das besonders strahlende Lächeln, mit dem die Schauspielerin ihre Stille auszugleichen versucht, bekommt die Eilende wahrscheinlich gar nicht mehr mit.
Als der Vater schließlich das Ende der Treppe erreicht, ist der Mund leer und das Lächeln auf ein normales Maß zusammengeschmolzen, so dass er mit einem wohlerzogenen "Guten Morgen" begrüßt werden kann.

NW

Schon im Hinausgehen erreicht Melida Widumirs Gruß, so dass sie sich nur noch einmal kurz umwendet, bevor sie aus der Tür schlüpft. Ihr leichtes Lächeln könnte einem aufmerksamen Beobachter durchaus als etwas abwesend oder gar gequält vorkommen.

OHH

"Guten Morgen!" hallt es auch aus der Küche.

Hei, da ist ja plötzlich was los! Aber die eine Hälfte vom Losen verschwindet auch schon wieder mit einem irgendwie seltsamen Lächeln. Wenn sich Widumir mit etwas auskennt, dann mit den vielen Arten freudiger Gesichtsausdrücke.
Was solls! Da kann er gerade nichts dran ändern, wenn er nicht aufspringen will. Dies wäre ja gegenüber dem Frühstück sehr unhöflich, also wird grienend der liebäugige Müller beobachtet.

GH

Das Weib tritt in die Schankstube, schließt die Tür hinter sich, damit niemand anders sich die Nase stoßen mag, und schaut sich um. "Guten Morgen, Wassermüller", entgegnet sie betont zurückhaltend und mit soviel Alterswürde wie möglich.

OHH

Das morgendliche Theaterstück wird um die hereinkommende Alte bereichert. Ob Widumir schon zu lange mit Jana unterwegs ist, da er ihre Betrachtungsweise der Welt imitiert? Auch sie bekommt ein breites Grinsen geschenkt.

NW

Der Eberwirt beobachtet das um Heimlichkeit bemühte Verschwinden der Müllerstochter, das weit weniger heimliche Erscheinen ihres Vaters und das dabei fast untergehende Eintreten der Häuslerin. Ein wie immer freundliches "Guten Morgen!" schallt durch die Gaststube, begleitet von einem warmen Lächeln.

OB

Dass die Guttli gerade zur Tür hineinspaziert kommt, lässt den Wassermüller schnell zu einer Entscheidung kommen. So schiebt er seinen massigen Körper an dem schmalen Weib vorbei, geht durch die Tür und bleibt draußen stehen, um Morgenluft zu wittern.

OHH

Da alle anderen Bewerber um Widumirs Aufmerksamkeit entweder hinaus verschwinden oder sich am fernen tummeln, kehrt selbige wieder zurück an den Tisch zu Frühstück und Jana. Mit dem einen könnte man reden, in das andere hineinbeißen. Breites Grinsen zeugt von der Vorstellung, man könne es ja mal mit einer unkonventionellan Verteilung versuchen. Jana sieht jedenfalls auch recht lecker aus, und das Brot kann bestimmt toll zuhören.

RB

Die Einheimischen begrüßen sich gegenseitig und lassen die Fremden außen vor. Jana soll es recht sein, sie hat momentan anderes mit ihrem Mund zu tun. Während sie kaut, beobachtet sie weiter die Bewegungen auf der Bühne des Schankraumes. So entgeht ihr das beißlustige Grinsen ihres Tischnachbarn.

OHH

War ja mal wieder klar!
Ob Janas gedanklicher Frenabgeschiedenheit ist es also am besten, es so herum zu versuchen: Widumir schaut höchst aufmerksam auf die blanke Brotscheibe vor sich hinab. "Ja, meinst du wirklich, ich sollte es einmal versuchen? Du hast einen Hintergedanken, das sehe ich dir doch an!" Aber dann betrachtet er dennoch Janas Unterarm und leckt die Lippen. "Vielleicht hast du recht..."

LR

Betont langsam folgt Irinio dem Vater hinunter und schafft es, im Schankraum anzulangen, als dieser schon hinausgepoltert ist. Sein "Guten Morgen" in die Runde ist denn auch bedeutend leiser und auch weniger schwungvoll als des älteren Wassermüllers Gruß. Janas Anwesenheit im Raum nimmt Irinio mit einer seltsamen Mischung aus Freude, Verlegenheit und tiefster Peinlichkeit zur Kenntnis. Er errötet schlimmer, als wenn er dazu Grund gehabt hätte, und kann den Blick nicht lange bei ihr halten. Auch die Guttli sorgt dafür, dass sich schlechtes Gewissen in ihm regt. Das Schweinchen hat er auch nicht mehr versorgt.

OHH

Immer, wenn man gerade zubeißen will, kommt einem was dazwischen, in diesem Falle in Gestalt des Wassermüllersohnes Herabkunft. "Guten Morgen Irinio!" hallt es herzlich durch den Schankraum, allerdings hat sich jener bereits wieder von Widumir - oder wohl eher Jana - abgewandt. So verlegen?
"Na, was hast du angestellt?" ist da eine naheliegende wenngleich nicht ernst gemeinte Frage an die nahe Sitzende.
Die Antwort wird daher auch nicht abgewartet, sondern erneut der Tropf begutachtet, der so sehr mit sich selbst ringt und hadert. Vermutlich nur, weil er sich noch nicht richtig gesucht und gefunden hat.

RB

Das wenig sinntragende Gerede ihres Tischnachbarn veranlasst Jana endlich, sich wieder ihm zuzuwenden. Allerdings scheint ihr Mundwerk heute Morgen tatsächlich besser zum Essen als zum Reden zu gebrauchen zu sein. Denn bevor sie sich eine schlagfertige Antwort überlegen kann, begrüßt er schon das letzte Mitglied der Müllersfamilie.
Das bringt die nahe Sitzende dazu, ihren Blick wieder in die andere Richtung zu wenden. Irinio sieht schon um diese Zeit so aus, als bräuchte er ein wenig Aufmunterung. "Guten Morgen", ruft auch sie ihm fröhlich zu. "Die Sonne scheint, die Vögel singen und einige andere auch. Öffne deine Augen und dein Herz und stimme mit ein!" Die Erfahrung, dass Morgenmuffel überaus wache und fröhliche Zeitgenossen hassen, hat sie offenbar noch nicht gemacht.

OHH

"Das wohl!" stimmt einstweilen Widumir statt des Jungen ein, wie er es gestern neuerlich von den Nordleuten gelernt hat. Damit nicht genug, überlegt er auch sogleich, welches Lied den liebe Irinio wohl am ehesten verleiten könnte. Es sollte mal zur Abwechslung nichts soeben Ausgedachtes sein, damit man sich auf einen gemeinsamen Text einigen kann. Andererseits - warum eigentlich? Auch ein wohltemperiertes Durcheinander vermag bisweilen jedes anwesende Ohr zu bezaubern. Das abendliche Flötenspiel mit seiner Begleitung dient als unberedtes, weil wortloses Beispiel.

RB

Da Jana Irinio und nicht Widumir zum Singen aufgefordert hat, blickt sie auch eher in Richtung des Ersteren, obwohl sie nicht ernsthaft erwartet, dass er plötzlich zu musizieren beginnt. Auch sie selbst hat nicht vor, ein Lied zu initiieren, war ihr Zuruf und das anhaltende Strahlen doch eher als Aufmunterung gedacht.
Um sich nicht selbst aus einer möglicherweise noch startenden Konversation auszuschließen, lässt sie das Brot momentan liegen. Der erste Heißhunger ist ja nun schon gestillt.

LR

Janas fröhliche Anrede macht Irinio nur umso verlegener. Wenn sie wüsste, was sein Vater zu wissen glaubt... Ja... Was dann eigentlich? Wäre es ihr unangenehm? Peinlich? Oder würde sie sich vor Lachen ausschütten? Irinio versucht, höflich zurückzulächeln. Es gerät zur schiefen Grimasse.
Ins Singen einstimmen... "Ja... ähm, ich... später vielleicht", presst er etwas heiser als Antwort auf die Fahrende heraus. Irinio tritt von einem Fuß auf den anderen. Der Vater ist draußen. Es wäre Zeit für ein paar Worte. Vielleicht, bevor der Alte Jana nachher womöglich noch anspricht und ihn unmöglich macht. Aber andererseits muss er auch endlich seine Schwester ins Bild setzen.
"Ich, ähm, bin dann mal am Brunnen." Unnötigerweise deutet der Müllersbursche in die entsprechende Richtung. "Bis... äh, gleich."
Einen quälend langen Wimpernschlag später folgt der Körper den Worten nach.

RB

Den quälend langen Wimpernschlag nutzt die Schauspielerin zu einem aufmunternden Schlag ihrer quälend langen Wimpern. "Bis gleich!" Und bevor sie Gelegenheit hat, darüber nachzudenken, was sie damit möglicherweise in dem Müllerburschen anrichtet, wenn sie denn darüber nachdenken würde, fängt Janas helle Stimme schon an zu singen: "Junge, komm bald wieder, bald wieder ins Haus..."
Der Gesang, den der Vater des Jungen auf dem Hof angestimmt hat, ist zu leise, um von ihr wahrgenommen zu werden. Die Ankunft Sionas in der Schankstube bemerkt sie dagegen schon.

OHH

Das Bild des Jammers begibt sich also hinaus, anstatt an den Tisch seiner mutmaßlichen Träume. Allerdings bewegt Janas Spontangesang auch Widumir nun endgültig zu neuerlichen musikalischen Ausdünstungen, weswegen er ihre Vorlage unter halbwegs treffsicherer Vermutung der weiteren Melodie schlicht fortsetzt: "Junge, fahr dann fröhlich in die Wehelt hinaus!" Das musste ja mal klar ausgesungen werden!

LR

In seinen Gedanken streiten sich zwei Teile seiner selbst, ob die singenden Fahrenden im Schankraum ihn verspotten oder aufmuntern wollten. Um es nicht darauf ankommen zu lassen, flieht der Müllersbursche fast nach draußen.

OHH

Da zieht Widumir erstmal ein langes Gesicht. "Hups, das ist schiefgegangen!" Probeweise kratzt er sich auf beiden Seiten am Hinterkopf, um herauszufinden, was passender ist.

RB

Vielleicht ist es besser, dass der Junge fast fluchtartig in die Welt hinausfährt. So muss er immerhin nicht Janas breites Grinsen mit ansehen, mit dem sie sich bei Widumir für dessen Zugabe bedankt. Da damit aber das Objekt des Gesangs verschwunden ist, gibt es keinen Grund, ihn fortzusetzen, zumal die Schauspielerin den Text des fremdländischen Liedes nicht weiter kennt und ihr spontan keine kreative Fortsetzung einfällt.
So ist jetzt der richtige Moment gekommen, noch einmal beim Frühstück zuzugreifen. Während Jana das vorbereitet, stimmt sie allerdings Widumir zu: "Ist wohl ein richtiger Morgenmuffel." Mit unterdrücktem Kichern fügt sie noch leise hinzu: "Vielleicht mag er aber auch keine Musik."

OHH

Wie hoch mögen Widumirs Brauen wohl anhebbar sein? Jedenfalls schaffen sie es momentan fast bis zum höchst unpräzisen Haaransatz.
"Das sollte mich bei einem Flötisten wundern!" bekundet er Janas letzte Bemerkung. "Aber davon abgesehen scheint er mir eher ein Lebensmuffel zu sein. Oder ein Lebensfürchter. Oder ein Vaterfürchter." Ja, so tastet man sich an die mutmaßliche Wahrheit heran. Die dahinterstehende Erkenntnis könnte manchem den Appetit verderben - Widumir hingegen ist einfach inzwischen ziemlich abgefüllt und hält vornehmlich deswegen einstweilen mit weiterer Nahrungsaufnahme inne.

RB

Jana nickt nachdenklich, während sie zuhört. "Vaterfürchter, fürchte ich. Das klingt gut. Und seine Schüchternheit muss er schleunigst überwinden, sonst wird er sich nie auf einer Bühne wohlfühlen, wenn er überhaupt draufkommt. Tja, das Spielmannsleben ist halt etwas anderes als am Mühlbach sitzen und Flöte spielen. Wer ist eigentlich seine Verlobte?" Die letzte Frage war eindeutig an Widumir gerichtet. Jana war ja gestern aushäusig, als das bekannt gegeben wurde. Kauend sieht sie ihn in Erwartung einer Antwort fragend an.

OHH

Vielleicht sollte man ihn einfach mal auf eine Bühne hinaufwerfen, überlegt sich Widumir. Doch Janas Frage lässt ihn nachgrübeln: "Upsi, da hab ich gar nicht so aufgepasst. Soweit ich das mitbekommen habe, kennt er sie gar nicht!"
Widumirs Augen rollen empor, die Schankraumdecke zu betrachten, als würden kleine Feen dort durch das Schwingen bunter Fähnchen anzeigen, ob er sich recht erinnert. "Ich glaube, sie kann gut zupacken. Vielleicht macht sie ja dann die ganze Mühlenarbeit, und er kann in Ruhe flöten. Aber wetten würde ich nicht drauf."
Damit schnipselt er sich doch noch ein Stück Käse ab.

RB

Eine, die gut zupacken kann und die Irinio gar nicht kennt. Das klingt ganz nach dem Wassermüller, so wie Jana ihn bis jetzt erlebt hat. Ihr Vater wollte sie ja auch mal verheiraten, aber er hat ihr immerhin junge Männer vorgestellt, in der Hoffnung, dass sie sich einen davon aussuchen würde. Sie hat sich dann eher einen ausgesucht, der zupacken kann, stellt Jana fest und muss bei dem Gedanken grinsen. Theaterkulissen bauen sich halt nicht von selbst.
'Theaterkulissen.' Da war doch noch was. Wieder reagiert das Mundwerk der Schauspielerin, bevor ihr klar ist, was sie eigentlich will: "Siona?" Erst als sie sich fast vom Stuhl erhoben hat und in die Richtung blickt, merkt Jana, dass die Angesprochene gerade wieder verschwunden ist.

OHH

"Nein, Widumir", erwidert derselbe trocken mit süffisantem Schmunzeln. "Aber deswegen musst du nicht auch noch fortrennen." Schwupps, fliegt das Kastestückchen in den feixend aufgesperrten Rachen.

RB

"Nein, Widumir", antwortet Jana, während sie sich wieder auf ihrem Stuhl niederlässt, "mit dir werde ich noch den ganzen Tag zusammen verbringen." Der Tonfall und das Lächeln lassen offen, ob das ein Versprechen oder eine Drohung ist.
In leichterem Ton fährt die Schauspielerin fort: "Aber bis dahin will ich mich auch noch mit anderen treffen. Im Augenblick ist aber wohl eher Abwarten und Tee trinken angesagt." Der Ansage leistet sie sogleich Folge.

OHH

Widumirsches Schmunzeln begleitet Janas Worte. Da bekommt jemand den Hals nicht voll, unter anderem an Gesellschaft. Aber das kann er recht gut verstehen, auch wenn er selbst sicherlich die beste darstellt, die man in diesem Landstrich ohne nennenswerte Bezahlung bekommen wird.
Um zu zeigen, wie gut auch er abwarten kann, stützt er das Kinn auf die Handfläche und beobachtet seine Reisegefährtin versonnen lächelnd beim Trinken.

RB

"Das ist gute Arbeitsteilung: Du wartest und ich trinke Tee", lacht Jana, die seine Gedanken zu erraten scheint, nachdem sie formvollendet getrunken hat. "Und wir scheinen erfolgreich zu sein", fügt sie hinzu, als Siona so unerwartet schnell wieder auftaucht. Doch diesmal bleibt die Teetrinkerin mit der Tasse in der Hand sitzen, bis sie sicher ist, dass die andere nicht gleich wieder verschwindet.

OHH

Ja, so einfach kann Erfolg zu erlangen sein! Widumir wusste das im Grunde schon immer. Zufrieden lehnt er sich zurück, faltet die Hände vor dem gesättigten Bauch und teilt seine Blicke gerecht zwischen Jana und der Magd am Tresen auf.

RB

Nachdem der Erfolg in Sionas Gestalt eingetreten ist, denkt sich Jana für den zweiten Teil eine neue Taktik aus. Statt wie eben hektisch aufzuspringen, hebt sie den Arm und winkt der Magd, um ihr zu signalisieren, dass sie einen Wunsch hat.

OHH

Einige Momente lang teilt Widumir Janas Thekenschau, doch die Anvisierte und Angehebarmte - was nichts mit Anne, der Hebamme zu tun hat - verschwindet schon wieder in die Küche. So wendet sich Widumirs Kopf wieder seiner Tisch-, Reise- und Wartegefährtin zu, wobei sich seine Brauen noch etwas heben. Blinzeln, Kopfkratzen.

RB

"Die Guttli scheint die Wirtsleute ja gut zu beschäftigen heute", stellt Jana fest und nimmt den vergeblich Aufmerksamkeit heischenden Arm wieder herunter. "Da müssen wir Fremden wohl hintan stehen."
Schulterzuckend wendet sie sich wieder dem Frühstück zu, schließlich gibt es ein paar Sachen auf dem Tisch, die sie noch nicht probiert hat. Und Widumirs Krümeldusche von vorhin ist inzwischen vergessen.

Weiter...


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Redaktion und Lektorat: OHH 2015