Ab ins Freie!

Verfasser: Oliver H. Herde und andere

OHH

Ebenso gekleidet wie am Vorabend - kein Wunder, da er sich für die Nacht nicht auszog - hüpft Widumir die Stufen in den Schankraum herab, immer hübsch beide Füße dicht beisammen. Sowie er tief genug ist, huscht sein Blick umher, ob er schon jemanden vorfindet. Die Füße wissen auch so, was sie wollen und wohin sie sich begeben müssen.

AB

Der Tisch, an dem die beiden Geweihten zu später Stunde noch angeregt ins Gespräch vertieft saßen, ist nun verlassen. Nur die beiden leeren Bierkrüge darauf und das immer noch an der Wand neben dem Tisch stehende Gepäck erinnern daran.

NW

Tesden betritt den Schankraum. Siehe da - dass gerade dieser bunte Vogel zu den frühen gehört, hätte er nicht erwartet. Diesem wird ein morgendlicher Gruß zuteil.

OHH

"Fröhlichen guten Morgen, Meister Tesden!" erwidert Widumir, denn einen beispielsweise herrlichen muss er ihm ja nicht wünschen; der ist schon da, wie man durch die offenen Fensterläden bestens informiert wird.
Ohne Pause hüpft der Bunte weiter gen Schankraumtüre. Hier drinnen ist noch nicht viel los, also ist dies die beste Gelegenheit, draußen nach Glück, Licht und anderen lustigen Dingen Ausschau zu halten.

OHo

Mit schlendernden Schritten kommt die Skaldin die Treppe herab. Als sie den Fuß derselben erreicht hat, sieht sie den bunt Gekleideten durch den Schankraum hüpfen. Mit einem Nicken begrüßt sie ihn, kümmert sich aber auf ihrem Weg nicht darum, ob er diesen Gruß bemerkt oder erwidert.

OHH

Eine Bewegung im Blickwinkel erfassend, dreht sich Widumir dorthin um, winkt wohlgemut der stillen Bardin zu, dreht sich weiter um die eigene Achse und setzt ohne angehalten zu haben seinen Weg fort. Schwungvoll öffnet sich die Türe und lässt die herrliche Morgenluft in noch größerem Umfang als die Fenster herein. Dem hat man mit eigenem Strahlen entgegenzutreten!

OHo

Twina lächelt, als der Bunte ihr zuwinkt. Allerdings ist die freundliche Geste in dem noch leicht schlaftrunkenen Gesicht kaum zu erkennen. Schlurfenden Schrittes kommt sie voran und durchquert den Schankraum.

OHH

Hinaus mit dem Schelm! Recht haben sie.
Allerdings lässt es sich auf der Straße auf Dauer nicht so schön hüpfen, schwingt sie doch nicht so herrlich mit wie eberscher Holzfußboden. Wobei man ja viele Arten des Hüpfens kennt. Zum Beispiel jenes, welches auch bei kleinen Mädchen so beliebt ist. Kein Grund, für ausgewachsene Schelme dergleichen ebenfalls auszuüben. Auf diese Weise lässt es sich auch rascher vorankommen, was wichtig ist, wenn man jeden Tag doch so vieles sehen und erleben möchte.
Manche Innereien weisen dann jedoch darauf hin, wie gefüllt sie sind. Andere, wie leer sie sind. Die volleren geben sich momentan energischer. Also erstmal nach rechts hopsen und dort um die Ecke.
Auch der Magen knurrt nun über die Sprünge verärgert, so dass Widumir in einen wiegenden Gang übergeht und alsbald den Verschlag seines Vertrauens betritt.

"Es tanzt ein Wuwawidumir in unserm Haus herum, widubumm..." tönt es alsbald aus dem Verschlag. Gleich darauf springt das Angekündigte auch hervor und wendet sich dem Brunnen zu. "Herum, wiedibumm, und um, wieder bumm, da fallen alle Gläser um..."
Gerade noch sieht er das alte Muttchen hinfortziehen. Aber vielleicht bleibt das Mädchen noch lange genug für eine gemeinsame Katzenwäsche. Wobei es dafür eigentlich schon zu feucht aussieht.

OHo

Twina schlendert gemächlich weiter und begrüßt die Alte, die ihr gerade entgegen kommt, mit einem "Guten Morgen", das so freundlich ist, wie die Skaldin es gerade zustande bringt. Da hüpft auch der Bunte heran. Twina atmet schließlich auf, als sie ihre Tochter am Brunnen entdeckt. Jetzt erscheint doch ein Grinsen auf ihrem Gesicht. Sie geht eiligen Schrittes auf Tygrid zu und wuschelt ihr einmal durch die Haare. "Guten Morgen, Liebes!"

OHH

Es juckt Widumir in den Fingern, das Mädchen ebenso zu tätscheln. Doch schließt er bei diesen beiden Fauenzimmern nicht aus, sich für sowas eine zu fangen. Folglich beschränkt er sich auf ein herzliches "Von mir auch!" und stellt sich lediglich hinzu mit einem neugierig prüfenden Blick auf den Eimer, ob der wohl nun zu seiner freien Verfügung steht.

JA

Als die Guttli geht, ruft das Mädchen noch ein "Ich komme gleich nach!" hinterher, wischt sich schließlich das feuchte Haar aus der Stirn und schaut sich um. "Guten Morgen!" grüßt sie Mutter und den bunten Mann. "Ist noch Wasser drin. Schön kühl aus dem Brunnen." Und flugs tritt sie ein paar Schritte zurück, während der Eimer auf dem Brunnenrand stehen bleibt. Noch immer grübelt sie über die Schweinenamen nach.

OHH

"Vielen Dank!" Nicht um Tygrids schweinische Gedanken ahnend, tritt Widumir freudig an den Eimer heran, patscht mit den Händen hinein und sich dann ins Gesicht. Ja, schön erfrischend! Aber das reicht dann auch schon so ziemlich. Vielleicht noch ein paar Tupfer hinter den Ohren, na klar. Na gut, man kann auch noch die kleinen Finger in die Hörmuscheln hineinbohren, das quietscht so schön - faszinierenderweise sogar laut genug, um auch von den Beistehenden vernommen zu werden.

OHo

Twina schaut noch kurz auf ihre Tochter, während Widumir sich schon wäscht. Sie rümpft etwas die Nase, als dieser seine quietschenden Geräusche aus seinen Ohren quillen lässt.
Mit beiden Händen nimmt sie eine Ladung voll Wasser und lässt es in ihr Gesicht spritzen. Anstatt sich über die Geräusche des Bunten zu ärgern, beschließt die Skaldin, sie mit eigenen zu übertönen und stimmt ein Lied an: "Im Norden, im Land der schäumenden Gischt..."

OHH

Hat die Bardin keinen Respekt vor der Kunst, oder vermeint sie, ihr Lied passe bestens zu Widumirs hochqualitativer Darbietung? Er grinst sich eines und gibt keinerlei Mühe darauf, den Text des Liedes mitzubekommen. Vielleicht ist es die Erfahrung von gestern Abend, möglicherweise reine Intuition, es könne ihm zu lang werden oder sonstwie unerfreulich. Jedenfalls hat es nicht mitreißend genug mit 'Sah ein Schelm 'ne Krautwurst stehen' begonnen, was ja im Grunde schon verräterisch genug ist. Der leere Magen ist hörbar derselben Ansicht.
Und das Töchterlein? Es schweigt hierzu andächtig und erweckt einen abwesenden Eindruck. So lässt sich kein Gespräch führen.
Gerade noch verkneift er sich ein 'Hunger, Hunger, täterä', welches von der Bardin womöglich als störend ausgelegt werden könnte. Nur keinen Zank vor dem Frühstück!
Beiden freundlich winkend wendet er sich zum Gehen.

Mutter und Tochter wollen bestimmt noch etwas allein sein, drum verfolgt Widumir seinen Herweg wieder zurück. Eigentlich wäre es ja angebracht, dies auch wirklich rückwärts zu tun - eine gute Idee!
Bei seinem daraus folgenden Blick zurück zum Brunnen, fällt ihm auf, wie auch am Waldesrand von den beiden Geweihten gesungen wird. Vermutlich im Stile von 'Guten Morgen, Liebe Götter; vielen Dank fürs schöne Wetter.' In Verbindung mit Twinas Ballade gewinnt nach Widumirs Ansicht beides, ergibt sich daraus doch eine völlig neue Klangdimension und ein gar herrlich skurriler kanonartiger Effekt. Zudem freut er sich, dass hierdurch vielleicht allerlei Langschläfer aufgescheucht werden mögen, ohne ihn dafür belangen zu können. Dann muss er nicht so lang allein im Schankraum herumgammeln.

JA

Noch ein wenig verträumt steht das Mädchen am Brunnen herum, als sich der schnell geputzte Schelm schon auf den Weg macht. 'Der passende Name für ein Schweinemädchen...' Da will ihr einfach nichts dazu einfallen. Durch das Lied der Mutter aber ist sie wieder ins Hier und Jetzt zurückgerufen und schaut sich etwas verdutzt um.
Grinsen muss sie beim Rückwärtshopser Widumirs, aber dann greift sie sich flugs den Eimer, hebt ihn leicht über sich und lässt sich prustend und qietschend den restlichen Inhalt einfach über Kopf und Nacken laufen, aufrecht stehend, wie sie da halt steht. Diesen Vorgang schließt sie mit einem lauten Lachen ab und hopst nun ihrerseits fröhlich und patschenass in Richtung des Stalls zum Schweinchen.

OHH

Freudig grinst Widumir zurück. Derartige Fröhlichkeit, wie sie das Mädchen zeigt, ist mindestens so erfrischend wie ein morgendliches Vollbad. Nur nicht so nass.
Um die Ecke biegend, dreht er sich einem Kreisel ähnlich, wenngleich nicht annähernd so schnell, ein paarmal um sich selbt, wobei er dennoch seinen Weg fortsetzt, bis er sich auf eine Richtung geeinigt hat und wieder vorwärts die Straße anpeilt. Dabei pfeift er vor sich hin - kein Liedchen, sondern in der Art der Vögel, als unterhalte er sich mit ihnen. Tatsächlich scheinen sich manche auch angesprochen zu fühlen. Möglicherweise schimpfen sie auch, weil sie sich gestört fühlen. Schön klingt es in seinen Ohren dennoch.

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Redaktion und Lektorat: OHH 2015