Pikeniers Morgen

Autoren: Friederike Hölscher, Lena Falkenhagen, Oliver H. Herde, Oliver Hohlstein und andere

OHH

"Hm?" Träge öffnet Waienn das linke Auge. Das rechte ist im Kopfkissen vergraben. Was immer ihn geweckt haben mag, es kann ihn nicht veranlassen, seine Bauchlage schon jetzt aufzugeben, da es sich nicht mehr zeigt, beziehungsweise nicht mehr zu hören ist. Ausgeschlafen fühlt er sich sicher nicht, doch scheint es schon recht spät zu sein, da Praios bereits trotz Winters am Himmel steht. Also wie jetzt? Doch aufstehen?
Vielleicht hilft es, sich zu vergewegnwärtigen, wo man hier überhaupt ist und was um alles in der Welt ihn wohl so lange wachgehalten haben mag. Natürlich braucht eine solche Analyse ihre Zeit.
Nach vollendeter Untersuchung der eigenen Hirnwindungen, welche für einen Beobachter mehr wie ein müdes einäugiges Andiewandstarren aussähe, richtet sich Waienn schnaufend und ächzend auf. Es gilt, Patienten aufzusuchen! Wie praktisch, dass er sich von Helm und Stiefeln abgesehen nicht erst anziehen muss!
Er stopft noch die Lederschürze in den Rucksack, bevor er diesen schultert, die Pike greift und aus dem peinlich leeren Schlafsaal tapst. Offenbar sind die meisten Gäste schon aufgestanden, so glaubt er.
Vor dem vermeintlichen Zimmer des Ritters und der Edelbardin bleibt der Medicus stehen und lauscht an der Türe.
Von drinnen ist nichts zu hören. Allenfalls möglicherweise leise Schlafgeräusche, aber die könnten auch von ganz woanders her stammen. Wirklich schwer zu sagen.
Am besten, man klopft an - vorsichtig natürlich! Dreimal pocht Waienn mit dem Knöchel gegen die Türe, in einer Lautstärke, die nur von einem Wachen oder von einem sehr leichten Schläfer vernommen werden kann.

LF

"Hhähh?" hört man von drinnen.

OHH

"Verzeiht!" raunt Waienn, dass es gerade noch durch die geschlossene Türe zu dringen vermag, in der festen Überzeugung, mit der Edelbardin zu sprechen. "Hier ist der Medicus von gestern Nacht. Ich wollte mich nur nach Eurem werten Befinden heute Morgen erkundigen. Geht es Euch besser? Benötigt Ihr mich noch?"

OHo

"Hrngnn... was? Nein, Lucian, wenn Er alles erledigt hat, mag Er sich wieder hinlegen", murmelt es noch im Halbschlaf.

CH

Rondrian kommt aus der Nachbartür, nickt dem Engasaler medicus einen müden Guten-Morgen-Gruß zu und schlurft dann mehr als dass er geht in Richtung der Treppe.

OHH

Der Ritter vermutet wohl seinen bediensteten oder jemanden vom Wirtspersonal vor der Türe. Auch klingt er sehr viel weicher und betuhlicher als gestern Abend, aber für den Pikenier gibt es kaum einen Zweifel, woran dies liegen muss, und das ist ihm höchst unangenehm. "Nein, verzeiht, dass ich Euch geweckt habe, Euer Wohlgeboren! Aber hier ist nicht Lucian, sondern der Medicus - Oberweibel Waiennui Wratsch aus dem Engasalischen Fremdenpikenierbataillon."
Aus tiefsitzender unwillkürlicher Höflichkeit heraus verbeugt sich Waienn bei der neuerlichen Vorstellung und stößt dabei mit dem Tellerhelm gegen die Türe, welcher daraufhin zu Boden poltert.
Im Augenwinkel nimmt der Pikenier eine Bewegung wahr. Nanu, wie ist der Ritter so schnell an ihm vorbeigekommen? Hat das Zimmer eine Seitentür, die Waienn gestern in seiner Müdigkeit nicht bemerkte?

OW

Da sich die Herrschaften schnell von selbst aus seinem unmittelbaren Weg räumen, schlüpft Myreinos mit einem halb im den Bart gemurmelten "'n Morgen zusammen" an Waienn und dem Ritter vorbei zur Treppe.

CH

Der Medicus unterhält sich weiter mit der Tür, oder wohl eher mit einer Person dahinter, vielleicht noch ein Patient, wer weiß, der Pikenier scheint ja gestern das halbe Gasthaus verarztet zu haben, und irgend jemand grüßt grummelnd, wohl ebenfalls ein Gast mit zu wenig Schlaf. Alles normal - so man von diesem Gasthaus überhaupt von normal sprechen kann.
Gähnend poltert Rondrian die Treppe hinunter.

LF

Ihr Hinterteil fühlt sich besser, aber noch nicht wieder schmerzfrei an, doch bevor sie antworten kann, poltert es an der Türe. Besorgt ruft sie leise: "Ach, Ihr seid's, Meister Medicus. Ist Euch etwas geschehen? Kommt nur herein!"
Innerlich kichert sie darüber, dass der Medicus sich vermutlich schrecklich anstellen wird, in das Schlafzimmer einer Dame zu treten. Und so sitzt sie in dem langen hellen Hemd, das sie unter dem Wams trug, im Bett und erwartet den Heiler.

OHo

Nun, das war offenbar nicht Lucian, der da draußen steht. Da wird der ungebetene Gast plötzlich von der Person neben ihm hereingebeten. Entrüstet dreht er sich um und beginnt, sich zu beschweren. "Vielleicht solltet Ihr erst einmal fragen, ob auch die anderen Anwe..." In diesem Moment bleibt sein Blick wie erstarrt auf der Person stehen, die dort im Bett sitzt. Der Satz bleibt unvollendet, dafür Nebons Mund offen stehen.

OHH

Ja, was! Jetzt läuft der Herr Ritter einfach davon! Eilig hebt Waienn den Helm auf, ihm nachzulaufen, als von drinnen die Aufforderung kommt, einzutreten. Also muss die Bardin noch drinnen sein. Der Medicus ist noch zu unausgeschlafen und die Türe zu dick, als dass er bemerken würde, dass sie es gar nicht ist, die zu ihm spricht.
Den Helm wie einen Schutz vor sich haltend, tritt er ins Zimmer ein und staunt, dass ganz andere Leute anwesend sind, als erwartet. 'Oh, der wunde Hintern von gestern Abend!'
Nun in aller Ruhe betrachtet, hat die Dame in der Tat etwas Anziehendes für Waienn, zumal in diesem Nachtgewande. Den Umstand, sie so betrachten zu können, verdankt er nicht zuletzt dem vermutlichen Edlen, der neben ihr im Bette sitzt und sie wie ein Fisch anstarrt. Ob dem nicht gut ist? Wer mag nun der Patient sein? Dass dem Medicus noch eben eine Frage gestellt wurde, hat er vollkommen vergessen.
Statt dessen besinnt er sich, dass er eigentlich ja eine ganz andere Frau aufsuchen wollte. Aber natürlich kann er jetzt nicht einfach wieder hinausrennen! Das Diplomatischste wird sein, gar nicht auf den Irrtum hinzuweisen.
"Guten Morgen, äh... " Hatte sie sich vorgestellt? Ja, dem Ritter! "...Frau Trelani. Euer Wohlgeboren!" Er verneigt sich kurz vor dem Manne, wendet sich dann gleich wieder an die Frau: "Geht es Euch besser?"

LF

Kurz registriert Esfera das Starren des Edlen vom Nachbarbett und bemerkt, dass dem Medicus die Frage wohl entgangen ist. Ein Teil von ihr aktiviert das der Schreiberin angemessene Verhaltensmuster - die Decke ein wenig höher zu ziehen - während sich der andere, der, der bereits mit Kriegersvolk gegen die Orks gezogen ist und schon so manches unannehmliche und nicht standesgemäße Nachtlager erlebt hat, darüber nur lächelt.
"Die Ruhe hat das Ihrige getan, vielen Dank. Doch falls Ihr noch etwas von der Salbe hättet, von der Ihr in der gestrigen Nacht spracht, würde ich sie Euch gerne abkaufen, Maestro."
Offensichtlich starrt der Herr vom Nachbarbett immer noch. "Sind schon viele Damen und Herren wach?" Fragt sie Waienn noch, mit dem Hintergedanken, etwas über den Ritter zu erfahren.
Und wenn der schon weg sein sollte? Durchfährt sie ein erschreckter Gedanke. Doch nein, er hat sich für die verausgabte Bardin verantwortlich gefühlt - so eilig kann er es dann nicht haben.

OHo

Nebons Erstaunen weicht nun langsam einer gewissen Wut. Sein Blick geht zwischen dem Medicus in der Tür und der Frau neben ihm hin und her. Er schließt schliesslich den Mund und räuspert sich lautstark. "Darf man vielleicht erfahren, worum es geht?"

LF

Hm, das Starren des Herren vom Nachbarbett scheint sich nicht nur auf ihren Bekleidungszustand zu richten, sondern auch auf ihre Anwesenheit - nun gut. Dann fragt er auch noch, worum es hier geht, und bevor die anständige Schreiberin ihr nicht ganz so anständiges Mundwerk zügeln kann, ist schon ein: "Um mein wertes Hinterteil, der Herr", herausgerutscht. Während sich die Dame innerlich ohrfeigt, überspielt sie die Ehrlichkeit äußerlich mit einem freundlichen Lächeln.

OHo

"Ähm... wie... was..." stammelt der Edle. "Ihr wollt mich wohl zum Narren halten? Na wartet!" Und er hebt kurz den Stock zur Drohung. Dann dreht er sich aber demonstrativ zur Tür und geht darauf zu. Mit vor Wut glühenden Augen fuchtelt er vor dem Pikenier herum, der immer noch an der Tür steht und sie blockiert. "Aus dem Weg, Gesindel!"

OHH

Verwirrt durch den Wortwechsel und von der barschen Aufforderung des Edelmannes vollkommen überrumpelt, springt waienn von der Zimmertüre weg - nicht ohne mit seiner Pike einen kleinen Kratzer in der Holzdecke zu hinterlassen.
"Auwei!" Einen Moment lang schaut er hinauf, dann besinnt er sich der Dame im Bette.
"Äh, äh, ich... neinnein! Mitnichten, sprach ich von einer Salbe, werte Frau, wenn ich mich recht entsinne, sondern vielmehr davon, dass es zu jeder Krankheit mehrere Heilungsmethoden gibt. Wenn sich gestern Abend nicht noch die Ereignisse so überstürzt hätten, wäre mein fachlicher Rat vermutlich eine Massage gewesen..."

LF

Esfera zuckt zusammen, als der Adlige aus dem Bett springt und mit erhobenem Stock auf den Medicus zugeht - eine Hand fährt zum Dolch, der in seiner Lederscheide immer in ihrem Bett liegt, seit diese Schurken sie und ihre Gefährten damals jeden in ein extra Zimmer steckten und dann versuchten, sie einzeln umzubringen.
Die Halbelfe wischt diese Gedanken mühsam fort und lockert den Griff um den Knauf wieder. Stahl wird hier wohl nicht helfen.
"Mein Herr", beginnt sie daraufhin artig, wie es ihrem Stande geziemt, "es läge mir fern, Euch einen Bären aufzubinden. Tatsächlich rieb mir gestern der Bauernkarren, auf dem ich hierher fand, das Gesäß wund, so dass ich um eine Heilsalbe sehr dankbar gewesen wäre. Am heutigen morgen ist der Schmerz jedoch nicht mehr ganz so schlimm, und ich denke, ich bedarf keiner Behandlung mehr!" Sie nickt dem Medicus zu.
'Besonders nicht, wenn der Kerl mir bei wundem Fleisch gedenkt, das Hinterteil zu massieren!' fügt sie in Gedanken hinzu. Von der Reiterei hat sie genug Erfahrung mit diesem Problem, bei dem massieren nun wahrhaftig nicht hilft - im Gegenteil.

OHH

Ein Jammer! Es wäre sicherlich auch für den Heiler eine angenehme Angelegenheit geworden. Die Halbelfe scheint eine recht gute Figur zu haben, wie man das von diesen Leuten ja auch erwartet. Aber Waienn wäre der letzte, der es vermochte, sich irgend jemandem aufzudrängen.
So deutet er eine Verbeugung an, soweit es sein Gepäck und die Pike zulassen, und spricht: "Dann gratuliere ich herzlichst zur Genesung und wünsche eine etwas angenehmere Weiterreise!"
Schon dreht er sich um, die Dame nicht weiter zu belästigen. Lediglich die lange Waffe bremst seinen Rückzug durch die Türe ein wenig.

OHo

Nebon senkt seinen Stock wieder ein wenig, so dass der Medicus ungehindert hinausgehen kann. Dann dreht er sich zu der Halbelfe um und räuspert sich. "Nun, ich könnte vielleicht über diesen Fall hinwegsehen, wenn Ihr Euch dazu bequemen könntet, Euch bei mir zu entschuldigen!"

OHH

Huch, der Edle steht ja noch neben der Türe! Nur schnell weg hier! Waienn möchte lieber gar nicht wissen, was zwischen den beiden Herrschaften vorgefallen sein mag.
Eilig läuft er den Gang entlang - erst nach links, bis er nach ein paar Schritten bemerkt, dass er ja vom Vorhang gekommen ist, dann kehrt er sogleich um und läuft zur Treppe.
Trotz aller Lasten holt Waienn auf der Treppe einen ein, der selbst unbekleidet wohl noch erheblich mehr zu schleppen hätte: Nasreddin. "Ah, guten Morgen, Kollege! Ich hoffe, Ihr habt wohl geschlafen!"

FH

Mikhailja wird der versammelten Ärzteschaft beim Abstieg in den Schankraum ansichtig, was sie sogleich zu einer Verbeugung veranlasst. "Peraine zum Gruße, die Herren!"

OHH

Sogleich erinnert sich der Pikenier wieder, wen er eigentlich eben vergeblich in dem Zimmer der Halbelfe suchte. Fast muss man von Glück sprechen, dass es Waienn auf der Treppe unmöglich ist, einen Fleischberg wie Nasreddin einfach zu überholen, um den Angesprochenen noch vor einer Erwiderung schon wieder zu verlassen. Es wäre grob unhöflich! Und doch ist der Medicus schon in Ausübung seines Amtes sehr an der Edelbardin interessiert. Mag Nasreddin auch eigentlich eine gute Gelegenheit darbieten, endlich einmal wieder mit jemandem gehörig fachzusimpeln, verspricht Mikhailja mit diesem morgendlichen Lächeln doch ein sehr viel gemütlicheres Frühstück.
Andererseits ist sie nicht allein. Zwar ist es der Zwerg statt des Ritters, der bereits den einzigen anderen Platz an ihrem Tische besetzt hält, aber das kommt letztendlich für Waienn als im Grunde Fremden auf das Gleiche heraus.
So begnügt er sich, gemessenen Schrittes dem Kollegen zu folgen und derweil zu dem kleinen Tisch herunterzurufen: "Euch auch, Frau vom Born!" Er nickt dem Zwergen zu. "...Sohn Angroschs...!"
Schon will er sie nach ihrem Befinden fragen, da besinnt er sich, das dies doch Zeit hat, bis er neben ihr steht. Man muss nicht schon am Vormittag herumkrakehlen. Und das liegt ihm ohnehin zu keiner Tageszeit.

CR

Als er plötzlich von hinten angesprochen wird, schrickt Nasreddin aus seinen Selbstbeschimpfungen, und verpasst beinahe die nächste Stufe. Nur die nahe Wand verhindert, dass er polternd die Treppe hinunterstürzt. "Ibnun schalalun!" entschlüpft es ihm, bevor er Waienn über die Schulter antwortet: "Verzeihen, ja, ich geruhen gut, wenn auch etwas mudschahsun... ah... kruz. Und selbst? Kranke scheinen wollauf..."
Letzteres kommentiert er mit einer Kopfbewegung in Richtung der Bardin, bevor er den Gruß derselben mit einem "Peraine zu...m Grusse, werte Dame. Hoffen, das haben erholt gut..."
Damit erreicht er das Ende der Treppe, wo er nach zwei weiteren Schritte stehen bleibt und sich umsieht.

MO

Innerlich muss Linosch ja jetzt doch breit grinsen. Sohn Angroschs? Steht er damit auf einer Ebene mit Simia? War er nicht gestern noch Enkel? Wie auch immer, freundlich nickt er dem Pikenier zu und erwidert seinen Gruß mit einem "Herr Medicus." Und dem davor herbeistampfenden Tulamiden in dessen Sprache zuzurufen: "Guten Morgen, Sohn der Heilkunst." Natürlich, eigentlich gehört ein tulamidischer Gruß länger, aber schließlich will er sich ja nicht mit dem Heiler unterhalten, sondern mit der Bardin.

FH

Die Grußrepliken der Herren Heilkünstler vermag die Bardin nur noch bedingt zu würdigen, wird sie doch von einem hinterrücks in ihre Kniekehlen gerammten Stuhl in eine Vierteldrehung hinein und auf den Hintern niedergerissen. So findet sie sich schneller als geplant dem Kavalier dieses Morgens (welcher offensichtlich seine diesbezüglich selbstauferlegten Pflichten noch konsequenter als gestern der Ritter wahrzunehmen gedenkt) gegenüber am Tische sitzend wieder.
Einen Moment starrt sie eben diesem Kavalier etwas entgeistert ins bärtige Gesicht, und -selten genug!- für einen Moment fehlen ihr die Worte. Statt dessen breitet sich auf ihrem Gesicht ein breites Grinsen aus, das in ein helles Auflachen mündet, aus dem die reine Lebensfreude klingt. So nah waren bis zu diesem Augenblick noch der Schrecken und die Verwirrung von gestern Abend.
Mit beiden Händen die Teetasse umfassend fixiert sie den Zwerg mit blitzenden Augen.

Nach kurzem Wortwechsel flackert der Blick der grauen Augen wie hilfesuchend zur Seite, wo der tulamidische und der engasalische Medicus sich anschicken, den Tisch zu passieren.

OHH

Dem Tulamiden folgend, erreicht auch Waienn den Boden. Doch er weiß im Gegensatzt zu seinem Vorgänger genau, wo er zuerst hingehen muss. Die Edelbardin und der Zwerg haben inzwischen eineige Worte und Blicke gewechselt. So richtig glücklich wirkt sie ja nicht gerade.
"Ist Euch wirklich besser?" fragt er, als er neben ihrem Stuhle steht.

FH

Da erfährt die aufregende Geschichte eine Unterbrechung durch den Medicus, der an den Tisch getreten ist. Obwohl Mischka darauf brennt, dem weiteren Fortgang der Ereignisse zu lauschen, freut sie sich, den freundlichen Mann zu sehen.
"Peraine sei Dank - ja, es geht mir wieder gut. Und Dank Eures Schlummertrunks habe ich so gut und tief geschlafen", entgegnet sie herzlich. Doch da fällt ihr noch gerade rechtzeitig ein, dass auch dieser Mann mit seiner Kunst sein Brot verdienen muss. Einen Moment lang flackert Besorgnis in ihrem Blick auf. "Was schulde ich Euch für das Mittel?" fügt sie so beiläufig und selbstverständlich wie möglich hinzu.

MO

Die Störung durch Waienn wäre eigentlich höchst unwillkommen, würde sich in diesem Moment bei Linosch nicht ein äußerst dringendes, sehr menschliches (oder zwergisches, je nach Betrachtungsweise) Bedürfnis melden. Oder, um präziser zu sein, klarmachen, dass es schon die ganze Zeit da ist und eigentlich nur ignoriert wurde. 'Oh, Drachenfresse. Das kann ja auch nur dir passieren.' Wie nun, die Bardin unterbrechen, die sich doch gerade an den Pikenier gewendet hat? Einfach aufstehen (das dürfte schon auffallen) etwas, in Richtung von "Gleich wieder da - wird nicht lange dauern" murmeln und nach einer leichten Verneigung gemäßigten Schrittes Richtung Tür entschwinden scheint, wenn auch nicht das unbedingt Angemessenste, so doch Naheliegenste zu sein und wird sogleich ausgeführt.

OHH

Eigentlich bringt ihn die Frage nach dem Honorar schon genug in schlimmste Gewissensbisse. Muss ausgerechnet wieder jene Patientin als erste an diesem unruhigen Ort daran denken, der er es am ehesten erlassen hätte?
Um so verwirrender der so plötzlich fortlaufende Zwerg. Ob man ihm wohl etwas beruhigendes für die Verdauung anbieten sollte?
Die Bewegung Mikhailjas lenkt des Pikeniers Blick wieder zu ihr. "Ähm, wie? Achso!" Leichte Röte steigt Waienn ins Gesicht. Ist sie nun Edle oder Bardin? Das mag durchaus auch für die Preisgestaltung von Interesse sein. "Also... gekostet hat es mich in dieser Dosierung wohl etwa einen Silbertaler..." Soll er den Musterwein auch erwähnen? Das wäre unverschämt, war es doch nur ein größerer Schluck, nicht die Flasche!

CR

Nasreddin macht sich auf den Weg zur Tür, wobei er an Waienn und die Bardin ein "Kehren ich gleich wider" richtet.

FH

Huch - der Pikenier wird doch den Zwerg nicht vertrieben haben? Blödsinn, nein - wahrscheinlich hatte der schon die ganze Zeit mal verschwinden, Mikhailja aber nicht am Tische allein lassen wollen. Auch der andere Medicus enteilt hinaus in die Kälte, von wo der Stalljunge eben hereintritt - Firunselend, sieht der verfroren aus! Gar nicht, wie eben aus dem warmen Bett aufgestanden!
Unwillkürlich hat sie dem Angroscho hinterhergeschaut, doch rasch wendet sich Mischka wieder dem Medicus an ihrem Tisch zu, bemerkt das Erröten des Mannes, registriert die vage Formulierung.
Einen Silbertaler mag es ihn gekostet haben, von irgendwas muss er auch leben... Die Bardin allerdings auch; rasch überschlägt sie im Kopfe ihre Möglichkeiten. Eingespielt hat sie in diesem Wirtshaus nichts, zum Abendessen hatte sie der Ritter eingeladen, der sich gewiss nicht lumpen lassen wird... das Bett im Schlafsaal wird nicht die Welt gekostet haben...
Könnte sich der Mann nicht etwas weniger veschämt und dafür etwas präziser äußern?
"Ich kenne mich auf dem Gebiet nicht aus", beginnt sie mit unsicherem Lächeln. "Peraineseidank bin ich meistens gesund. Wären zwei Silbertaler in Ordnung?
Wollt Ihr Euch nicht zu uns setzen?", fügt sie, einem Impuls gehorchend, hinzu. "Es gibt eine spannende Geschichte zu hören!"

OHH

Etwas aus dem Konzept gerissen nickt Waienn seinem Kollegen nach.
"Hm? Oh, ja, gewiss!" erwidert er Mikhailja. Zweifellos könnte ein guter Medicus wenigstens das Doppelte verlangen, doch andererseit hat er auch wieder ein schlechtes Gewissen, sie die Nacht über nicht im Auge behalten zu haben.
Ihre Einladung allerdings - und insbesondere die Form, in der sie ausgesprochen wurde, lenkt ihn von diesem Thema gänzlich ab. Obgleich sie allein sitzt, sprach sie doch in der Mehrzahl. Da es nur zwei Stühle an diesem Tisch gibt, rechnet sie wohl nicht mit dem Zwergen oder dem Ritter oder gar beiden. Folglich muss es sich hier um einen Pluralis Maiestatis handeln. Also doch eine Edeldame!
Waienn schluckt ergriffen, dass sie sich dennoch so freundlich um ihn bemüht, dass sie ihm etwas Spannendes erzählen möchte. Wie könnte er da ablehnen! Da sie eben keinen Einspruch erhob, und wohl incognito hier ist, verzichtet er auf die eigentlich gezieme Anrede und erwidert statt dessen: "Ich danke Euch sehr, Frau vom Born!" Er stellt seine Pike vorsichtig an die Wand - die nächste Ecke ist leider etwas weit weg - und den Rucksack neben den Stuhl, auf dem er Platz nimmt.
In dieser Zeit kommt auch die Köchin vorbei und verteilt lächelnd und nickend das Frühstück auf dem Tisch.

FH

Der mit einem Tablett voll Köslichkeiten ungrufen erscheinende Küchenalveraniar wird von Mischka mit einem erfreuten: "Einen traviagesgneten guten Morgen!" begrüßt. Das Intermezzo nutzt die Bardin um eventuellen Missverständnissen vorzubeugen dazu, rasch aufzustehen, vom Nachbartisch einen weiteren Stuhl herüberzuziehen und sich wieder niederzusetzen.
Über den Tisch hinweg lächelt sie den Medicus an: "Der Herr Angroscho wird sicher gleich zurück sein. Er hatte gerade angefangen, mir zu erzählen, was sich des Nachts im Wald zugetragen hat. Es scheinen... merkwürdige Dinge vorgegangen zu sein. Denkt Euch, der Südländer von gestern abend, der Magier - ach, das soll Linosch berichten. Es scheint, dass mein Lied unversehens Wirklichket geworden war... Seltsame Geschichte."
Einen Augenblick schaut sie versonnen das Käsetörtchen an, das sie so aufmunternd anlacht.
Dann schaut sie wieder Waienn ins Gesicht. "Ich danke Euch herzlich für Eure Fürsorge gestern Abend", fährt sie fast schüchtern fort. "Erst für Janosch und dann für mich - diese Sängerin und ihr verrücktes Maultier müssen ja einen merkwürdigen Eindruck bei Euch hinterlassen", bemerkt sie mit schiefem Lächeln. "Und, bitte: Nennt mich Mikhailja. 'Vom Born' heißt nicht mehr und nicht weniger, als dass ich an Väterchen Borns Ufern aufgewachsen bin."

OHH

Auch Waienn bedankt sich nebenher, doch mit kleinstmöglicher Beiläufigkeit bei der Köchin: "Travias Dank!" Diese nickt und wendet sich wieder ab.
Dann aber fragt er sich, ob er nicht an diesem Tische doch stört oder zumindest zu viele Umstände bereitet, wenn man seinetwegen schon Möbel verschiebt. Er kommt nicht dazu, seine Bedenken zu äußern, auch nicht zu der Bemerkung, dass er ja von dem erwähnten Magier im Grunde wenig mitbekommen habe.
Geschmeichelt lächelt er bei Mikhailjas Dank, schüttelt kathegorisch das Haupt, ihre Ängste wegen seinens Eindruckes zu zerstreuen. Dann errötet er ein klein wenig. Sie will von ihm tatsächlich beim Vornamen genannt sein? Welche Ehre! Für ihn besteht nun kein Zweifel mehr: Sie möchte nicht als Adelige erkannt werden!
"Nun, wie Ihr wünscht, Mikhailja..."
Nachdem sie so viel sagte, weiß er nicht recht, wo er anknüpfen soll. Auf keinen Fall will er sie über ihre verschiedenen Begleiter aushorchen; das wäre grob unschicklich! Aber wenn er nun nichts sagt, entsteht wohlmöglich eine peinliche Gesprächpause.
"Ich, ähm, also... Das war doch alles selbstverständlich! Auch mit Eurem Muli. Ich konnte ja unmöglich zulassen, dass es dem meinen in Borons Reich folgt - sofern der auch Tiere zu sich lässt."

FH

"In Borons Reich?" Nicht, das Mikhailja den geringsten Zweifel daran hätte, dass ein so tiefgründig beseeltes Geschöpf wie Janosch Anspruch auf eine Beförderung über das Nirgendmeer hätte - aber hier tun sich ja Abgründe auf!
"Wie denn - war Janosch in Gefahr? Und was ist Eurem Maultier passiert?" Mit weitgeöffneten Augen starrt sie den Medicus an. Was für eine Maultiertragödie schlummert da im Hintergrunde?

OHH

"Hachja, mein Marius..." seufzt Waienn ehrlich betroffen. Erst nach einer kleinen Pause vermag er fortzusetzen: "Er war ja auch schon recht alt, zugegeben, aber die Kälte hat ihm vor ein paar Tagen den Tod beschert, als er auf einer gefrohrenen Pfütze ausglitt, sich ein Vorderbein brach und wir ihn nicht mehr bis zum nächsten Gasthof bringen konnten. Er ist in jener Nacht erfrohren." Trübsalblasend reibt sich der Medicus unter der Nase und starrt auf die kürzlich erhaltenen Frühstücksköstlichkeiten, die er doch nicht recht wahrnimmt.
Dann blickt er auf. "Ich konnte doch... Janosch... nicht einfach da draußen allein umherirren lassen!"

FH

Mikhailja blickt betreten. Kondoliert man in so einem Fall? Hm, ein Maultier, das ausgleitet und hinstürzt - und dann auch noch erfriert - muss wirklich sehr alt gewesen sein!
"Wie traurig... so ein ungewöhnlicher Tod für ein Maultier!" seufzt sie. "Kein Wunder, dass Ihr Janosch nicht allein da draußen lassen mochtet." Immerhin scheint es nicht, dass ihr unverbesserliches Langohr in irgendwelchen spektakulären Gefahren geschwebt hätte.
"Es muss ja eine wahrhaft niederhöllische Kälte geherrscht haben in jener Nacht. Wo ist das Unglück denn passiert?" fragt sie teilnahmsvoll nach.

OHH

"Tjaja... Es war aber auch eine allzu unwegsame Stelle jenseits von Aldyra oder Aklyra oder wie das heißt! Meine Begleiterin wollte unbedingt eine Abkürzung nehmen. Was war das für eine Mühe, den alten Marius wieder aus dem Bach herauszubekommen!" Durch die eigenen konfusen Erinnerungen verstört, starrt Waienn wieder auf die Tischplatte.

FH

Je nun, wenn der alte Marius schon naß war, ist es natürlich kein Wunder, daß es mit dem Erfrieren so schnell ging. "Das klingt wirklich nach einer ganzen Reihe von Unglücken auf einmal", kommentiert die Bardin Waienns Erklärungen.
"Es tut mir wirklich leid für Euch - mir würde es auch sehr schwer fallen, mich von Janosch zu trennen. Man wächst zusammen mit der Zeit..." sinniert Mikhailja in Erinnerung an die vielen, vielen Wegstunden, die sie ohne einen anderen Gefährten als ihren langohrigen Freund zurückgelegt hat. Aber das jetzt weiter auszuführen, wäre wenig einfühlsam gegenüber einem Menschen, der seinen Gefährten gerade verloren hat. Nicht, daß sie jetzt dringend das Thema wechseln wollte, jedoch... es gibt schließlich einen Grund, warum sie überhaupt in dieser Gegend unterwegs ist. Sie könnte ja einmal fragen, nur der Vollständigkeit halber.
Zunächst aber greift sie nun doch nach dem verlockenden Käsetörtchen. "Einen traviagesegneten Appetit wünsche ich Euch!" fügt sie fast wie entschuldigend hinzu, bevor sie hineinbeißt.

OHH

"Hmjadanke..." entgegenet Waienn noch immer etwas geistesabwesend. "Dabei war es mein bester Wein, den ich ihm zum Aufwärmen gab..." Er schüttelt den Kopf und vergisst aus lauter Fassungslosigkeit, den Namen der erwähnten Engasaler Rotweinmarke und den zugehörigen Werbespruch zu nennen.
Dann blickt er auf. "Hm?" Erst jetzt wird ihm bewusst, wofür er sich bedankte. "Euch auch!" fügt er etwas bestimmter hinzu und greift gedankenleer nach Brot und Wurst.

FH

Auch Waienn greift nun zu Essen. Es scheint wahrlich gut, das Thema Maultiertodesfäle zu beenden, denn der kleine Medicus scheint mit jedem Augenblick schwermütiger zu werden; und Mikhailja hat das deutliche Gefühl, dass sie als glückliche Besitzerin eines götterlob noch quicklebendigen Maultiers dem trauernden Hinterbliebenen nur begrenzt Trost zu spenden vermöchte.
Bestrebt, die bedrückte Pause nicht zu lang werden zu lassen, beißt sie noch ein weiteres Mal das Käsetörtchen und sodann ein neues Thema an: "Sagt, Waienn", beginnt sie behutsam, "Ihr kommt doch auch recht weit herum, oder? Könnt Ihr Euch erinnern, irgendwann auf Euren Reisen einmal der Musik eines Harfners gelauscht zu haben, deren Schönheit Euch fast das Herz stillstehen ließ?"

OHH

Erst etwas lustlos, dann verwundert am Brote nagend, staunt Waienn, dass ihn die Edeldame mit dem - noch dazu abgekürzten - Vornamen anspricht. Ihm bedeutet dies eine besondere Vertraulichkeit und von dieser Frau somit eine ganz vorzügliche Ehre.
So braucht er etwas, bis seine Hirnwindungen sich um die gestellte Frage kümmern. "Ich habe schon viele wunderbare Bänkelsänger und Opernkünstler erleben dürfen. Doch wenn Ihr speziell auf einen Harfner aus seid, edle Mikhailja, einen ganz bestimmten und hervorragenden, wie mir scheint, so muss ich leider passen. Ihr sucht nach ihm?"

FH

'Edle Mikhailja'? Unwillkürlich runzelt die so Angesprochene die Stirn. Was, in aller Gehörnten Namen, weiß dieser Mann über sie? Was verbirgt sich hinter dieser Maske schlichter Arglosigkeit und Bescheidenheit?
"Ich weiß nicht, was Euch auf den Gedanken bringt, ich sei von Stand, Herr Waienn", beginnt sie vorsichtig, während die grauen Augen aufmerksam im Gesicht ihres Gegenübers forschen.
"Was den Herrn Rondrian angeht... Wir haben uns in diesem Gasthaus zufällig getroffen, und er war so freundlich, mich zum Abendessen einzuladen. Abgesehen von dieser Ehre bin ich nur eine fahrende Musikantin und gehe auf Aventuriens Straßen, in den Schenken und manchmal an den Höfen meinem Tagwerk nach - wie Ihr zweifellos auch."
Eine vorsichtige, wenngleich nicht beabsichtigte Distanzierung ist in Haltung und Stimme der Bardin zu bemerken; dennoch hält ihr Blick fast eindringlich die Augen des Pikeniers fest.

OHH

Schade, die Nennung beim Vornamen war wohl nur ein Irrtum. Und alle weiteren Erklärungen wie der folgende Blick wirken auf Waienn wie eine strenge Rüge - natürlich in vollkommener Höflichkeit der Edeldame. Fast könnte man meinen, sie stamme nicht aus dem Bornlande, sondern aus dem Lieblichen Felde. Doch so weit geht ihr Geheimnis sicherlich nicht.
Er schluckt - nicht allein des Bissens in seinem Munde wegen. "Ja, also..." Unwillkürlich möchte der Pikenier dem Blicke ausweichen, da es ihm nicht angebracht erscheint, sich einer Edeldame zu widersetzen. Andererseits scheinen in diesem Falle ganz andere Etiketteregeln zu greifen, die er nur noch eroieren muss. Wohlmöglich würde sie es als Beleidigung ansehen, wenn er jetzt auf den Tisch starrt, als sei sie nicht vorhanden!
Mit einem ganz leisen Räusperchen entschließt sich Waienn, den Kopf vorzuneigen und somit den Blickkontakt von unten herauf zu halten. "Das geübte Auge - verzeiht meine verwegene Überheblichkeit! - erkennt es wohl an so manchem. Doch ich respektiere Euren Wunsch, Euer Incognito zu wahren, Mikhailja." Dabei verneigt er sich gar mit auf die Brust gelegter Hand ein wenig im Sitzen.
"Falls ich mir umgekehrt die Bemerkung erlauben darf: Waiennui ist mein Vorname, Wratsch der Familienname..." Somit bleibt es der Edelbardin überlassen, ob sie sich nun für 'Waienn' oder 'Herr Wratsch' entscheidet.

FH

Die Bardin überkommt spontan die Lust, ihrem Gegenüber eins mit der Laute überzuziehen. Allein, die Laute ist nicht in Reichweite, und irgendwie weiß Mischka ja auch noch immer nicht, woran sie mit seltsamen Tischgenossen nun eigentlich ist. Und überhaupt mag sie ihn ja eigentlich gern leiden; und wer weiß, vielleicht verdient er das auch gar nicht und wahrscheinlich meint er es nur gut und der kurzzeitige Drang, ihm eine reinzuhauen, entspringt hauptsächlich dem Wunsch, diese hochgradig lächerliche Situation zu beenden.
Einen Herzschlag lang scheinen die grauen Augen Funken zu sprühen, wie Feuersteine, wenn der Stahl auf sie trifft. Doch dann entspannen sich die Züge der Bardin, und leise lachend lässt sie sich mit einem Kopfschütteln gegen die Stuhlehne zurücksinken.
Doch noch ehe sie zu einer Antwort ansetzen kann, öffnet sich die Tür und zwei Menschen treten ein, von denen einer, kaum dass er die Schwelle überschritten, zu Boden stürzt.
In diesem Moment hat Mischka den seltsamen Magus erkannt, der gestern abend am Kamintisch für so viel Wirbel gesorgt hatte. Ihre erste Reaktion ist, aufzuspringen, als der Mann direkt hinter dem Medicus zusammenbricht. "Waienn...!"

OHH

Wieder dieser gestrenge Blick! Nein, er ist noch schlimmer, regelrecht verärgert! Es war ein Fehler die Edelbardin belehren zu wollen. Ganz klein wird Waienn auf seinem Platze und sucht nach einer angemessenen Entschuldigung, als seine Vermutung durch die Anrede anscheinend widerlegt wird. Verwirrt schaut die Frau von unten herauf an und klimpert unsicher mit den Lidern. "Ähmja, Ed... äh, Mikhailja?"
Erst nach mehrmaligem Blinzeln geht ihm auf, dass der Höhenunterschied nicht allein daran liegt, wie klein er sich fühlt, sondern dass sie aufgestanden ist. Und sie schaut weniger zu ihm, als hinter ihn.
Verwundert blickt er in die vermutete Richtung. Der Kamintisch mit allerlei buntem Volk bietet sich seinen Augen dar, doch letztlich nichts, das ihm in irgendeiner Weise bemerkenswert erschiene.

FH

Noch bevor sich Mikhailja in Bewegung gesetzt haben könnte, hat sich der offensichtlich zu Tode erschöpfte Magus wieder aufgerappelt und schleppt sich in Richtung Kamintisch.
Erleichtert, dass es sich anscheinend um eine nicht wirklich lebensbedrohliche Situation handelt, lässt sich die Bardin auf ihren Stuhl zurücksinken und sagt halblaut zu Waienn: "Der Magus - er scheint fix und fertig zu sein. Was mag da draußen geschehen sein heute Nacht?" Mit den Augen verfolgt sie dabei weiterhin das Geschen am Kamintisch, bis sich der angeschlagene Zauberer auf einem der Stühle niederlässt.

OHH

Sich immer wieder zwischen Mikhailja und dem Kamintisch hin und her umwendend, versucht Waienn ein Bild vom Zustande des Magus und von Mikhailjas Gedankengängen zugleich zu erlangen.
"Ich weiß es nicht", meint er schließlich und entscheidet sich offenkundig für den eigenen Tisch. "All diese Aufregungen! Dabei hatte ich mich so auf einen geruhsamen Abend gefreut! Statt dessen überall Verletzte, Kranke und Unfrieden."
Ermattet legt er das angebissene Stück Brot vor sich. Was für ein trübsinniger Tagesbeginn, missglückten Stunden nachzuweinen! Nun ist es Waienn, der händeringend nach einem Themawechsel sucht. Hatte die Edelbardin nicht nach einem Harfner gefragt? Ob er es wagen kann, sie nochmals darauf anzusprechen?
Mangels anderer Einfälle, riskiert der Pikenier alles. Wenn es zu peinlich wird, kann er immer noch Leocadia wecken gehen und abreisen. "M...möchtet Ihr mir von dem Mann erzählen, den Ihr sucht, Mikhailja?" Verlegen über seine Verwegenheit bröckelt er an dem Brotstückchen herum.

FH

Fast mitleidig nickt die Bardin zu den Klagen des kleinen Pikeniers. War es ihr nicht ganz ähnlich ergangen?
Als jener aber auf ihre Frage nach dem Harfner zurückkommt, leuchten Mikhailjas Augen auf, als hätte sich der Glanz der Praiosscheibe einen Weg durch den winterlich wolkenverhangenen Himmel gebahnt. "Er ist der größte Musiker - der einzige WIRKLICHE Künstler unter den Menschen - der auf dem Derenrund wandelt", beginnt sie im Ton heiliger Überzeugung. "Ich hatte das Glück, ihm in Donnerbach zu begegnen. Und er war bereit, mich als Schülerin anzunehmen", setzt sie leise, fast verlegen hinzu und blickt Waienn ins Gesicht. Eine Wolke schwarzer Verzweiflung hat sich vor die Sonne geschoben.
"Ich hätte alles stehen und liegen gelassen, um ihm zu folgen. Ich hatte fast einen Götterlauf unter Elfen gelebt - und doch erst an jenem Abend verstanden, was es heißt, MUSIK zu machen."
Ein tiefer Seufzer entringt sich der Brust der jungen Frau. Als sie weiterspricht, klingt es sachlich, als wäre dieser Teil der Geschichte nur eine Randerscheinung: "In dieser Nacht wurde mein Vater entführt. Ich fand ein paar mutige Freunde, die mit mir das Wagnis eingingen - wir mussten hinterher." Ein resigniertes Schulterzucken.
"Als ich Wochen später nach Donnerbach zurückkehrte, war er abgereist. Natürlich - ein Tengodón wird nicht auf eine kleine Flötenspielerin warten, die so dumm ist, eine solche Gelegenheit auszuschlagen."
Ihr Blick geht in die Ferne, eine tiefe Traurigkeit liegt in ihren Augen. "Das war vor zwei Götterläufen. Seitdem suche ich ihn."

OHH

Immer betretener lauscht Waienn der angedeuteten Lebensgeschichte dieser jungen Frau. Ob man wohl viel Leid erfahren muss, um ein großer Künstler zu werden?
"Und... aber... Er hinterließ keinerlei Nachricht für Euch? Man macht doch solch ein Angebot nicht, wenn man nicht Interesse an der Schülerin hat, die man anspricht! Habt ihr nicht umhergefragt, was ihn so eilig fortzog?"

FH

Ein neuerliches Schulterzucken der Bardin wirkt eher hilflos. "Nein, er hinterließ keine Nachricht... nicht direkt jedenfalls. Es scheint" - eine leichte Verlegenheit flackert in ihem Blick, als bemühe sie sich, eine Ahnung zu unterdrücken, von etwas, was sie ihrer Meinung nach nichts angeht - "es schien so, als hätte auch er gute Gründe gehabt, den Ort rasch zu verlassen - mit unbekanntem Ziel."
Wieder seufzt sie. "Ich weiß ja nicht einmal, ob sein Angebot noch gilt. Ich weiß nur, dass ich gar nichts anderes tun kann, als weiterzusuchen, bis ich ihn gefunden habe... und sei es nur, um ihn noch einmal spielen zu hören", setzt sie leise hinzu.

OHH

Ob sie wohl mehr für jenen Künstler empfindet als nur Bewunderung? Doch dies geht Waienn nichts an, und es ändert auch nichts am Problem und dessen Lösungsmöglichkeiten.
"Nur zu gut verstehe ich Euch. Aber vielleicht tröstet Euch der Gedanke, dass er abreiste, weil er nicht anders konnte - nicht Euretwegen."
Nebenbei gewinnt Waienn schon wieder etwas Appetit. So nimmt er noch etwas vom Frühstück an, wenn auch aus Höflichkeit und zum Zeichen seines Mitgefühls noch nicht zu sich.
"Wie ist denn sein Name? Ich könnte ihm von Eurer Suche berichten, falls ich ihn einmal treffe. Euer großes Talent verdient der besten Förderung, das möchte ich Euch bescheinigen!"

FH

Für einen kurzen Moment steht Verwirrung in den Augen der Bardin, als verstünde sie nicht sogleich, was der Pikenier meint. Was meint er, von ihrem Talent zu wissen?
"Ach so, Ihr meint die Ballade! Nun, das sind Lieder... Lieder, um die Menschen zu unterhalten und mein Brot zu verdienen. Nein, ich meinte die Musik: wirkliche Kunst."
Gedankenverloren dreht Mischka die Teetasse hin und her. "Seht, ich bin Flötenspielerin. Das Wichtigste ist es mir, mein Flötenspiel zu vervollkommnen; und es gibt so wenige, von denen ich wirklich lernen könnte, worauf es ankommt... weiß nicht, ob Ihr versteht, was ich meine."
Der Becher wandert über den Tisch, vom Teller mit Käse zu den Käsetörtchen zur Kerze zum Brot und zurück. "Der Harfner, von dem ich sprach, heißt Tengodón, ein alter Herr mit blitzblauen Augen und langem silberweißem Haar. Er hat eie große, wunderbare Harfe bei sich; und wenn Ihr ihn einmal darauf habt spielen hören, werdet Ihr es Euer Lebtag nicht vergessen."
Eindringlich heften sich die grauen Augen auf Waienns Gesicht. "Ja, wenn Ihr je das Glück haben solltet, ihm zu begegnen, dann sagt ihm, dass ich ihn suche - dass ich weitersuchen werde, bis ich ihn gefunden habe; vom Meer der sieben Winde bis zum Perlenmeer, von den Ebenen des Nordens bis zu den Sümpfen dort tief gen Praios... Wollt Ihr das tun?"

OHH

Mitfühlend lauscht Waienn den Worten der wohlklingenden Stimme, der weil sein Herz seinen Brustkorb immer heftiger zum Zittern bringt. Nach der letzten Bemerunk allerdings muss er zunmächst nach Luft schnappen, bevor er fast betroffen erwidert: "Aber selbstverständlich, werte Mikhailja! Ich bot es doch selbst an! So wörtlich es mir möglich ist!"
Tief atmet er durch, dann setzt er hinzu: "Und glaubt mir, Mikhailja, Eure Lieder bewegen etwas; das hat sich gestern erwiesen, wenn ich es auch nicht recht durchschaue!"
Er blinzelt ihr zu Lebensmute auffordernd zu, dann beißt er von Brot und Wurst ab.

FH

Das geht der Sängerin natürlich warm herunter - wenngleich Waienns Lob im Zusammenhang mit den Geschehnissen der vergangenen Nacht noch eine etwas andere Bedeutung impliziert.
"Bewegen etwas... Ja, das hab' ich wohl gemerkt. Wenn ich ich recht entsinne, hat noch vor dem Ende der Darbietung eine allgemeine Fluchtbewegung eingesetzt", bemerkt die Bardin trocken, während sie ihrerseits wieder zum Käsetörtchen greift. Ist ihr Gesicht auch weitgehend ernst geblieben, so blitzt doch schon wieder ein vergnügter Funke in ihren Augen auf.

OHH

Unfähig zum Widerstande, bricht Waienn in unbeschwert herzliches Gelächter aus und kann gerade noch verhindern, sich dabei zu verschlucken.
"Oh, Ihr habt einen sympathischen, ja einen köstlich rauhen Humor, gute Frau! Wer über sich selbst lachen kann, weiß auch andere zu begeistern."
Er legt versonnen schmunzelnd den Kopf schief. "Ihr werdet bemerkt haben, dass ich bei Euch blieb..." Sein Ausdruck wird wieder etwas ernsthafter. "Euer Sang hat mich wirklich sehr angerührt."

FH

"Ja, auch das ist mir nicht entgangen... dass Ihr geblieben seid, meine ich." Ein warmes Lächeln erhellt die ernsten Züge der jungen Frau.
"Ich war... bin Euch sehr dankbar dafür. Und was das Lied betrifft", fährt sie rasch fort, "nun, ich habe es ja nicht zuende gebracht; und es sieht ganz so aus, als müsste man jetzt noch einige neue Strophen hinzufügen - die Geschichte war offensichtlich noch nicht am Ende. Um ehrlich zu sein: Ich habe schon gestern beim Vortrag eine ganze Menge improvisieren müssen... Ich habe die Ballade nur ein einziges Mal gehört, und seither einiges vom Text vergessen. Es war der Rabe, der gestern abend plötzlich so traurig krächzend aufflog, der es mir wieder in Erinnerung brachte. Die letzte Strophe endet mit einer Frage." Leise summt sie vor sich hin: "Ho, he, hast du wohl bedacht: Wohin fliegt ein Rabe in der Nacht?"

OHH

Nachdenklich senkt Waienn den Blick. So recht verstanden hat er die Zusammenhänge nicht. Er kaut noch etwas, doch das kommt ihm gleich wieder respektlos vor, wenn Mikhailja auch nur eine einzige Zeile singt.
"Und wohin fliegt er...?" fragt er schließlich und wundert sich selbst ein wenig über diese Frage.

FH

"Ja, wohin fliegt er?", gibt Mikhailja die Frage nachdenklich zurück. "Im Lied wird darauf keine wirkliche Antwort gegeben. Dass es um eine ruhelose Seele geht, soviel wird klar. Dass der Geist des Söldlings tatsächlich umging, nun, das hat mir gerade der Angroscho berichtet - schaut, da ist er ja wieder!"
Durch die Bewegung von etwas - nein, jemand - Grünem aufmerksam geworden, schaut die Sängerin zur Theke hinüber, doch ist sie augenblicklich zu sehr ins Gespräch vertieft, um sich wirklich ablenken zu lassen; und so wendet sie sich gleich wieder Waienn zu.
"Und was den Raben angeht: Jeder weiß, dass die Raben die Boten des Herrn Boron sind. Was wohl weiß dieser Rabe, der gestern fortflog und mich dazu brachte, just dieses Lied zu singen?"
Sie schaudert. "Stellt Euch vor, Waienn: Der Rabe gestern könnte genau der gewesen sein, von dem es im Lied heißt:
'Wo keines Wandrers Fuß verharrt
Ein alter Boronsvogel sitzt und starrt
Hat nie erzählt, was er zur Mitternacht dort sieht.'
Ist das nicht unheimlich?"

OHH

Der Hinweis auf das Wiedererscheinen des Zwergen weckt in Waienn trotz des dritten Stuhles neuerlich das Gefühl, sich an diesen tisch herangedrängelt zu haben und zu stören. Doch mit ihren weiteren Überlegungen und Versen ruft Mikhailja ihn wieder zum Thema zurück.
Er nickt bedächtig. "Ja, unheimlich... Ein Rabe war hier? Und ein Geist auch!? Verzeiht, manchmal bekomme ich wirklich wenig mit! Ich war ja ständig mit irgendwelchen Patienten befasst! Und das, obwohl ich doch nur auf der Durchreise in den Süden bin!"
Beiläufig füllt er sich weiter seinen Magen, doch immer peinlich darauf bedacht, nicht mit vollem Munde zu sprechen oder unaufmerksam zu erscheinen.

FH

Der gerade eingetretene Ritter wird von Mikhailja mit einem freundlichen Lächeln begrüßt. Doch die Bardin lässt sich nicht lange vom Gespräch ablenken, zumal der Kavalier des vergangenen Abends offensichtlich selber noch das eine oder andere zu erledigen hat.
"Ja, ein Rabe. Er flog davon, als ich zum Haus zurückging... Ihr wart, glaube ich, noch im Stall bei Eurem Patienten. Und der Geist - von ihm hat mir der Herr Linosch gerade berichtet. Wenn ich richtig verstanden habe, ging der Geist des Söldlings, von dem das Lied erzählt, tatsächlich hier in der Gegend im Walde um... und" - ein nervöses Flackern tritt in ihre Augen, als sie leise und rasch weiterspricht - "ich kann es selbst kaum glauben - auch der Magus, der gestern Abend hier war, scheint derselbe gewesen zu sein, von dem die Ballade erzählt."

MO

Der Zwerg kehr zurück, legt den Rucksack neben dem freien Stuhl ab und lässt sich darauffallen. "Da bin ich wieder," bemerkt er zwar überflüssigerweise, aber in gut gelauntem Ton.

OHH

Nach einem Moment eingehender Überlegung diagnostiziert Waienn allzu hohe Konzentrationsschwäche, zweifellos hervorgehend aus Übermüdung und dem Mangel an frischer Luft.
"Interessant, aber auch verwirrend..." beginnt er, doch der Zwerg genügt, ihn wieder einmal abzulenken. Eilig versucht er, sich an die Namen möglichst vieler Vorfahren zu erinnern.

FH

"Ja, das ist schön!" begrüßt Mischka den Zwerg erfreut. "Ich habe mir erlaubt, den Herrn Medicus an unseren Tisch einzuladen - und dazu haben wir uns erlaubt, schon mit dem Frühstück anzufangen. Aber Ihr habt uns trotzdem gefehlt", fügt sie vergnügt hinzu. "Meine Kenntnisse der nächtlichen Ereignisse sind noch immer viel zu lückenhaft, und allmählich komme ich in Verlegenheit." Aufmunternd blinzelt sie Linosch an.

MO

Linosch nickt dem Medicus zu. Natürlich, warum soll der kleine Mann mit der großen Waffe nicht mitfrühstücken? Apropos mitfrühstücken - ist es nicht ein wenig unhöflich, hier einfach so zu sitzen und den andern beim futtern zuzusehen. Dieses Käsetörtchen dort sieht doch wirklich appetitlich aus, und wo er doch gerade die Köchin so gelobt hat... Kurzerhand schnappt er es sich, legt es aber einstweilen nur dekorativ vor sich hin, damit er nicht mit vollem Mund weitererzählen muss. "Ich erzähle gern weiter, aber die Geschichte ist noch lang, dagegen ist der Tag nicht mehr ganz jung. Man muss langsam an eine Weiterreise denken. Denn zum einen, so denke ich, ist der Wirt daran interessiert, sein Haus baldmöglichst für neue Gäste zu leeren und zum anderen möchte auch ich nicht den ganzen Tag in einem Gasthaus vertrödeln." 'Sonst führt irgend so ein ogrischer Zufall doch noch einen Söldner aus Silas hierher.' "Ich hatte eigentlich vor, nach Kuslik zu reisen, um dort ein Schiff nach Havena zu finden. Wollt Ihr zufällig in die gleiche Richtung?", richtet der Zwerg seine Frage an die beiden Tischkameraden. Dann beißt er von seinem Käsetörtchen ab, woraufhin sich riesiges Erstaunen auf seinem Gesicht ausbreitet, freudiger Art, versteht sich. 'Also - den Hügelzwerg will ich sehen, der sich hier nicht wohlfühlte.' Nachdem er gründlich gekaut, genossen und geschluckt hat, nimmt Linosch einen tiefen Schluck von seinem immer noch sehr warmen, aber trinkbaren Tee, der spürbar durch den Hals in den Magen ringt. Außerdem bringt die warme Luft über dem Becher die eiskalten Fingerspitzen zum Prickeln. "Ich kann aber im Grunde auch jede andere Richtung nehmen, außer Süden vielleicht, denn über kurz oder lang möchte ich Xorlosch besuchen."

OHH

Da die Vorstellung offenbar entfällt, vergehen Waienns Bamensbemühungen -16--Tin seinem Kopfe wieder. Weit wäre er ohnehin nicht gekommen. Es ist ja oftmals etwas peinlich, wenn man nur zwei bis drei Vorväter zu nennen vermag.
"Tut mir leid, doch meine Begleiterin und ich sind genau dorthin, also südwärts unterwegs. Soweit ich informiert bin, ist Bethana der nächste Hafen."
Wie üblich bemerkt Waienn nichts von dem, was um ihn herum geschieht. So ist er auch etwas überrascht, als die eben genannte Person neben ihm auftaucht, nach Brot und Wurst greift und sich beiläufig beschwert: "Du hättest mich ruhig mal wecken können! So schaffen wir heute nur eine sehr kurze Strecke!" Und schon stopft sie sich im Stehen voll.

FH

Der Tag nicht mehr jung? Nun, als Musikerin sieht man das eventuell etwas anders... Aber andererseits hat Morgenstund bekanntlich Gold im Mund; und den weiteren Weg in netter Gesellschaft zurückzulegen und dabei auch noch die eine oder andere Geschichte zu hören, hätte durchaus etwas für sich.
So wendet sich Mikhailja an die beiden Herren am Tisch und die dazugestoßene Dame: "Ich wäre glücklich, ein Stück weit mit Euch zu reisen. So richtig weiß ich noch nicht, wohin der Wind mich weht; aber nach Kuslik wollte ich ohnehin - von da aus wieder nach Norden, zu Land oder auch mit dem Schiff - ich weiß nur nicht, was Janosch dazu sagt, wenn ich ihn auf ein Schiff verfrachte... Beendet ruhig Euer Frühstück, Ihr Herren. Ich werde mein Gepäck holen und den langohrigen Tunichtgut wegfertig machen!" Gesagt, getan. Den letzten Bissen mit einem Schluck Tee hinunterspülen und die Treppe hinauf.

OHH

Bestürzt verfolgt Waienn Mikhailjas schnellen Aufbruch - Leocadia verfolgt ihn eher uninteressiert und kauend. Richtig verabschieden hat er sich schon wollen. Doch vielleicht kann er ihr ja draußen am Stall auflauern, wenn sie Janosch abholt. Der Stall! Da war ja noch etwas!
"Bift du ferpig?" fragt Leocadia ungeduldig und steckt sich noch ein Stück Käse für unterwegs ein.
"Ja, ich muss nur noch etwas aus dem Stall holen..." Er erhebt sich und sammelt Rucksack und Pike ein.
Seine Reisegefährtin hingegen rollt die Augen. Sie will lieber erstmal nicht wissen, was sie heute Nacht alles verschlafen hat, sondern ist vielmehr froh, dass Waienn sie nicht wegen irgendwelcher Belanglosigkeiten im Finsteren aus dem Hause zerrte.
Der Pikenier deutet vor dem Zwergen noch eine kurze Verbeugung an, legt die Zeche auf den Tisch, dann verlässt das ungleiche Paar das Haus und wendet sich zum befestigten Unterstand.
Unter dem neuerlichen Augenrollen der Jägerin nimmt der Medicus dort sein Seil wieder an sich, nachdem er sich davon überzeugt hat, dass sein Patient wohl noch lebt. Eine Bezahlung ist wohl nicht zu erwarten, da jener kein Geld bei sich trägt. Und Leocadia ist sowieso schon ungeduldig.
Aus dem Nebenstall heraustretend, kann Waienn gerade noch etwas hinfortfliegen sehen. Das kann doch nicht sein! Oder doch? Nun glaubt Waienn zu wissen, was der Söldner mit dem Ork am Vorabend mit Hausdrache meinte.
Vermutlich würde Waienn ihm noch ein ganzes Weilchen nachstarren, ohne die Bardin auf dem Hof zu bemerken, wenn er nicht einen Ellenbogen in die Rippen bekäme.
"Moment, ich will mich nur noch verabschieden!" Eilig stapft er zu der Edelbardin, derweil Leocadia schon zur Straße vorgeht.
"Mikhailja, ich wollte Euch nur noch eine gute Reise wünschen." Er verbeugt sich, so tief es mit dem Rucksack möglich ist, und die Pike hilft dabei als drittes Standbein durchaus. Was sie in der Hand hält, bemerkt er nicht. Nur ihren abwesenden Blick. "Oh, verzeiht, ich wollte Euch nicht stören..." Schon wendet er sich ein klein wenig ab.

FH

"Oh, Ihr stört keineswegs", beruhigt sie den scheuen Mann. "Ihr wollt schon aufbrechen? Wie schade - ich hatte gehofft, dass wir wenigstens ein Stück Wegs gemeinsam zurücklegen könnten. Und wartet", mit der Linken nestelt sie an ihrer Gürteltasche und entnimmt ihr zwei Silbertaler. "Noch einmal herzlichen Dank für Eure Fürsorge gestern Nacht." Mit diesen Worten drückt sie Waienn die Münzen in die Hand. Einen Augenblick scheint sie nach Worten zu suchen.
"Es hat mich sehr gefreut, Euch kennenlernen zu dürfen, Waienn. Man... man trifft nicht oft Menschen wie Euch." Der Blick der grauen Augen ist ernst, und man kann der Bardin ansehen, dass sie meint, was sie sagt. Unauffällig wechselt die Drachenschuppe von der rechten in die linke Hand hinüber, und mit der Rechten ergreift Mikhailja Waienns Hand und drückt sie fest und herzlich.
"Mögen die Götter Euch behüten auf all Euren Wegen. Und wer weiß", fügt sie lächelnd hinzu, "Vielleicht kreuzen sich unsere Wege eines Tages wieder. Wenn Ihr je auf der Reichsstraße südlich von Wehrheim wandert, dann fragt im 'Grünen Grashalm' nach mir. Es ist ein Wirtshaus, wo ich zuzeiten einkehre, um Freunde zu treffen. Wer immer eine Nachricht für mich hat, schickt sie dahin."

OHH

Schon die unaufgeforderte Bezahlung bewegt Waienn ein klein wenig. Dieser Frau hat er besonders gern geholfen, wenn es auch allzu wenig war, das er tun konnte! Ihr warmer Ton aber greift sein Herz um so mehr an. Sie hätte mit ihm reisen wollen! Einem Gemeinen! Wäre nicht die Jägerin, es machte ihm kein Problem, noch lange dafür zu warten und vielleicht gar einen kleinen Umweg in Kauf zu nehmen. Leider ist er unfähig, dies anders als mit Blicken und zurückhaltender Körpersprache auszudrücken.
Ihre weiteren Worte schmeicheln ihm so sehr, dass es seine Augen feucht werden lässt - ein Umstand, der ihm höchst peinlich ist. 'Grün...' Das Wort scheint ihm wie die Offenbarung einer Rätselaufgabe. Grüner Grashalm, Grüner Eber... eine grüne Edelbardin...
"Ich... ich werde es aufsuchen, wenn ich aus dem Süden zurückkehre. ICH muss EUCH danken! Ihr..." Er räuspert sich und gibt dem folgenden Satz einen gänzlich anderen Inhalt, als er es zunächst vorhatte. "Ihr seht ja, meine Begleiterin wartet... Die Götter mit Euch!"
Erneut wendet er sich ab, diesmal endgültig. Doch vermag er ob seiner Rührung einen letzten Nachsatz nicht mehr zu unterdrücken: "Das Leben läuft oftmals nicht so, wie wir es uns wünschten..."
Eilig läuft er zur Straße, dass Mikhailja seine Tränen nicht zu sehen bekommt. Allerdings bleibt ihm kaum etwas anderes übrig, als sich zweimal mit dem Ärmel die Augen zu trocknen, wenn er nicht vor Blindheit stürzen will. Es ist gar nicht leicht, wenn man so übermüdet einem im Grunde ungewollten Abschied ausgesetzt wird!
Die Jägerin erwartet den kleinen Pikenier, und ihre Miene ist nicht mehr so streng und ungeduldig wie noch vor Minuten. Zumindest ungefähr erkennt sie, was in Waienn vorgehen mag. Sie streicht ihm aufmunternd über die Schultern, was sie noch nie getan hat. Dann brechen die beiden nach Horasia auf und verschwinden bald zwischen den aufziehenden Nebelschwaden.


Ausschnittliste
Ehemalige Gäste
Lageplan
Speisekarte
Herzogtum Engasal

Redaktion und Lektorat: Oliver H. Herde