Vom Reiten, Sprechen und allerlei Handwerk

Verfasser: Matthias von Zedlitz, Oliver Baeck, Oliver H. Herde, Volker Weinzheimer und andere

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Gewiss gab es schon leichtere Geschäftsvorgänge. Fast mochte Reska vermeinen, der lange Aufenthalt tue nicht so gut, wie er sich anfühlt. Wobei er trotz all der interessant zu beobachtenden Menschen - und Nichtmenschen - tatsächlich etwas langweilig zu werden droht. Weniger freilich für den Geist als den Körper, welcher sich nach Bewegung sehnt. Ein norbardisches Tanzfest wäre wirklich etwas, das Reska nach den Jahren in der Fremde mit am meisten fehlt.
Solcherart gedankenverloren werden Spuren auf einem zuvor unsichtbaren Pfad zurück zur Straße im abendlich dunklen Schnee hinterlassen.
Kaum um die Hausecke gebogen, verlangsamt Reska den Schritt maßgeblich, denn vor der Haustüre bewegt sich jemand von dieser fort. Doch die schemenhafte Gestalt weist keine bedrohlichen Charakterzüge auf. Vielmehr glaubt Reska in ihr aufgrund von Statur und Bewegungen die Elfe wiederzuerkennen. Also kann man wieder Fahrt aufnehmen, um alsbald wieder gemütlich am Tische zu sitzen und Tee zu schlürfen, bis Urszula endlich einmal aus ihrem Koma erwacht.

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Eine Person tritt von hinter dem Haus auf die Straße. Dem Krach nach zu urteilen, der dabei entsteht, wird es sich wohl um einen Menschen handeln. Bei der Dunkelheit auf dem verharschten Schee ist das Gehen nicht ganz ungefährlich, denkt sich Bjenalett. Sie streckt die rechte Hand vor und murmelt leise etwas. Im nächsten Augenblick erscheint über ihrer Handinnenseite eine leuchtende Kugel als Straßenbeleuchtung.

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Für einen winzigen Moment ist Reska etwas geblendet, doch wird gleich darauf das nähere Umfeld ebenso sichtbar wie die freundliche Absicht der vermuteten und nunmehr bestätigten Elfe. "Danke", kommt es daher wohlgemut aus der im ersten Moment wieder rauh klingenden Kehle, derweil sich Reska weiter der Türe als auch der Frau annähert.

MvZ

"Nicht der Rede wert", gibt Bjenalett mit einem Grinsen zurück, während Reska an ihr vorbei zum Eingang des Wirtshauses geht. "Ein gebrochenes Bein zu heilen, würde deutlich mehr meiner astralen Kraft in Anspruch nehmen."

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Redseliger veranlagt, würde Reska womöglich einen Einwand entgegenhalten, doch wäre dies ohnehin unhöflich, wenn einem soeben in bester Absicht geholfen worden ist. Zudem springt auch gleich ein Beispiel in den Hinterkopf von einer, die sich tatsächlich unlängst auf Glatteis vermittels Sturzes den Arm brach. Nichts ist unmöglich.
So nickt Reska nur lächelnd zustimmend und schreitet nunmehr ein wenig vorsichtiger weiter voran bis zur Türe.

MvZ

Bjenalett lächelt zurück. Der Witz war, wie sie vermutet, wohl eher verschwendet. Vielleicht hätte ihn Lerano zu schätzen gewusst. So sind es schließlich meist Gildenmagier, die Elfen vorhalten, sie würden ihre astralen Kräfte für unsinnige Dinge verschwenden und sollten besser mit ihnen haushalten.

OHH

Dass eine ökonomische Überlegung als Witz gemeint sei, kommt Angehörigen eines Händlervolkes nicht unbedingt als erstes in den Sinn. Sich damit nicht weiter beschäftigend, zieht Reska schwungvoll an der Türklinke, huscht in den Gastraum und sperrt die Kälte mit Rücksicht auf die Anwesenden sogleich wieder hinter sich aus.

OB

Als Floris einen Blick zu seinem Reisegenossen wirft, bekommt er aus dem Augenwinkel mit, dass die Norbardin die Tür zur Schankstube öffnet und rasch wieder schließt. Einen Augenblick später gelangt auch der einzelne kalte Luftzug an diesen Tisch.
"Gleich sind wir wieder vollzählig", sagt er beiläufig, aber wohl nicht zuletzt auch als Einstieg in einen Themenwechsel.

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Den kaum geänderten Verhältnissen im Schankraum schenkt Reska wenig Beachtung, sondern erscheint wie von Floris geweissagt vermittels einiger großer Schritte zurück am nahegleich heimisch gewordenen Tische, um sich mit beiläufigem Nicken an jene, welche schauen, wieder zum eigenen Platz zu begeben.

MvZ

Zaünin nickt Reska ebenfalls zu. Jetzt kennt die Norbardin ebenso die Wetterlage, denkt sie: dunkel.

OB

Floris bemüht sich, eine Konversation in Gang zu setzen: "Wie sieht es draußen aus? Besseres Wetter für unseren morgigen Ritt" - er schaut kurz zu seinem Reisegefährten, um ihn in das besitzanzeigende Fürwort und den Satz einzuschließen - "zu erwarten?" fragt er die Norbardin.

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Als würde durchs Hinsetzen eine Art Rückstoß ausgelöst, heben sich auf Floris' Frage hin Reskas Augenbrauen, um sich dieser dann widmend zusammenzuziehen. Wettervorhersage ist kein leichtes Fach. Doch immerhin beginnt es, zu tauen. "Vermutlich", ist daher die eigentlich positiv gemeinte Antwort, die hingegen manchen enttäuschen mag.

VW

Ein Schmunzeln hält in Horathios Mundwinkeln Einzug. Wenn Floris, wie er vermutet, ein Gespräch in Gang setzen wollte, dann wird das eine harte Nuss.

MvZ

"Ich kenne mich mit dem Reiten nicht aus", gibt Zaünin ihren Senf dazu. "Ist Schneematsch gut für's Reiten?"

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"Nein, nur besser", entgegnet Reska. Selbstverständlich könnte man bei größerer Redseligkeit noch anfügen, dass bis morgen allerlei abgeflossen sein könnte - um so mehr, sofern die Sonne früh hervorbrechen sollte. Jedoch wäre dies in zweierlei Hinsicht ausgesprochene Spekulation und somit kaum Reskas Anliegen.

VW

"Und wenn es wieder kälter wird, friert es drüber und wird zu Eis," ergänzt Horathio. Mal sehen, wie sich die Temperaturen entwickeln.

OB

"Wir werden uns morgen überraschen lassen", schlussfolgert Floris. "Wenn wir morgen überhaupt schon aufbrechen."

MvZ

"Wenn es hell ist, ist das bestimmt besser zum Reiten." Wenn Zaünin auch nicht aus eigener Erfahrung spricht, so ist ihr doch schon aufgefallen, wie ungern Reiter nachts unterwegs sind.

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Selbstverständlich kann man sich vom Wetter auch überraschen lassen, ohne aufzubrechen, jedoch geschähe dies nicht unbedingt zu Reskas Freude. Trägheit schleicht sich allzu leicht in die Knochen und ist dann schwer wieder auszutreiben, je länger man dies versäumt. Hoffentlich geht es Urszula morgen wieder besser!
Zaünins Bemerkung lässt Reska aufhorchen und die Brauen heben. Eine Echse auf einem Reittier? Keine einfache Vorstellung mit dem Schwanz, den sie vermutlich haben. Unwillkürlich wandert der Blick hinab zu der Illusionsumwallten Gestalt Hüfte und Gesäß, soweit selbige ebenso wie der Tisch nicht Teile davon verdecken. Wo hat sie ihr hinteres Ende im Sitzen nur gelagert? Stühle mit Lehne müssten für sie recht unbequem sein.

VW

Horathio nickt. Ob sie morgen weiterreisen oder nicht hängt schließlich von dem ab, worauf Floris wartet.

OB

"Zweifellos", antwortet Floris mit einiger Verspätung auf die Bemerkung der Heilerin, nachdem alle anderen am Tisch sich wieder in borongefälliges Schweigen gehüllt haben. Selbst ist er mit den Gedanken auch eher woanders, nämlich bei seinem Käsetörtchen. Ist es schon Zeit dafür?

MvZ

Reiten. Zaünins Gedanken schweifen in der Stille am Tisch hin und her. "Ist es nicht erstaunlich, dass so große Tiere wie Pferde jemanden auf sich reiten lassen?" sagt sie schließlich in die Runde.

VW

Horathio hebt eine Augenbraue: "Warum sollte dies erstaunen? Sie lieben es zu rennen und sie mögen Gesellschaft. Und beides teilen sie gerne."

OHH

Dass kleine Tiere gar nicht die Möglichkeit haben, jemanden auf sich reiten zu lassen, ist Reskas erster Gedanke bei Zaünins Überlegung. Dennoch hat jene im Grunde eine gar nicht so dumme Frage gestellt. Selten ist die Beziehung zwischen Mensch und Tier ja so einträchtig freundschaftlich wie bei Reska und Mokosch. Zudem weiß wäre dessen Ansicht womöglich eine ganz überraschende.
Horathios Erklärung wirkt zu einfach, weswegen Reska den ohnedem bereits nachdenklichen Ausdruck noch mehr verknautscht. Nein, gewöhnlich müssen Reittiere erst zu ihrem Dienst gezwungen werden, gerade Pferde. Nach dem zugehörigen kaum merklichen Kopfschütteln folgt doch auch mal wieder eine lautmalerische Äußerung Reskas: "Weswegen müssen sie dann zugeritten werden?"

VW

Horathio zuckt die Schultern: "Könnt Ihr auf Anhieb Bretter aus einem Baumstamm schneiden? Oder eine gute Suppe kochen? Habt Ihr mal Akrobaten dabei zugesehen, wie lange sie üben? Oder Musikern? Und wenn Ihr auf den Dickkopf anspielt, der dabei in Bahn gelenkt wird, schaut Euch nur Kinder an und wie lange es braucht, bis diese bereit sind, bei Dingen mitzuarbeiten, die sie letztlich mit Freude erfüllen."

OHH

Zuerst ist es eine unbestimmte Abneigung, die Reska gegen Horathio und seine Rede zu empfinden beginnt. Zum Ende hin wird sein Antlitz zunehmend von dem des Vaters überdeckt. Nein, von Freude kann keine Rede sein - weder im Herzen, noch in Reskas zunehmend abweisender und schlussendlich gramvoll versteinerter Miene.

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Für Horathio hat Zaünin eine Verständnisfrage: "Also tragen Pferde gerne einen Menschen, aber sie müssen sich erst einmal daran gewöhnen?"

VW

Horathio zuckt mit den Achseln: "Da müsstest du wohl die Pferde fragen. Ich bin mir sicher, dass sie sehr gerne rennen und dass zumindest meines gerne und huldvoll meine Zuneigung vom kräftigen Putzen bis hin zu Salz oder Zuckerkrümeln annimmt. Und ich sehe, dass es sich freut, wenn ich mit gepackten Satteltaschen in den Stall komme, auch oder gerade, wenn das bedeutet, dass wir uns wieder auf den Weg machen. Ich weiß, dass mich mein Pferd morgens im Gelände weckt und mir über das Gesicht leckt, was zumindest von seiner Seite ein Gunstbeweis ist... und ich weiß, dass mein Pferd einen sonnigen und kalten Morgen als beste Zeit für einen Ausritt würdigt und kaum still im Pferch stehen mag. Und ich weiß, dass, so ich auf ihm sitze, mein Pferd unerhört vorsichtig sein kann und beständig besorgt scheint, dass ich bei Sprüngen und wildem Galopp oben bleibe."

OB

Floris hört mit stillem Vergnügen zu. Da scheint sein Reisegefährte ein Thema gefunden zu haben, bei dem er hier in der warmen Gaststube endgültig auftaut.

VW

"Und was das Gewöhnen angeht, frage ich mich, ob es jemanden gibt, der auf Anhieb irgend etwas beherrscht. Ich für mein Teil musste alles, auf was ich heute stolz bin, über Jahre hinweg lernen und mich immer weiter verbessern. Ich könnte nicht behaupten, dass mir irgendwas zugeflogen wäre. Manches verlerne ich sogar, wenn ich es nicht fortwährend weiter betreibe. Und gerade der Umgang mit Menschen oder Tieren ist ein steter Quell des Übens und Lernens voneinander und miteinander. Nur darf ich mich nicht sperren. Sonst wird mir nichts Freude schenken, was ich tue. Oder wenn ich das Auge für die Schönheit verliere, die allem innewohnt. Aber", bricht Horathio mit einem kleinen Lachen ab, "ich beginne zu philosophieren, das sollte ich lassen."

MvZ

"Warum?" entfährt es Zaünin spontan.

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Bei Horathios weiteren Ausführungen wandelt er sich wieder zu sich selbst, derweil sich auch Reskas Züge zunehmend entspannen. Dies alles klingt eher nach einer Freundschaft ähnlich der mit Mokosch. Dennoch macht es auch nachdenklich, ob er nicht vielleicht allein glücklicher wäre. Nicht alles auf der Welt ist lernenswert.

VW

Horathio lacht: "Weil ich weder der einzige sein möchte, der spricht, noch dieses Thema bis zur Erschöpfung auswalzen möchte."

OHH

Eigentlich spricht ja auch Zaünin vermittels ihrer Fragen. Reska hingegen hat keine Lust, eigene unschöne Erfahrungen ungefragt einzuwerfen. Statt dessen lieber noch einen Schluck vom Tee! Eigentlich könnte man auch bald mal zum Abendessen übergehen, wenn schon sonst nichts geschieht...

OB

"Vielleicht nicht unbedingt zugeflogen", nimmt Floris eine Bemerkung seines Reisegefährten auf, "aber es gibt doch bestimmt das eine oder andere, für das man ein Händchen hat. Was einem leichter fällt als anderes... und als anderen."

MvZ

Zaünin nickt abwechselnd den beiden Herren am Tisch bestätigend zu. "Ja, das ist wahr." Was sie für wahr hält, lässt sie derweil offen.

OHH

Bei Floris' Worten erhebt sich Reskas Blick aus den Tiefen des Teebechers wieder zum Sprecher empor. Nur kurz wird er von einer flüchtigen Begutachtung Zaünins unterbrochen - wohl eher eine unwillkürliche Reaktion als echtes Interesse, welches sogleich wieder ersterem gilt.

VW

Das flüssige Reden scheint den weiblichen Tischgefährtinnen auf alle Fälle nicht zugeflogen zu sein, sinniert Horathio, so wortkarg sie sich geben. "Das vielleicht", meint er dann, "und doch - mag es auch vermeintlich leichter zu gehen - steckt immer ein Praktizieren darin."

MvZ

"Genau", stimmt Zaünin Horathio zu. "Manchmal muss man sich auch überwinden. Und dann stellt man fest, dass es nicht so schwierig ist, wie man dachte."

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Schon werden Reskas Züge wieder düsterer und ablehnender. Um schwierig ging es nie. Es ging um Dinge, die man um keinen Preis der Welt wollte. Um Selbstbestimmung. Ein Dienstverhältnis kann man jederzeit aufkündigen, eine Ehe oder die Verantwortung für das Familiengeschäft nicht. Der Blick ist nun auf den Tisch hinabgesunken und verrät, dass Reska gedanklich nicht mehr im Hause weilt.

OB

"Übung macht den Meister", murmelt Floris bestätigend zu der Bemerkung seines Reisegefährten. Zur Antwort der Heilerin nickt er zunächst beifällig - nicht zuletzt, weil ihm mehr als nur eine Situation in Erinnerung ist, bei der er sich überwinden musste... beispielsweise damals, beim ersten Besuch bei den Noioniten. Aber es wäre nicht das erste Mal an diesem Abend, dass seine Gedanken in eine völlig andere Richtung gingen als die der Tischgenossin. Also hakt er lieber noch einmal nach: "Was habt Ihr dabei im Sinn?"

MvZ

Zaünins Blick fällt kurz auf Reska. Sie wirkt irgendwie bedrückt. Bevor sich die Echse darüber weiter Gedanken machen kann, wird ihre Aufmerksamkeit von Floris' Nachfrage wieder auf das Tischgespräch gelenkt.
"Ich musste meine Angst überwinden, um mit Menschen Kontakt aufzunehmen. Aber obwohl ich kein Wort Garethi sprach, konnte ich mich gleich der ersten Gruppe Menschen, die ich traf, anschließen."

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Vermutlich sollte Reska diese alte Geschichte endlich einmal begraben. Wer weiß, ob der Vater noch lebt! Die Suche dürfte er längst aufgegeben haben. Und offensichtlich denkt Zaünin an ganz andere Dinge - wie sollte es anders sein!
Schwer einatmend wird neue Kraft eingesogen, dann wird sich Reska wieder des Teebechers bewusst, der einen gewissen Halt bietet.

VW

Horathio blickt die Frau erstaunt an und fragt sich im Stillen, ob dies wohl daran lag, dass sie nur als Ausländerin auftrat. "Und wie habt Ihr Euch verständigt?"

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"Zunächst mit Gesten. Manche nannten es Charade. Und als wir uns näher aneinander getraut hatten, habe ich im Boden Zeichnungen gemacht." Während sie erzählt, deutet sie mit dem rechten Zeigefinger auf der Tischplatte an, wie sie damals in den Dreck Linien gezogen hat.

OB

Floris schmunzelt und meint zu seinem Reisegefährten: "Dass man sich mit Gesten verständigt, sollte dir als Kämpfer doch nicht unbekannt sein. Und als Begleiter eines Boronpilgers erst recht nicht." Sein Lächeln ist noch eine Spur breiter geworden.

OHH

Mit dem neuen Thema erscheinen neue Erinnerungen. Was haben die Leute in der stummen Zeit nicht alles aus Reskas Gesten zusammengelesen! Haarsträubend und bisweilen sehr entmutigend. Zum Glück haben die Übungen gefruchtet und zahlen sich beständig aus. Nach einem zufriedenen Seufzen wird noch ein Schluck Tee eingenommen.

MvZ

"Die Verständigung mit Gesten hat aber auch ihre Tücken", wendet sich Zaünin an Floris. "In verschiedenen Kulturen können sie unterschiedliche Bedeutungen haben."

VW

Horathio nickt bestätigend. "Oder es werden Gesten verwendet, die man beim besten Willen nicht einordnen kann."

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Vielleicht hat sich Reska damals ja wirklich nicht besonders geschickt angestellt mit all den Fuchteleien. Wenn sich zwei nicht verstehen, liegt es - grundsätzliche beiderseitige Bereitschaft vorausgesetzt - sicherlich stets an beiden Seiten.
Weiterer warmer Tee sickert die Kehle hinab, derweil sich auch die Hände durch den Becher hindurch daran erfreuen.

OB

"Das mag schon sein", gibt Floris zu. "Allein schon, wie man welche Zahlen mit ausgestreckten Fingern anzeigt... Bei manchen Völkern zählt der Daumen mit, bei manchen anderen nicht."

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"Und dann habe ich langsam die Sprache gelernt, die die meisten Menschen sprachen, mit denen ich unterwegs war."

VW

Horathio nickt: "Und das wirklich gut, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf."

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Ein nicht angezeigter Daumen sollte eigentlich bei jedem Volke als null gelten, ob er nun mitgezählt wird oder nicht, denkt Reska, doch die beiden anderen schwatzen bereits an anderer Stelle weiter. Stimmt, bei Zaünin ist kaum Akzent festzustellen. Der eigene norbardische ist ja ebenfalls als Teil der Sprechübungen inzwischen überwunden. Was für verrückte Zeiten das waren, als Reska sich heimlich mit Pflanzen und Tieren unterhielt!

VW

Die Wirtin steuert nun den Tisch mit den Bierhelfern an und bleibt ein wenig unschlüssig stehen, als sie merkt, dass man dort diskutiert.

MvZ

"Danke", gibt Zaünin an Horathio zurück und redet in ihrer langsamen Art und mit sorgfältiger Aussprache weiter: "Garethi ist eine faszinierende Sprache. So viele Wörter. Und dann auch noch Dialekte. In verschiedenen Gesellschaften wird unterschiedlich geredet. Ich werde bestimmt nie aufhören, mehr darüber zu lernen, bis Boron mich zu sich nimmt."

VW

Kurz überlegt die Wirtsfrau noch, als sie der ältere Krieger in den Blick nimmt und ihr freundlich zunickt. Da noch ein Gespräch läuft, kommen Siona die üblichen Worte über die Lippen: "Darf es noch etwas sein?" - leise, um niemandem ins Wort zu fallen.

OB

Floris nickt beifällig zu Horathios Kompliment zu den Sprachfähigkeiten der Heilerin. So gut beherrscht er selber weder das Alaani noch das Rogolan, vom Tulamidya ganz zu schweigen. Alles Sprachen, mit denen er viel zu tun hatte - aber vielleicht fehlte ihm immer der äußere Druck dazu, sie wirklich in Vollendung zu beherrschen.
Seine Aufmerksamkeit wird dann allerdings von der Wirtsfrau mit Beschlag belegt. So wie sie sich dem Tisch nähert, scheint sie noch etwas anderes auf dem Herzen zu haben als nur die Frage nach einer weiteren Bestellung.
"Ach, ein neuer Humpen Bier dürfte es für mich schon sein", gibt er nach einem kurzen Moment zurück.

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Reska hingegen beantwortet die scheue Frage der Wirtin lediglich mit einem freundlichen Kopfschütteln und hält sich weiter am Teebecher fest.

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Auch Zaünin schüttelt - vom Kuchen immer noch satt - kurz den Kopf.

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Horathio gibt sich einen Ruck: "Ich glaube, ich probiere mal so ein Pint von diesem Zwergenbier. Das soll ja ausgesprochen gut sein. Immerhin war es eine ziemliche Plackerei, das Getränk bis hierhin zu lotsen."

Siona nickt und fasst die Gelegenheit beim Schopfe: "Dann also zwei Biere. Und wenn es Recht ist, würde ich gerne mehr darüber erfahren, wie es kommt, dass letztlich durch Euren Einsatz unser Bier hier angekommen ist."

Die Wirtin bewegt sich in Richtung Tresen und schmunzelt, als sie den Gatten und die Köchin sieht. Der Eber, wie er traviagefälliger nicht sein könnte.

Horathio greift den Faden wieder auf: "Dialekte, Sprachen, ein großes Sprachenwirrwarr, das sicherlich nur ein wahrer Meister beherrschen und verstehen kann. Selbst in meiner Heimat hat es so viele Mundarten, dass ich immer überrascht bin, dass man sich überhaupt verständigen kann, wenn man vom tiefsten Norden in den untersten Süden reist."

OB

"Und da trägst du gleich zur nächsten Überraschung bei", merkt Floris schmunzelnd an. "Ich kenne die Redewendung vom 'höchsten Norden' und vom 'tiefen Süden'. Und vom Eisenwald reist man 'runter' in den Norden, weil's dort flacher ist. Offensichtlich kann man die beiden Wendungen auch vermischen..."

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"Ich mag den Süden mehr als den Norden", denkt Zaünin laut. "Hier gibt es mehr Menschen."

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Ist Reska schon eingeschlafen? Hat ein Tagtraum von einer Frage der Wirtin an die beiden Herren etwas vorgegaukelt, da jene nun ohne Erwiderung entschwindet und niemand der Anwesenden die Erkundigung überhaupt bemerkt zu haben scheint?
Jedoch werfen auch die nachfolgenden Worte Verwirrung auf. Vermutlich wäre die Ungereimtheit von tief einerseits und unten andererseits nicht weiter aufgefallen ohne die Aufmerksamkeit von Floris. Dass man als Echse hingegen das Baden in Menschenmengen anscheinend so sehr liebt, überrascht allerdings! Reska hätte eher erwartet, das Zaünin den Süden ob seiner Wärme bevorzugt - welche widerum aufgrund der gegenwärtigen Witterung freilich nicht sonderlich auffällt. So schrumpfen die kurzzeitig großen Augen wieder auf gewöhnliches Maß zurück.

VW

Horathio zuckt ein wenig die Achseln, und ein spitzbübisches Grinsen erscheint auf seinem Gesicht: "Noch komplizierter wird es, wenn aus dem hohen Norden ein Tief heraufzieht oder südwestlich Nordmänner dräuen."

MvZ

Zaünins Kopf zuckt leicht hin und her bei dem Versuch, den Sinn von Horathios letzter Aussage zu begreifen. Sie beschließt letztendlich, dass es sich wohl um einen Scherz unter Boron-Anhängern handeln muss, wonach ihr Kopf wieder zur Ruhe kommt. Das erheiterte Gesicht von Horathio scheint ihre Vermutung zu unterstreichen.

OB

Bei Horathios Scherzen kommt Floris ein Spaßgedicht in den Sinn, das er noch aus seiner Festumer Zeit kennt und nun zu rezitieren beginnt: "Dunkel war's, der Mond schien helle, als die" - aus der Kutsche macht er rasch ein Gefährt, das für die Nordmänner angemessener ist und sich trotzdem in den Reim fügt - "Kogge blitzesschnelle langsam um die Ecke bog..."

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Nun ist also die Zotenstunde ausgebrochen. Solches kann ja durchaus lustig werden. Natürlich kennt auch Reska die Verse, welche Floris zum Besten gibt. Seine eine von der Straße ins Wasser verlegende Bearbeitung bereichert sie nebenbei noch um einen weiteren Widerspruch, was mit einem beifälligen Nicken schmunzelnd anerkannt wird.
Was könnte Reska selbst lustiges beitragen? In der früheren Jugend wäre dies noch leicht gefallen, aber die Jahre danach haben alles doch allzu sehr verändert.

VW

"...drinnen schlafend rudern Männer, pöbelnd, doch im Dialog, als ein stilles, ruhiges Kerlchen lautstark krass vom Leder zog..." ergänzt Horathio grinsend und sieht den Freund gespannt an.

MvZ

Zaünin verkneift sich den Hinweis, dass sich die beiden Herren am Tisch mehrfach widersprochen haben. Sie hat den Eindruck, dass sie es absichtlich tun, auch wenn es für sie ein Rätsel ist, wozu. So sitzt sie nur da und wartet darauf, dass das Gespräch wieder auf ein Thema kommt, dem sie folgen kann.

OB

"Oje", lacht Floris und hebt mit einem anerkennenden Nicken die Augenbrauen. "Mit einer solchen Gabe zur Improvisation bin ich nicht gesegnet", lobt er seinen Reisegefährten.

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Auch Reska verfolgt die weitere Dichtung mit Belustigung. Allerdings klingt es fast danach, als sei es hiermit auch schon wieder vorüber, doch gibt es ja gewiss noch andere Flausen mitzuteilen. Den Kopf auf die Handfläche gestützt, wird nochmals über einen eigenen Beitrag nachgegrübelt. Wie ging das noch mit dem Elch und dem Flussschiffer...?

MvZ

Nun, da die widersprüchliche Erzählung anscheinend zu einem Ende geführt worden ist, fühlt sich Zaünin doch bemüßigt, eine Verständnisfrage an die beiden Herren zu stellen: "Ist es ein Flussschiff?"

VW

Horatio schmunzelt ob der Frage und meint: "Bei Nordmännern? Auch."

OB

"Von den Nordmännern heißt es, dass sie ihre Schiffe auch auf einem nassen Lappen segeln könnten", ergänzt Floris ein anderes beliebtes Scherzwort unter Schiffern. "Da kann dann eine Kogge auch ein Flussschiff sein."

OHH

Irgendwo scheint Reska den Faden verloren zu haben. Bei Zaünins Frage vermischt sich noch das eigene Flussschiff gedanklich mit dem ihren. Bezieht sie sich auf die Kogge? Was haben die Nordmänner damit zu tun? Eigentlich sollte man meinen, der nasse Lappen müsse nun für endgültige Verwirrung sorgen, doch ist das Gegenteil der Fall, da Reska nun auch endlich Horathios Scherz begreift.
Offenkundig lässt das lange Verweilen in diesem Gasthaus nicht nur die Knochen erlahmen. Vielleicht besser erst einmal keinen Tee mehr - es sei denn, man strebe nach der neuerlichen Bewegung in frischer Luft zum Abort.

MvZ

Zaünin ist von Floris' Behauptung über die Segelkünste der Nordmänner irritiert: "Aber ein nasser Lappen ist doch viel kleiner als ein Schiff! Das passt da doch gar nicht drauf!"

OB

"Was ja erst recht beweist, wie gut die Nordleute segeln können", antwortet Floris auf Zaünins Bemerkung. "Wenn sie mit ihrem Schiff Dinge schaffen, die unsereins für unmöglich halten würde."

MvZ

Jetzt erst kommt Zaünin auf die offensichtliche Erklärung für die ungewöhnlichen Segelkünste. "Sie benutzen Magie!" sagt sie bestimmt.

OHH

Wenn einem so viel Kurioses widerfährt, ist dies doch auch ein Schmunzeln wert. Entspannt lehnt sich Reska wieder zurück und genießt weiter das verrückte Gespräch der Tischgesellschaft. Im Theater kann es schwerlich lustiger und abwechslungsreicher zugehen - zumindest nach dem, was die junge Domna gestern so erzählte. Was Reska in dieser Richtung bislang kennengelernt hat, mag nicht wirklich unter diesem Namen zusammenzufassen sein.

OB

"Ich bin mir nicht sicher, ob Magie derart verbreitet ist, dass sie sich auf jedem Segelschiff fände", gibt Floris zu bedenken. "Zumindest bei Menschen ist magische Begabung rar."

MvZ

"Aber", protestiert Zaünin, "wie erklärt Ihr es Euch dann?"

VW

Horathio grinst wölfisch: "Wenn jemand sein Handwerk versteht wie kein Zweiter, dann lässt einen unbedachten dies vielleicht an Magie denken, muss aber nicht sein. Wie viele Handwerker erschaffen einfach nur mit ihrer Hände Arbeit Gegenstände, vor denen wir staunend niederknien mögen, so wundervoll sind sie. Warum soll dies nicht auch den Nordmännern gelingen, welche so gewiefte Seeleute sind, dass sie Orte bereits besucht haben sollen, die unsereins im Leben nie finden mag."

OB

"Ich hätte in dieselbe Kerbe geschlagen", ergänzt Floris die Ausführungen seines Reisebegleiters trocken, "und als Beispiel die Addition von Zahlenkolonnen in meinen Büchern genommen. Ich rechne sie schneller zusammen, als andere sie lesen. Vielleicht nicht ganz so spektakulär wie Segel- oder Handwerkskünste."

MvZ

"Dann ist der Lappen bestimmt riesengroß und das Schiff sehr klein", versucht sich Zaünin an einer neuen Erklärung. Aber auch mit deren Hilfe kann sie sich das beschriebene Manöver nicht vorstellen.

VW

Horathio ist wirklich erstaunt über das Unverständnis der Tischnachbarin. Bei so vielen Illustrationen sollte eigentlich ein Begreifen unausweichlich sein... "Die Sache mit dem Lappen ist lediglich ein Bild dafür, dass die Nordmänner im Segeln so versiert sind, dass ihre Künste nachgerade an ein Wunder gemahnen", wirft er deshalb ein, nur um sich zu fragen, ob die Tischnachbarin mit der Bezeichnung 'Bild' etwas anfangen kann. Mit Auswärtigen zu sprechen ist - je nach Kulturraum - eine wirkliche Herausforderung.

MvZ

"Ach, Ihr meint wie Jaddiya, der erzählt, er hätte ein Neunauge gesehen, das so groß ist wie das ganze Dorf. Und wenn eine Jagdgruppe den Fisch stellt, ist er nur so groß wie ein Haus, was immer noch sehr groß ist, aber nicht so groß." Zaünin schüttelt über sich selbst den Kopf. "Ich falle darauf immer wieder rein."

OHH

Fasziniert den Kopf auf die Linke gestützt, betrachtet Reska das von einem Illusionszauber erzeugte Antlitz der Echsenfrau. Solche Ehrlichkeit innezuhaben, dass Lügen und selbst Übertreibungen wörtlich ernst genommen werden, hat etwas sehr Liebenswertes an sich, mag es im Leben auch noch so unpraktisch sein. Möglicherweise hat dies der guten Zaünin ja auch bereits hin und wieder das Leben gerettet.

VW

Horathio blickt sein Gegenüber sprachlos an: "Ein Fisch, so groß wie ein Haus? Und den isst man dann?" Er überlegt, wie lange er in der Lage wäre, Fisch zu essen... Nun gut, je nachdem, wer kocht, kann man sich vielleicht noch über die ein oder andere Woche retten, aber ein Fisch, so groß wie ein Haus... das bedeutet Monate Fischfilet, wenn sich der überhaupt so lange hält.
"Und wie viele von euch leben in einem Dorf?" schiebt er hinterher. Das wäre ja vielleicht eine Erklärung.

MvZ

Zaünin überlegt kurz. "Vielleicht eher Hütten als Häuser. Zwei davon würden etwa hier in die Stube passen. Aber ja, die essbaren Teile werden gegessen oder haltbar gemacht. Und der Rest wird auch verwertet: Knochen, Haut, Schwimmblase und so weiter."

VW

Horathio nickt. Das ergibt Sinn.

MvZ

"Als ich mein Dorf verließ, hatte es etwa fünf Dutzend Einwohner - Kinder nicht mitgezählt. Da wäre es Verschwendung gewesen, die großen Neunaugen zu jagen. Außerdem unnötig gefährlich."

VW

Horathio nickt Floris zu. So ganz begriffen hat er nicht, was diese Neunaugen sind. Aber sie scheinen fast Walgroß zu sein, wenn er den Schilderungen lauscht. Kurz hält er irritiert inne, als von draußen ein Fetzen Musik hereinzuwehen scheint. Ein bekanntes Lied. Sicher ist er nicht, aber er meint sich zu erinnern, dass das Lied einem schwarzen Barden zuzuschreiben wäre, warum auch immer man in Uturia auf Gareti Lieder dichten sollte. Egal. "Und ist es nur die schiere Größe, die diese Fische so gefährlich macht?" fragt er interessiert und schließt den Begleiter in die Gruppe der Fragenden mit ein.

OB

"Ich kenne Neunaugen nur als Stockfisch", antwortet Floris mit einem entschuldigenden Schulterzucken. "Das war dann eine Portion. Keine Ahnung, wie groß die Viecher im echten Leben sein können, wenn sie nicht weggefischt werden."

MvZ

"Ja", sagt Zaünin und erläutert noch, welchem Punkt sie da zustimmt. "Die Größe. Außerdem sind sie meist schlecht gelaunt, vor allem, wenn man sie jagt."

VW

Horatio prustet los, um gleich darauf sehr ernst zu werden: "Wer ist nicht schlecht gelaunt, wenn die Jagd auf die eigene Person geblasen wird. Wäre es anders, würde ich mich als Jäger fürchten."

Vorsichtig stellt Siona die Bierhumpen vor den beiden Männern ab und lächelt freundlich. Immerhin war ja noch im Gespräch, dass sie etwas über das Bierkutschenunglück erfahren solle.

OB

"Ah, das Bier!" freut sich Floris. "Passt gut zum Stockfisch", fügt er hinzu, obwohl diese Speise weit und breit nicht zu sehen ist und nicht einmal auf der Karte steht.

MvZ

Zaünin scheint es gelungen zu sein, einen Witz zu machen. Das wäre für sie Grund zur Freude, wenn sie verstünde, was an dem, was sie gesagt hat, so lustig war. Dann wäre sie wahrscheinlich in der Lage, gezielt Menschen zum Lachen zu bringen. Stattdessen blinkt sie mehrfach verständnislos mit beiden Augenlidern Horathio an.

OHH

In Reskas Kopf geben sich Bilder von allerlei größeren und kleineren Häusern, Riesenfische und kleine ein Stelldichein. Wieder ziehen sich die Mundwinkel zu einem Schmunzeln auseinander: Wer würde wohl nicht missgelaunt darauf reagieren, gejagt zu werden! Dass Horathio dies nahegleich wörtlich ausspricht, verbreitert das Lächeln nur.
Fisch? Da bekommt man ja direkt Appetit! "Habt Ihr Fisch?" ergeht daher die naheliegende Frage an die Wirtin.

VW

Siona runzelt die Stirn. "Auf der Speisekarte nicht", entgegnet sie Reska. "Vielleicht hat Sarina noch ein wenig eingelegten Fisch oder Räucherfisch; da müsste ich nachfragen."

Horathios Prusten erstirbt angesichts der Verständnislosigkeit seines Gegenübers. Dann fragt er mit hochgezogener Braue: "Ja nun, wie würdet Ihr Euch fühlen, wenn man Euch nach dem Leben trachtete?"

MvZ

Zaünin fasst es als ernst gemeinte Frage auf und antwortet Horathio entsprechend ernsthaft: "Ich hätte Angst. Und sähe ich keinen Ausweg, wäre ich verzweifelt."

OHH

Frischer Fisch wäre freilich schmackhafter, jedoch muss man nun einmal nehmen, was man bekommen kann. Freundlich wird der Wirtin zugenickt. Fragen kostet nichts - außer Zeit, von welcher die Wirtin gewiss weit weniger hat als Reska, aber dies ist ihr letztlich entgeltetes Problem.

VW

Nun, da die Herren immer noch in ihr Gespräch vertieft sind, ist eine Anfrage an Sarina kein Problem. Somit steuert die Wirtin die Küche an.

Horathio nickt. "Nun", lässt er sich auf die Gesprächswendung ein, "würdet Ihr damit übereinstimmen, dass Angst einen in eine wirklich schlechte Laune versetzen kann?"

OB

Floris nickt zustimmend auf Horathios Frage, auch wenn sie gar nicht in erster Linie an ihn gerichtet war.

MvZ

"Angst ist keine gute Laune", gibt Zaünin zu. "Ich habe mich wohl falsch ausgedrückt. Neunaugen schwimmen nicht ängstlich weg. Sie sind die größten und gefährlichsten Wesen im Neunaugensee, und das lassen sie andere spüren."

Bjenalett tritt ein, während sie die Tür öffnet. Sie hält diese dann weit genug auf, dass die bepackte Frau bequem die Stube betreten kann.

JuR

"Nurd’dhao", erklingt die fröhliche Erwiderung, als die kleine Frau ins Wirtshaus und in die Wärme tritt. Drinnen bleibt sie stehen und sieht sich erst einmal um.
Im Spiel aus Kerzenlicht und viel Schatten kann sie ausmachen, dass der Kamintisch und auch der große Tisch gut besetzt sind. Die Tische auf der Seite der Tür scheinen frei zu sein.
Sie atmet tief durch. Dann zieht sie sich die Mütze vom Kopf, was eine Flut rotbrauner Locken zum Vorschein bringt, die ihr bis zur Schulter reichen. Daraufhin lockert sie den Schal, so dass auch das Gesicht mit den braunen Augen, der niedlichen Stupsnase mit den tanzenden Sommersprossen und der gerade etwas schüchtern lächelnde Mund nun wieder etwas freier sind. Der gefütterte Ledermantel und ihre vielen Röcke bleiben erst einmal so, wie sie sind.
"Einen guten Abend, allerseits", klingt es freundlich durch den Schankraum.

MvZ

Bjenalett schließt schnell die Tür, sobald Beide hindurch sind.

OHH

Vielleicht springt ja tatsächlich noch ein Fisch für Reska heraus. Als die Türe geöffnet wird und die Elfe mit einem neuen Gast eintritt, wandert der Blick unwillkürlich von der forteilenden Wirtin ab dorthin. Es scheint ein sehr hübsches Mädel zu sein, was da angekommen ist und im eher ruhigen Schankraum vermittels des Grußes leicht die Aufmerksamkeit zu erregen vermag. Unwillkürlich wird als Antwort genickt. An wen erinnert jene scheinbar sehr junge Frau Reska nur?

OB

Wie gut, dass Floris einen Reisebegleiter hat - denn dass jemand Neues den Raum betreten hat, bekommt der Schwarzhaarige erst mit, als vom Eingang her eine weibliche Stimme ertönt, die heute noch nicht zu hören war. Neugierig schaut er sich über die Schulter um und folgt dem Blick der Norbardin.

MvZ

"...desto betrunkener die Gäste", komplettiert Zaünin einen gewissen Satz so, wie sie ihn einmal von einem Witzbold gehört hat. Natürlich hat sie keine Ahnung, dass es sich dabei nicht um die übliche Aussage des Spruches handelt.

OHH

Kurz wechselt Reskas Blick höchst irritiert zurück zu Zaünin. Nein, von Trunkenheit kann bei dem Fräulein drüben keine Rede sein. Dagegen geht von drüben eine seltsame Vertrautheit aus, welche sich gegen alles Halbdunkel im Raume durchsetzt. Moment mal...! Das kann doch nicht sein!

VW

Horathio bemüht sich ob der promten Replik um Contenance, während ein Grinsen sich über sein Gesicht legt. Die Ankunft der Rothaarigen entlockt ihm ein Nicken. Dann vertieft er sich wieder in die Studien zur Fauna Aventuriens: "Wie gefährlich sind diese Viecher, wenn sie so gar nichts zu haben scheinen, wovor sie sich fürchten müssen?" fragt er in Richtung der Tischgenossin.

MvZ

"Es heißt, sie wären der Grund dafür, dass die Menschen den Neunaugensee nicht mit Schiffen befahren. Aber ich kenne mich nicht so gut damit aus. Den Neunaugenfang haben andere im Dorf gemacht."

VW

"Dann scheinen die" - kurz stockt Horathio - "Einwohner Eures Dorfes ja ausgesprochen mutig zu sein." Oder verrückt, ergänzt er in Gedanken.

MvZ

Mutig? So würde Zaünin sich und ihre Artgenossen nicht beschreiben. Ihrem Impuls, gleich zu widersprechen, gibt sie aber nicht nach, sondern überlegt erst einmal. Im Gegensatz zu Furchtlosigkeit ist Mut eher das Überwinden von Angst, als dessen Abwesenheit. Sie selbst muss jedesmal ihre Angst überwinden, wenn sie auf einen ihr unvertrauten Menschen zugeht oder - seit sie ihren magischen Ring hat - zugibt, ein Echsenmensch zu sein. Insofern könnte man schon sagen, dass sie mutig ist. Aber in Bezug auf die Neunaugenjagd ist es mit Mut allein nicht getan.
Nach mehreren Kopfzuckungen antwortet sie: "Vor allem haben sie über viele Generationen Erfahrung mit der Jagd auf Neunagen. Neunaugen sind dumm und lassen sich austricksen. Und wir benutzen keine Boote und Netze, sondern Spieße. Trotzdem ist es gefährlich", fügt sie der Vollständigkeit halber noch hinzu. "Nach einer Neunaugenjagd waren meine Heilkünste oft sehr gefragt."

OHH

Nur noch mit einem Ohr am Tische stellt Reska gewissermaßen mit dem anderen die ebenfalls vertraute STimme drüben fest. Tatsächlich: Es ist Vinizarah, eine einstige Weggefährtin, die zu den wenigen um Reskas Geheimnis Wissenden zählt. Dies könnte unangenehm werden. Oder die ganze Geschichte mit einem wenngleich voraussichtlich peinlichen Donnerschlag immerhin leicht auflösen wie ein Schwerthieb einen fürchterlichen Knoten.
Einstweilen drängt es Reska nicht danach, wenn das baldige Ende des Mummenschanz nun auch unausweichbar erscheint. Unwillkürlich, nahegleich hilfesuchend wandert der Blick ein weiteres Mal an den beiden sich dem Treppentisch nähernden die benachbarten Stiegen empor. Es wäre sicherlich besser, Urszula höchstselbst zu beichten, was sie ohnedem erfahren muss. Nach ihr zu sehen, ist es hingegen vollends zu spät, will Reska nicht vor der Zeit durch die alte Freundin entdeckt und erkannt werden.
Die Stirne sinkt in die Linke, welchselbige im Anschluss vermittels erneuten Anhebens des Hauptes über die Augen wischt, welche schlussendlich durch die Finger zu jenem anderen Tische linsen, an welchem sich Vinizarah gelinde überraschend vor allen auszuziehen beginnt. Das ist ja wieder mal eine ganz besonders tolle Misere! Dabei schien das Leben mal endlich einfach zu werden - irgendwann in Kürze vielleicht. Vertan, vertan!

OB

Dem Gespräch über die Neunaugenjagd lauscht Floris nur mit halbem Ohr, zu weit ist dieses Thema von seinem eigenen Erfahrungs- und Erlebnisschatz entfernt. Das Verhalten der Norbardin, die ihm gegenüber sitzt, nimmt er hingegen wahr. Sie neigt den Kopf, wischt sich über die Stirn. "Ist Euch nicht wohl?" fragt er mitfühlend.

MvZ

Zaünin fährt herum und mustert Reska. Gibt es hier etwa einen medizinischen Notfall, und sie hat es nicht mitbekommen?

OHH

Aufschreckend lässt Reska die Hand auf den Tisch niederfallen. Nach kurzem Blinzeln, welches weniger mechanisch und dafür hektischer wirkt als man es von Zaünin kennt, zucken die Mundwinkel wie zu einem dankenden oder entschuldigenden Lächeln, derweil der Blick zwischen den drei Tischgefährten mit Schwerpunkt auf Floris umherirrt. "Ich... hatte nur eben... eine etwas unangenehme Erinnerung..." Dies trifft es in jedem Falle, ja. Ein Gruß aus der Vergangenheit, welcher die Gegenwart oder eher die baldige Zukunft wesentlich beeinträchtigen mag. Während des Zurücklehnens neigt Reska das Haupt wechselweise zu den Seiten, was leises Knirschen im Nacken hervorruft.

OB

"Das tut mir leid", antwortet Floris der Norbardin und versucht mit einer beiläufigen Bemerkung von den Erinnerungen abzulenken: "Ich hoffe, es lag nicht am Fisch."

MvZ

Fisch? Der ist doch noch gar nicht gebracht worden! Zaünin blickt zwischen Floris und Reska hin und her in dem Versuch, der Unterhaltung zu folgen.

OHH

Fisch? Reska hat doch noch gar keinen gegessen! Doch dann hellt sich das verdutzte Gesicht verstehend auf: Er meint offenkundig die Neunaugengeschichte! Lächelnd winkt Reska ab und schüttelt den Kopf.

VW

Horathio ist bei dem Knirschen kurz zusammengezuckt und schüttelt sich innerlich. Dieses Geräusch hört sich nach seinem Geschmack viel zu sehr nach dem Brechen von kleinen Knochen an, und damit verbindet er nun wirklich keine schönen Erinnerungen. Kurz kneift er die Augen ein wenig zusammen. Kann es sein, dass die Tischgefährtin eben irgendwas gesehen hat, das sie zu dieser Bemerkung veranlasst hat? Aber wenn, ist dieser Augenblick sicherlich schon wieder vorbei. Er selbst kennt diese Augenblicke nur zu gut. Jemand an der anderen Seite des Raumes führt eine unschuldige Bewegung aus, und er selbst hat sofort Bilder und Erinnerungen im Kopf, die er schon längst verschwunden glaubte. Und dann gilt es, einen ganzen Abend lang die Eindrücke wieder aus dem Kopf zu bekommen.

MvZ

Zaünin ist ob der Geste Reskas weniger alarmiert, behält aber ihre verdrehte Position auf dem Stuhl vorsichtshalber bei, um die Norbardin mit beiden Augen im Blick zu behalten.

OHH

Nun fühlt sich Reska aber doch ein wenig angestarrt - weniger von den beiden aufmerksam gewordenen Herren als von dem vorgeblichen Kräuterweiblein, dessen Blick nun unwillkürlich fragend erwidert wird.

OB

Lächeln und winken - wenn die Norbardin das wieder kann, dann geht es ihr offenbar nicht allzu schlecht. Also kann sich auch Floris wieder beruhigen - nicht, dass er ernsthaft beunruhigt gewesen wäre. Beiläufig schaut er zu der Frau, die nun an die Theke getreten ist und offenbar dem Wirt etwas mehr zu erzählen hat.

MvZ

"Seid Ihr sicher, dass es Euch gut geht?" Zaünin neigt ihren Kopf zur Rechten und beäugt Reska weiterhin - jetzt schräg - auf der Suche nach Anzeichen einer Erkrankung.

OHH

Irgendwas ist ja immer - aber ungut muss es einem deswegen ja nicht zwingend gehen. Beispiel Nackenverkrampfung - lästig und unangenehm, jedoch erträglich und nicht weiter der Rede wert erscheinend. Kurz huscht Reskas Blick wieder zu Floris, der Vinizarah am Tresen begutachtet. Sollte er womöglich eine Ahnung haben, was Reska so in Unruhe versetzt hat?
Wieder mit dem Augenmerk auf Zaünin, wird jener erwidert: "Inwiefern?" Denn irgendwie ist der Eindruck entstanden, sie könne vielleicht etwas ganz anderes meinen als Vinizarahs aufwühlenden Einfluss. Nackenverkrampfung zum Beispiel. Dies sollte man erst einmal herausfinden, bevor mit voreiligen Antworten in irgend falsche Richtung gelenkt wird.

MvZ

Nach einer längeren Pause, in der Zaünin überlegt, was Reska mit 'inwiefern' gemeint haben könnte, sagt sie schließlich das, was ihr selbst offensichtlich erscheint: "In Bezug auf Euer körperliches und seelisches Wohlergehen; zwei Dinge, die nicht selten miteinander verwoben sind."

VW

Horathio schreckt aus seinen Gedanken: "Wo waren wir gerade?"

OHH

Ein dankbares Lächeln umspielt Reskas Lippen bei den wohlmeinenden Worten der Heilerin. "Gut genug" ist ein Kompromiss zwischen Wahrheit und dem Drang nach fortgesetzter Verschleierung.
Bei Horathios Wiedererwachen ziehen sich die Mundwinkel belustig noch weiter auseinander.

MvZ

Zaünin gibt sich mit Reskas Antwort vorerst zufrieden. Horathios Frage beantwortet sie zielsicher mit: "Im Gasthaus Zum grünen Eber."

OB

Bei Horathios Bemerkung und vor allem bei Zaünins Antwort darauf muss Floris glucksen. "Wenn dir DAS entfallen sein sollte", sagt er schmunzelnd zu seinem Reisebegleiter, "wäre das schon etwas... besonders."

OHH

Wie schön, dass Zaünin ist, wie sie ist! Dies bietet Entlastung ebenso wie neuerliche Belustigung. Jedenfalls sieht es so aus, als könne sich Reska wieder gesprächsbezüglich in den Hintergrund begeben, was durch ein entspanntes Zurücklehnen sogleich körperlich umgesetzt wird.

VW

Horathio lächelt den Tischgenossinnen zu: "Ich meinte, dass ich nicht mehr weiß, wo genau unser Gespräch stockte."

OB

"Ich glaube, es stockte... beim Fisch", greift Floris das Gesprächsthema wieder auf und fügt dabei zugleich dezent ein Wortspielchen ein.

MvZ

Zaünin reagiert auf das Wortspiel nicht. Es fällt ihr nicht auf. Stattdessen überlegt sie, ob das Thema Neunaugenjagd nicht abgeschlossen war. Ihr Blickt ruckt dabei zwischen Horathio, Floris und Reska hin und her.

VW

"Stimmt", erwidert Horathio mit einem Lächeln in den Augen, "und die Wirtsfrau wollte etwas über unsere Heldentat wissen, hat sich aber anlässlich des Fisches erst einmal wieder zurückgezogen."

OHH

Wirklich ein geistreicher Mensch, dieser Floris, so scheint es. Zumindest ist er mit feinerem Witz ausgestattet als man ihn allgemein auf den Landstraßen trifft.
Bei Horathios Worten überlegt Reska, wie wohl jener so sagenhaft große Fisch schmecken mag - vermutlich ähnlich wie jeder andere. Sofern es hier im Hause welchen gibt, wird es gewiss eher kein Stück Neunauge sein.

OB

"Dann sollten wir trotzdem jetzt überlegen, wie wir unsere Heldentat aufbauschen können", erwidert Floris mit einem lausbubenhaften Grinsen.

MvZ

Bei dem Gerede über Fisch und Fische kommt Zaünin der Gedanke, dass sie seit über zwanzig Jahren kein Neunauge mehr gegessen hat. Sie versucht, sich an den Geschmack zu erinnern, aber so ganz will ihr das nicht gelingen. Nach einer erfolgreichen Jagd gab es monatelang Neunauge zu jeder Mahlzeit. Gekocht, gegrillt, püriert, als Hauptgang oder als Beilage in Verbindung mit den unterschiedlichsten anderen Speisen. In solchen Zeiten versuchte man eher, den Geschmack zu verdrängen. Sie erinnert sich aber, dass es ganz anders schmeckte als andere Fische. Natürlich kann man auch den Geschmack einer Forelle nicht mit dem von Lachs vergleichen. Aber Neunauge hat etwas fundamental anderes an sich, auch von seiner Konsistenz.
Heldentat aufbauschen? Zaünin hat den Eindruck, mal wieder den Gespächsfaden verloren zu haben.

OHH

"Welche?" gibt Reska Zaünins wie der eigenen Unklarheit Laut. Möglicherweise geht es um etwas anderes als das Umherrollen der Fässer? Jedenfalls ist nicht auszuschließen, dass Reska mal wieder nicht hinreichend aufgepasst hat. Gemütlichkeit macht auch schläfrig. An einem Ort wie diesem mag das auch kein weiteres Problem darstellen. Vermutlich ist mit nichts Gefährlicherem zu rechnen, als dass irgendwo ein Becher umstürzt.

OB

VW

MvZ

OHH

Wird fortgesetzt...


Ausschnittliste / anwesende Gäste / Lageplan

Redaktion und Lektorat: Oliver H. Herde im Jahre 2023/24