Kurzbesuch aus heimatlichem Norden
Verfasser: Oliver Baeck, Oliver H. Herde und andere
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Da gehen sie hin - oder besser enteilen schnurstracks den Schankraum entlang und die Treppe hinauf. Zunächst etwas gedankenleer blickt ihnen Reska nach. Vor allem die Bewegungen Zaünins und des Kapuzenträgers ziehen die Aufmerksamkeit an. Hier die kleinen schnellen Schritte, dort der wallende Mantel. Zwei auf verschiedene Weise verhüllte Gestalten, die es wohl beide noch ohne ihre Verkleidungen zu sehen geben wird.
Ob Reska auch noch folgen und nach Urszula sehen sollte? Besser nicht. Allzu leicht könnte dies zu einer unliebsamen Störung ausarten, sei es wegen der doch eigentlich bevorzugten Ruhe, sei es, weil Urszula gerade mit etwas ganz anderem Ungeahnten beschäftigt sei. Womöglich hat sie in unbeobachtetem Moment irgend etwas von der Signora erhalten, das sie nun heimlich studiert?
OB
Floris schaut mit erstauntem Blick an das andere Ende des Schankraums.
VW
Horathtio hebt an zu einer Antwort, als ihm der Blick seines Begleiters auffällt. Irritiert folgt er diesem, ist aber nicht sicher, was es da zu sehen gäbe.
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Sicherlich sind all diese Gedanken um Urszula überreichlich phantasievoll, doch ihr Benehmen lässt eben immer wieder einmal derlei zu, fordert es geradezu heraus, wenn man länger mit ihr unterwegs ist. Gegenüber weniger intensiven Bekanntschaften spielt sie ihre Rolle fraglos hervorragend. So sehr, dass selbst Reska nicht sicher ist, was Teil der Rolle und was wirklich ist.
Auf einmal wird der etwas leere Blick in den Schankraum von zwei anderen eingefangen. Jene zwei Herren am Tresen schauen herüber - der eine eher unverbindlich ratlos, doch der andere wirkt beinahe, als habe er in Reska ein Gespenst entdeckt. Aufmerksam heben sich die Brauen. Fast scheint es dabei, sie zögen den Rest des Kopfes um ein weniges mit empor.
OB
Ohne seinen Blick von der Gestalt am anderen Ende des Schankraums abzuwenden, antwort Floris halblaut auf die ungestellte Frage seines Begleiters: "Ich glaube, dort drüben sitzt eine Norbardin."
Und wie es aussieht, schaut sie auch gerade in seine Richtung. Also wird sie zumindest auf die Entfernung schon einmal mit einem höflichen Nicken gegrüßt, damit es nicht wie ein grobes Starren wirkt.
OHH
Möglicherweise hat jener verwunderte Herr ja nur ein Problem mit Reskas Frisur, worin er hierzulande nicht der erste wäre. Immerhin grüßt er freundlich, also kann man dies ebenso erwidern - mit einem leicht belustigten Lächeln als Bonus.
OB
Das Nicken der Norbardin scheint Floris als Einladung zu verstehen. Er sagt halblaut zu seinem Begleiter "Einen Moment", dann erhebt er sich von dem Hocker, auf den er sich doch gerade erst gesetzt hat. Mit gemessenen, aber doch zielstrebigen Schritten macht er sich auf den Weg quer durch den Schankraum. Dabei bewegen sich seine Lippen leicht.
OHH
Na sowas! Einer der beiden setzt sich in Bewegung und naht heran. Reska begleitet die Erkenntnis mit emporgezogenen Augenbrauen. Ob ihn wohl lediglich die Neugier treibt oder er ein bestimmtes Anliegen hat? Man wird es ja gleich erfahren.
Erst etwas verzögert bemerkt Reska die sich leicht bewegenden Lippen. Hoffentlich ist das kein Magiebegabter, der einen Spruch vorbereitet! Dann hilft die Molokdeschnaja in der Nähe weniger als ein beherzter Sprung. Allerdings sind keine begleitenden Gesten zu erkennen. Vermutlich redet er lediglich mit sich selbst oder schlimmstenfalls mit jemand Abwesendem.
OB
Die sorgenvolle Frage seines Begleiters scheint Floris völlig zu überhören, offenbar ist er auf etwas anderes konzentriert.
Als er am Tisch der Norbardin angekommen ist, legt er seine Hände auf die Stuhllehne ihr gegenüber, neigt grüßend den Kopf und sagt: "Nahjuninur." Der Blick ist freundlich, aber zugleich etwas fragend. Ähnlich wie der Tonfall. Hat er den norbardischen Abendgruß richtig ausgesprochen?
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Demnach hat der Neuankömmling nur im Geiste geübt. Erfreut über die Mühe mit der aus seiner Sicht fremden Sprache, welche stets eine besondere Höflichkeit bedeutet, erwidert Reska den Gruß lächelnd mit einem begleitenden Zunicken. Ob er einen Fehler gemacht hat, kann er daraus nicht ablesen, sondern allenfalls allein aus der ohne jeden lehrerhaften Anspruch gesprochenen Entgegnung.
Dann folgt ein neugieriger, offener Blick mit emporgezogenen Brauen. Vielleicht hofft der Mann auf Nachrichten aus dem Norden?
OB
Bei der lächelnden Erwiderung entspannt sich Floris sichtlich. So wagt er es auch, seine Rede in der fremden Sprache fortzusetzen: //Ich heiße Floris aus der Meschpoche Wackarnow. Ich stamme aus der Stadt Festum.//
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Demnach ist dieser Floris Wackarnow wohl schon länger aus seiner Heimat fort - oder noch nie dort gewesen, wenn er mit seiner mutmaßlichen Muttersprache ein anscheinend unsicheres Verhältnis hat. Solch Offenheit beantwortet man ungern mit Schwindeleien. Doch welche Verpflichtung außer wohlwollend freundlicher Höflichkeit hat Reska dem Fremden gegenüber denn bislang! Womöglich entspringen die Skrupel lediglich eigener Unsicherheit über die weitere Rolle im Leben.
//Reska Bagoltin aus der Grünen Ebene// muss in seiner mittelländischen Kürze als Erwiderung vorerst genügen. Eine beiläufige Handbewegung läd zum Niederlassen ein, so der Mann darauf aus sei, obgleich das einstweilige Fortbleiben seines Begleiters eher dagegen spricht.
OB
Floris folgt der glücklicherweise kurz und simpel gehaltenen Antwort der Norbardin mit einer Miene, die zugleich Konzentration und Freude ausdrückt. Die einladende Geste nimmt er bereitwillig zum Anlass, sich auf den Stuhl, an dessen Lehne er sich bis eben festhielt, dann auch hinzusetzen.
//Ich habe gesehen deinen Elch im Stall//, sagt er mit einem fast glückseligen Lächeln. Offenbar ist er in der Grammatik des Alaani nicht ganz firm.
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Auf jeden Fall ist es schon mal angenehm, nicht länger zu einem Stehenden aufschauen zu müssen.
Der nachfolgenden Meldung zufolge scheint der Mann eine kindliche Freude daran gehabt zu haben. Dies ermuntert Reska viel mehr als die kleinen Fehler im Satzbau, über welche sich leicht hinwegsehen lässt. Was aber mag er damit ausdrücken wollen? 'Schön' wäre eine mögliche Antwort, jedoch wenig hilfreich und eher beschwichtigend. Statt dessen bietet sich //Und?// viel mehr an, wenn man den Grund dieser Eröffnung erfahren möchte. Immerhin ist der Tonfall der Rückfrage sehr freundlich, wenn auch ein wenig heiser klingend.
OB
Zum Glück sind die Antworten Reskas kurz und gut zu verstehen. Dadurch kann sich Floris darauf konzentrieren, das in Worte zu fassen, was er ausdrücken will.
//Ich habe mich gefreut sehr. Ich habe gesehen keinen in zwanzigundfünf Jahren. Und dann... hier!// Das letzte Wort ist von einer leicht hilflos rudernden, ausholenden Geste begleitet - offenbar fehlen ihm die Worte für 'ausgerechnet im Lieblichen Feld, so tief im Süden' oder ähnliche Begriffe.
OHH
So mag Floris in einem ähnlichen Alter den Norden verlassen haben wie Reska. Still wird vor sich hin geschmunzelt über das Gedankenbild, welches er und Reskas bester Freund im Stall abgegeben haben mögen.
Wenn sie sich jetzt jedoch nicht anschweigen wollen, sollte Reska wohl die dem Halse wohltuende Einsilbigkeit vernachlässigen und noch eine weitere Frage stellen, da Floris von sich aus so viel weniger mitteilt als die meisten Menschen. Oder liegt das vielleicht nur an der fremd gewordenen Sprache? //Und was hat dich hierhergeführt?// Mit der Tür ins Haus zu plumpsen, erspart viel Zeit - und viele Silben.
OB
Kurz setzt Floris an, auf seinen Begleiter an der Theke zu weisen - aber noch rechtzeitig fällt ihm der Unterschied zwischen 'Wer' und 'Was' wieder ein. Reska fragt also nicht nach dem Reisegefährten, sondern dem Reiseziel oder Reisezweck. Wieder etwas Kompliziertes, in jeglicher Hinsicht.
//Wir besuchen Tempel//, kommt es etwas unbeholfen, offenbar bei jedem Wort nach einem passenden - und im Wortschatz vorhandenen - Ausdruck suchend.
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Tempel sind für Norbarden gemeinhin weniger interessant. Den der Mokoscha in Festum hat Reska nur einmal als Kind besucht und kaum Erinnerung daran. ALle anderen genügt es gewöhnlich, von außen zu betrachten.
Hier muss man also nicht weiter nachfragen. Dennoch will Reska sich den armen Mann nicht länger abquälen lassen und bietet unvermittelt an: "Lieber Garethi?"
OB
"Bin ich SO schlecht?" gibt Floris zurück - allerdings eher amüsiert als enttäuscht. "Ihr sprecht gewiss besser Garethi als ich Alaani. Und falls die Gesellschaft an diesem Tisch wieder größer wird, ist es jedenfalls höflicher gegenüber den anderen."
OHH
Jene wohl nicht ganz ernste Frage wird mit einem sachten Kopfschütteln verneint, das bei der folgenden Vermutung zaghaft in ein zunächst kaum sichtbares Nicken übergeht, bis selbiges die letzte Feststellung bestätigt. Unwillkürlich blickt Reska kurz zum Tresen, wo der wahrscheinlichste sichtbare Erweiterer der Tischgesellschaft steht. Mit ihm und den beiden Bettumorganisierern sowie womöglich Urszula, sollte sie von den Kopfschmerzen auferstehen, könnte der Tisch allerdings voll besetzt werden.
OB
"Aber nun möchte ich auch fragen", fügt Floris an, "was Euch samt Elch so tief in den Süden führt."
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Natürlich könnte man sich bei immer gleicher Frage dennoch unterschiedliche Antworten ausdenken, doch da stets der Fragesteller wechselt, erscheint dies eigentlich kaum nötig außer vielleicht zur eigenen Abwechslung: "Eine bornische Adelige." Wobei es eigentlich unklar ist, wer wen führt - beziehungsweise dies je nach Situation wechselt. Da Reska aber weitere Nachfrage erwartet, würde jetziges Schweigen weiteres Sprechen lediglich hinausschieben. "Sie besucht eine Tante."
OB
"Potzblitz", staunt Floris. "Jetzt auch noch eine weitere Reisende aus dem Bornland." Kurz schaut er sich suchend - aber vergeblich - in der Gaststube um, während er im Geiste mögliche Verwandtschaftsverhältnisse durchblättert. "Ist sie aus der Mark? Oder aus dem Festenland? Oder gar aus Sewerien?"
OHH
"Niedernebensjepengurken", gibt Reska aus dem Hörgedächtnis wieder, wobei plötzlich auffällt, dass Urszula sich immer Freiin genannt hat, nicht Baronin. Unwillkürlich geht daher auch Reskas Blick vom Tische fort und zur Treppe, wohin die falschinformierte Kaputzengestalt vorhin entfleucht ist. Ob man das noch aufklären sollte? So wichtig ist es ja wohl eigentlich nicht.
So kehrt das Augenmerk wieder zum rührend erregten Tischgefährten zurück.
OB
"Sewerien", nickt Floris und setzt mit einem leichten Lächeln hinzu: "Hinterstes Sewerien. Da werde ich die Dame eher nicht kennen, weiter weg von Festum geht es kaum noch. Und sie hat eine Tante hier?"
VW
Siona steuert somit nun den langen Tisch an, an dem sich einer der beiden Neuankömmlinge niedergelassen hat. In höflicher Distanz bleibt sie stehen, um das laufende Gespräch nicht zu stören, und wartet ab.
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Nun liegt Reska ein 'So heißt es' auf der Zunge. Statt dessen wird genickt und mit den Achseln gezuckt. Urszulas Undurchschaubarkeit in manchen Dingen mag er noch früh genug selbst mitbekommen.
Just erscheint die Wirtin, was Reskas Blick abermals vom Gesprächsgefährten ab- und diesmal hinauflenkt.
OB
Viel Gespräch läuft nicht, das durch die Wirtin unterbrochen werden könnte - und so wendet sich Floris ihr erwartungsvoll zu. "Habt Ihr ein Zimmer für meinen Begleiter und mich, gute Frau?"
VW
Siona lächelt: "Mittlerweile habe ich ein Doppelzimmer. Allerdings müsstet Ihr Euch noch ein kleines Bisschen gedulden, bis es Euch zur Verfügung steht, der Herr. Das wäre direkt das erste Zimmer auf der linken Seite. Zimmer eins."
OB
"So eilig ist es damit ja auch nicht", winkt Floris mit freundlichem Lächeln ab. "Aber wo das fürs Erste geklärt ist, könnte man zur Bestellung schreiten..." Er schaut zu seinem Begleiter an der Theke - aber der ist im Moment selbst im Gespräch mit der Stallmagd.
VW
Bestätigend nickt die Wirtsfrau: "Was darf ich denn bringen?"
OB
Floris schaut etwas ratlos. Vage hat er in Erinnerung, vorhin am Tresen eine Tafel gesehen zu haben, aber durchgelesen hat er sie sich bisher noch nicht. Außerdem steht noch immer die Entscheidung aus, wohin sich er und sein Begleiter setzen wollen - der Abstecher hier an den Tisch zur Norbardin war schließlich erst einmal nur seine eigene Idee. Fragen über Fragen, und die Antwort findet sich gewiss nicht hier.
Also lächelt der Schwarzgekleidete der Wirtin kurz freundlich zu: "Am besten begleite ich Euch noch einmal zum Tresen, um zu schauen. - Ihr entschuldigt mich", fügt er an die Norbardin gewandt hinzu.
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Etwas überrumpelt wegen des plötzlichen Aufbruchs schaut Reska den Scheidenden für einen Moment mit halboffenem Mude an. Dabei war soeben die Gegenfrage zurechtgelegt, was denn ihn so weit in den Süden führe. Irgendwann wird sich Reska mal entscheiden müssen, wie das mit der Einsilbigkeit weitergehen soll - und allem anderen.
Ohne die sich weiterhin nicht bewegenden Lippen zu bewegen, wird dann eben genickt. Es gibt nichts, womit Reska den Mann von seinem Vorhaben sinnvoll abhalten könnte. So oder so werden gewiss bald wieder Plätze am Tisch besetzt sein.
VW
"Gerne." Siona nickt noch einmal der Elfe zu, dann wendet sie sich in Richtung Theke.
OB
Mit einem Nicken erhebt sich Floris nun und folgt der Wirtin Richtung Theke, allerdings mit sehr viel gemächlicheren Schritten.
OHH
Noch sitzt Reska nicht lange allein am Tisch, da erscheinen auch schon der kapuzinierte Dharain und Zaünin auf der Treppe. Allerdings wenden sie sich zunächst jeder für sich anderen Zielen zu, also kann man sich ebensogut auch wider der Teekanne widmen, die hier noch ein bis zwei Becher warmen Inhaltes bergen mag. Da es gerade nichts weiter zu tun gibt, könnte man eigentlich auch schon wieder etwas bestellen. Eine Gelegenheit ist ja gerade verpasst worden, weil Reska sich noch abgelenkt im Gespräch wähnte. Nicht so wichtig. Erst einmal wird der Tee hinreichend Beschäftigung bieten.
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Redaktion und Lektorat: Oliver H. Herde im Jahre 2023