Eier und andere Kinder

Verfasser: Matthias von Zedlitz, Oliver H. Herde, Ralf Büngener und andere

MvZ

Bei Reskas versonnenem Lächeln auf Janas verlautbarte Absicht hin, bald abreisen zu wollen, fragt sich Zaünin, ob da wohl ein Zusammenhang bestehen könnte. Es wäre allerdings wohl unhöflich, Reska in Janas Beisein danach zu fragen. Stattdessen gibt sie lieber etwas Unverfängliches in die Runde: "Habt Ihr Kinder?"

VW

Kurz zieht sich Sionas Augenbraue nach oben, dann fällt ihr auf, dass die Frage sicherlich nicht für sie bestimmt ist. Kurz blickt sie noch zur Signora, weil sie nicht weiß, ob noch irgendwelche Fragen ihrer harren.

RB

"Oh, so bald?" Die Signora ist überrascht. Sie hätte lieber noch etwas länger gewartet, ob ihre Kutsche nicht doch kommt. Aber die Gefahr, heute gar nicht bis Vinsalt zu kommen, will sie auch nicht eingehen. "Dann sollte ich mich auch mal fertig machen. Könnte Alrik vor der Abfahrt noch meine Kiste aus dem Zimmer holen?" Bei diesen Worten ist Jana schon aufgestanden und wendet sich an die Damen am Tisch: "Bitte entschuldigt mich, offenbar reise ich doch früher ab als befürchtet."

VW

Siona nickt ein wenig überrumpelt. "Wisst Ihr was, ich frage gerade mal bei Alrik nach, wann sich die Männer genau auf den Weg machen, und sage ihm wegen der Kiste Bescheid. Sobald ich mehr weiß, sage ich Euch Bescheid."

OHH

Fast wirkt Reska bei Zaünins Erkundigung ein wenig erschrocken, dann etwas verlegen. Der Blick geht in die Runde, ob vielleicht eine der Damen darauf etwas erwidern möchte, als die einheimische derer unvermittelt aufspringt. Letzteres wird Urszula wohl nicht besonders gefallen - wenn sie aus ihrem Morgenschlummer aufschreckt. Jedenfalls ist damit das Kinderthema für den Moment vergessen. Freundlich bedauernd wird der Dame zugenickt. Allerdings liegt die Vermutung nicht gar zu fern, dass sie sich auf der Wirtin Vorschlag hin doch wieder setzen oder in Kürze noch einmal zurückkehren könnte.

RB

Nachdem Jana sich bei den Damen am Tisch verabschiedet hat, wendet sie sich wieder der Wirtin zu: "Klingt gut. Ich werde derweil meine Sachen packen, dann kann Alrik die Kiste aufladen, wann immer er bereit ist. Wenn ich fertig bin, komme ich wieder herunter, ich kann dann ja hier warten."

VW

Siona nickt der Dame noch zu, dann steuert sie auch schon in Richtung Theke.

MvZ

Zaünin ist nicht böse, dass ihre Frage unbeantwortet bleibt. Die Sache mit der Abreise scheint auch ihr deutlich wichtiger zu sein. So beobachtet sie einfach nur und dreht Däumchen dabei.

OHH

Still nickt Reska sich selbst zu: Die Dame wird wie vermutet vor der Abreise nochmal wiederkommen. Momente lang bleibt der Blick auf jene gerichtet, bis die winzige regelmäßige Bewegung zur Rechten auffällt. Däumchen drehen - wird dies hier am Tische womöglich die nächste Weile bestimmen, wenn auch Dame Jana entschwunden ist und Urszula weiter geräuschlos vor sich hin ratzt?

RB

Ohne weiteren Verzug schreitet die Signora am anderen besetzten Tisch vorbei durch den Schankraum zur Treppe und beginnt, nach oben zu steigen.

MvZ

Nachdem die wichtige Entscheidung Janas, ob sie jetzt gleich abreisen will, mit der Konsequenz gefallen ist, dass sie dringend den Frühstückstisch verlassen musste, und wieder Ruhe in der Damenrunde eingekehrt ist, greift Zaünin ihre zuletzt gestellte Frage wieder auf, indem sie sie zum Einstieg selbst beantwortet, ohne mit dem Däumchendrehen aufzuhören: "Ich habe zwei Söhne, aber die sind schon erwachsen."
Ihre Beine, die für den Stuhl, auf dem sie sitzt, zu kurz sind, baumeln derweil unter dem Tisch.

OHH

Reska lächelt warmherzig auf Zaünins Worte hin. "Kinder sind etwas... Wunderbares..." Es gehört sich, nun auch endlich auf die beinahe vergessene zu antworten: "Ich habe keine." Ein Bedauern ist herauszuhören. Doch Reska ist ja noch jung.

MvZ

Mit einem aufmunternden Ton in der Stimme sagt Zaünin: "Das kann ja noch kommen."
Einen attraktiven Menschenmann für den Fortpflanzungsakt zu finden, wäre schon mal ein guter erster Schritt. Aber das weiß Reska selbst. Die Erkenntnis, wie wenig Zaünin über Norbarden weiß, und welch vielfältige Familienformen sie schon bei den Menschen erlebt oder zumindest erzählt bekommen hat, verleitet sie zu der Frage: "Seid Ihr monogam?"

OHH

Ja, das mag noch kommen; Reska nickt und lächelt teils gerührt von der Heilerin freundlicher Anteilnahme, teils nachdenklich, ohne zu ahnen, wie dicht jene sich einem gewissen Hauptproblem annähert.
Bei der Frage jedoch muss Reska mit einem verwirrten Blick antworten. Bei allen Sprachkenntnissen, welche in der Zeit der Stummheit so besondere Ironie zur Situation beisteuerten, kann man doch nicht jedes altbosparanische Wort kennen - falls dies eines davon sein sollte. "Monowas?"

MvZ

Schade, das Wort ist so treffend für das, was Zaünin meint. Aber als ein Hesinde-Geweihter es ihr beibrachte, hatte sie schon so ein Gefühl, dass es im Allgemeinen eher ungebräuchlich sein könnte.
"Monogamie ist, wenn zwei Menschen... Wesen ein Paar bilden und bleiben. Wenn man Kinder haben will, sollte das vorzugsweise eine Frau und ein Mann sein. In meinem Dorf ist das die Ausnahme. Da kennt man auch keinen Traviabund."

OHH

"Ach so, ja, nein..." stolpert Reska zusammen, um dann fast kameradschaftlich zu erklären: "Das ist bei uns Norbarden auch so." Bei manchen mehr, manchen weniger.

MvZ

Zaünin ist leicht verwirrt von Reskas Aussage. Bevor sie falsche Schlüsse zieht, fragt sie lieber noch einmal nach: "Was ist bei Euch auch so? Dass Ihr keinen Traviabund kennt oder dass Ihr Paare bildet?"

OHH

"Ja, nein, genau..."
Es ist wohl besser, erst die Gedanken zu sortieren, bevor man antwortet. Natürlich muss man Paare bilden, nur eben nicht unbedingt dauerhafte. Wobei sich Reska für sich selbst auch solches Vorstellen könnte. Blanke Theorie, das alles!
"Ersteres", wird schlussendlich mit einem entschuldigenden Lächeln zur Aufklärung mitgeteilt.

MvZ

Nach einer kurzen Überlegung, was sie selbst als erste Möglichkeit genannt hat, sagt Zaünin: "Das ist ja interessant." So ungeregelt, wie es in ihrem eigenen Dorf zugeht, hat sie es bei den Menschen selten erlebt. Die meisten scheinen der Meinung zu sein, dass es nur eine richtige Form der Familie oder Lebensführung gibt. Unabhäng davon, welche das ist, ächten sie häufig alle anderen.
Wieder in einem aufmunternden Plauderton rät sie Reska: "Dann braucht Ihr Euch ja nur möglichst oft mit einem oder mehreren Männern zu paaren."

OHH

"Äh... Ja." Es ist nicht lediglich blanke Verlegenheit, was Reska zögern lässt. Die Richtigkeit von Schlussfolgerungen hängt nun einmal vom Kenntnisstand ab. Fehlen wichtige Grundinformationen, baut die gesamte Argumentations- oder Entscheidungskette auf unvollständigen Voraussetzungen auf. Doch kann man dies Zaünin nun wirklich nicht zur Last legen. Sie glaubt, was sie sieht, und dies war ja nun von jeher Reskas Absicht - beziehungsweise die vielleicht blöde, doch einige Zeit lang halbwegs praktikable Wahnidee dieses ollen Einhändigen. Wer weiß, wo Reska ohne dies nun stünde. Oder säße: mangels besserer Idee in der endgültigen Patsche womöglich. Über die endlos hohe Stirn wischend, sucht Reska den verlorenen Gesprächsfaden. Richtig, es hat wenig Sinn, die Heilerin als erste über das so lange gehütete Geheimnis aufzuklären - natürlich nur das eine, nicht das andere irgendwie noch viel peinlichere. Hierfür scheint Urszula momentan als die Geeignetste, da sie zur Zeit die Vertrautetste ist. Ein Seitenblick auf jene versichert Reska deres weiteren Schlummerns.
Eventuell wäre es klug, den Spieß wieder umzudrehen und Zaünin auf den Zahn zu fühlen, doch fehlt Reska hierfür gerade jeglicher Ansatz. 'Konzentriere dich!'

MvZ

Zaünin ist ob Reskas Zustimmung hinreichend davon überzeugt, dass sie verstanden wurde. Sie greift zur Teekanne und füllt ihren Becher wieder auf, blickt dann mit der Kanne in der Hand Reska an: "Ihr auch?"

OHH

Nun, die gute Zaünin legt ja eine erfrischend offene Art an den Tag, dass es Reska gleich ein wenig fröstelt! Gewiss liegt das an ihrer Profession, welche mit solch eigentlich natürlichen Dingen so verfahren muss, um jemandem überhaupt helfen zu können.
Mit etwas aus Verlegenheit verzogenen Lippen lautet die zögerliche, halblaute Antwort: "Ich hatte noch nicht das Vergnügen." Nebenbei schiebt Reska den eigenen Becher der Kannebewährten entgegen, ist doch der Hals ob des Themas schon längst ausgetrocknet.

MvZ

Zaünin sieht Reska mit schiefgelegtem Kopf an. Sie hatte noch nicht das Vergnügen Tee zu trinken? Oder meint sie das Vergnügen, dass ihr jemand den Becher füllt? Während die Heilerin eingießt, reift die Erkenntnis in ihr, dass sich die Aussage auf das vorherige Thema beziehen muss, das vielen Menschen peinlich ist, in manchen Kulturen gar tabuisiert wird. Sie stellt die Kanne ab und zuckt mit den Schultern.
"Das macht keinen Unterschied. Wenn Ihr Paarungsbereitschaft signalisiert, werden die Männer schon kommen und um Euch werben. Ich weiß nur nicht genau, ob es hier kulturelle Besonderheiten gibt, wer sich mit wem paaren darf. Das ist in manchen Ländern kompliziert, vor allem in großen Städten. Da fragt Ihr am besten mal..."
'Domna Jana', wollte Zaünin sagen, aber die ist gerade dabei, abzureisen. Bei den anderen Gästen ist sie teils unsicher, ob sie einheimisch sind.
"...die Wirtsleute oder Dom Avessandro oder Domna Myrana.“

OHH

Diesmal wird die Stirn etwas angestrengt mit den Fingerspitzen gerieben. Wenn Zaünin wüsste, was sie da redet! Ja, Frauen haben es in solcher Beziehung gewiss leichter als Männer - was bereits einen Teil des Nebenproblems darstellt. Tatsächlich scheint die Heilerin jenen Bereich bereits voll erfasst zu haben. Mit wildfremden Leuten über derlei zu sprechen, erscheint hingegen nicht gerade verlockend und wenig aussichtsreich, wenn Reska nicht mit allem Dazugehörigen auftischen will. Lediglich bei Avessandro könnte der Fall anders liegen. Er - oder sie - wäre vielleicht genau die richtige Person für solch eine verfahrene Geschichte. Zumindest, solange er kein Theaterstück daraus schreibt.
"Mag sein", kommt es zögerlich und ausweichend heraus.

MvZ

Zaünin bemerkt die Unsicherheit in Reskas Antwort und denkt an ihr eigenes Echsenmenschendorf, das sie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr gesehen hat. Ach, was war es dort unkompliziert! Elimja war ein stattlicher Echs, hilfsbereit, nett, wenn auch manchmal ein wenig ungeschickt. Und er war bereits Vater von zwei Kindern verschiedener Mütter. Also ging sie zu ihm und fragte, ob er sich mit ihr paaren würde, als sie selbst Nachwuchs haben wollte.
"Wenn es nicht eilig ist und Ihr bald wieder in Eure Heimat reist, könnt Ihr natürlich dort die Männer fragen. Das hätte den Vorteil, dass Euch die Sitten bereits bekannt sind."

OHH

Es ist wirklich eine kluge kleine Frau, diese Zaünin - bei allen Seltsamkeiten. Ohnehin scheinen meist die wunderlichsten Menschen auch die tief verborgen weisesten zu sein, wohingegen die angepassten ja nur kopflos mit der Masse mitlaufen.
Dennoch kann der Rat Reska nicht recht weiterhelfen. Der Grund hierfür darf immerhin gefahrlos genannt werden; dies hat die Heilerin auch verdient. "Ihr habt recht. Aber vermutlich nicht so bald. Ich habe mich mit meinem Vater verworfen." Nun klingt die Stimme wieder rauher.

MvZ

"Das ist bitter." Familiäre Zerwürfnisse kennt Zaünin auch eher von Menschen als von zu Hause. Die familiäre Verbindung scheint bei den Menschen wichtiger und stärker zu sein, weshalb es auch so fatal ist, wenn ein Menschenkind ohne Familie aufwächst. Insbesondere fasziniert Zaünin, für wie wichtig oftmals die Väter gehalten werden oder sich selber halten. Tja, wäre Reska eine Echse, würde sie dieser Familienzwist nicht davon abhalten, nach Hause zurückzukehren und sich einen Mann zu schnappen, um ein Ei zu legen. Aber sie ist nunmal ein Mensch.
"Vielleicht beruhigt er sich ja wieder. Oder Ihr könnt woanders hinziehen."

OHH

Ob der Erinnerungen ist Reska zunehmend eingesunken und sitzt nun recht krumm. Auch im Gesicht scheint alles ein wenig zu hängen. Das alles ist ja schon ein paar Jahre her, aber des Vaters Laune auszuprobieren, erscheint alles andere als verlockend. Warum sollte er seine Meinung geändert haben?
"Woanders bin ich ja nun..." sickert es müde aus den Lippen hervor.

MvZ

"Genau", bestätigt Zaünin in ruhigem Ton. "Woanders, aber nicht mehr bei den eigenen Leuten. Wenn Ihr nicht in der Nähe Eures Vaters leben wollt, könnte das trotzdem bei Eurem Volk sein. Aber wenn es Euch hier besser gefällt, solltet Ihr die Sitten und Gebräuche genau kennen, bevor Ihr Kinder in die Welt setzt."

OHH

Irritiert reißt Reska den Kopf empor und fragt: "Warum?" Zugegeben kommen rasch ein paar mögliche Antworten in den Sinn, die jedoch allesamt nicht wirklich befriedigen können.

MvZ

Zaünin gibt zu bedenken: "Wenn Ihr Euch mit einem Mann paart, dessen Gebräuche Ihr nicht kennt, landet Ihr vielleicht in seinem Harem. Oder Ihr hättet erst seine große Schwester um Erlaubnis fragen müssen und bekommt Ärger von seiner Familie. Ich kenne mich mit den hiesigen Paarungsriten nicht aus, aber ich habe schon von unterschiedlichsten Familienformen und Sitten gehört."

OHH

"Ach soo!" Sichtlich erleichtert entspannt sich Reska wieder. "Ich denke, so weit werden meine Kenntnisse schon genügen." Ein Harem - eine lustige Idee. Dazu fallen einem doch gleich mehrere bizarre Situationen ein!

MvZ

Zaünin blinkt zweimal mit den Augen. Sie ist sich nicht sicher, ob sie und Reska gerade aneinander vorbei geredet haben. Sie beschließt aber, dass - selbst wenn das der Fall sein sollte - es wahrscheinlich besser ist, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Ihr Blick fällt in ihren Teebecher und sie beginnt, leise in ihrer Zwitschersprache zu singen.

OHH

Nun sollte man eigentlich endlich die Gegenfrage stellen, und sei es aus Höflichkeit. Doch Reska ist durchaus auch daran interessiert, hingegen unsicher darüber, ob Zaünin schon oberflächlich davon gesprochen haben mag.
Die lustigen Geräusche lenken für den Moment die Überlegungen ab. Sichtlich interessiert sich vorlehnend und das Kinn auf die Hand stützend, lauscht Reska den Klängen mit einem zunehmend entspannten Lächeln.

MvZ

"Es verliert in der Übersetzung und reimt sich dann nicht, aber es bedeutet etwa:
Oh Papi, du bringt mich zum weinen; du liebst mich und ich weiß nicht wieso.
Oh Papi, siehst du es nicht? Wenn hier ein Narr ist, dann bin ich es.
Oh Papi, dein Lächeln tröstet mich. Du lässt mich wissen, dass du das beste in meinem Leben bist.
Warum liegst du richtig, wenn ich so falsch liege?
Ich bin so schwach, aber du bist so stark.
Alles, was du tust ist genau richtig.
Und ich könnte dich nicht verlassen, wenn ich es versuchte."

OHH

Übersetzung? Zaünin hätte ja auch erst einmal im Original... oder hat sie? Was wäre das dann für eine seltsame Sprache gewesen!
Aber der Text lenkt Reska zu sehr ab und sticht zunehmend in das bereits verletzte Herz. Solch ein Vater - was wäre das für ein Glück gewesen! Alles scheint genau anders herum in diesem Lied, mit Ausnahme der Stärke. Davon hätte er ruhig weniger haben dürfen.
Betroffen hat sich der Blick neben den nun abgelegten Arm auf die Tischplatte gesenkt, die Schultern hängen wieder freudlos hinab.

MvZ

Der Effekt, den ihre Worte auf Reska haben, kommt für Zaünin zunächst überraschend. Dann macht sie sich bewusst, dass deren Verhältnis zum Vater ja ein völlig anderes ist als das, was in dem Lied besungen wird.
"Ich habe den Vater meiner Kinder ganz schnell aus dem Haus gejagt, weil er überhaupt kein Talent für die... Kindererziehung hatte." Das Wort 'Brutpflege' schafft Zaünin so gerade eben zu vermeiden. "Und wer mein Vater ist, weiß ich gar nicht. Bei uns kümmert sich meist nur ein Elternteil um die Nachkommenschaft. Vielleicht ist das auch besser so."

OHH

Sich ob der Wirkung auf Zaünin bewusst werdend, blickt Reska wieder auf und lächelt gar ein wenig, zumal jene so tröstende Worte findet. Ja, sicherlich wäre manches ohne Mutters frühen Tod anders gelaufen in der Sippe und hätte sich der Vater nicht so tief in seine Geschäfte gestürzt.
Erst langsam fällt dann wiederum ein kleiner Punkt in den Worten der Heilerin auf, der ein wenig stutzen lässt. Ganz schnell, aber mehrere Kinder - sie kamen demnach sehr dicht hintereinander oder gar gleichzeitig? "Sind es Zwillinge?" folgert Reska.

MvZ

"Nein", antwortet Zaünin, "ich habe ihn zweimal rausgeschmissen. Als mein erster Sohn mit acht Jahren auf eigenen Füßen stehen konnte, hatten wir nochmal Nachwuchs gezeugt und ich hab ihn wieder vertrieben." So wie sie es erzählt, scheint der Vorgang für sie eine Sebstverständlichkeit zu sein.

OHH

Wie unkonsequent! Dennoch schmunzelt Reska bei der Vorstellung. Dies scheint ja eine sehr stürmische und wechselhafte Beziehung gewesen zu sein. "Manchmal muss man wohl einfach einen Fehler wiederholen, um wirklich endgültig daraus zu lernen", lautet die beiläufige Schlussfolgerung.

MvZ

Zaünin ist verwirrt: "Welchen Fehler meint Ihr?"

OHH

Wenn auch aus anderem Grunde, so schließt sich Reska doch Zaünins Verwunderung an. Ist nicht offensichtlich, was gemeint ist? "Ich dachte... War es denn kein Fehler, es entgegen der schlechten Erfahrung noch einmal mit Demselben zu versuchen?"

MvZ

'Welche schlechte Erfahrung?' denkt sich Zaünin. Bevor sie die Frage laut aussprechen kann, dämmert ihr, was Reska meinen könnte.
"In meiner Heimat ist es völlig normal, dass sich nur ein Elternteil um den Nachwuchs kümmert. Nachdem der Mann seine Schuldigkeit getan hat, schnappt entweder er sich die Eikinder und geht, oder er fliegt raus und die - äh - Kinder bleiben bei der Mutter. Dass beide Eltern sich gemeinsam um die Kinder kümmern, ist eher selten."

OHH

So recht befriedigend empfindet Reska diese Vorstellung nicht - weder, mit einem Kinde allein zu sein, noch, es gar nicht mehr um sich zu haben. Oder wenig aus der Ferne, wenn es sich ja um ein Dorf handelt.
Doch moment! Was hat die Heilerin da schon wieder gesagt? Um ein weiteres Mal verwirrt, werden die Brauen zusammengezogen und der Oberkörper wieder nach vorn der Gesprächsgefährtin zugestreckt. "Was ist denn ein Eikind?"

MvZ

'Diese dummen Versprecher immer! Schnell, Zaünin, lass dir eine Ausrede einfallen!'
"Eikinder sind kleine Kinder, zu denen Erwachsene gerne 'Ei, ei, ei' sagen." Ehrlicherweise sagt das in ihrem Dorf niemand zu einem Kind, zumindest nicht in dieser Form. Aber Menschen scheinen das oftmals zu tun - obwohl deren Kinder noch nie ein Ei von innen gesehen haben.

OHH

Mag dies auch eine mögliche Vorstellung sein, so handelt es sich doch zugleich auch um eine höchst unglaubwürdige Erklärung. Entsprechend misstrauisch bleibt der Ausdruck Reskas. Aber ist es ratsam, die Heilerin nun offen einer Schwindelei zu bezichtigen? Daran, dass sie etwas zu verbergen hat, kann wohl kaum noch bezweifelt werden, wenngleich Reska gerade gar nicht recht einfallen möchte, was es bislang schon alles für Verdachtsmomente gab. Durchaus ärgerlich, da sich andernfalls aus den Bruchstücken vielleicht bereits ein ungefähres Bild ergäbe.
"Aha", lautet die wenig überzeugende Annahme der Antwort, wobei sich Reska nachdenklich zurücklehnt. Was gab es bereits für Hinweise? In jedem Falle handelt es sich um ein überaus seltsames und ungewöhnliches Dorf, soviel lässt sich auf Anhieb sagen!

MvZ

"Jedenfalls war es für mich keine schlechte Erfahrung", beendet Zaünin ihren Punkt und kommt zum nächsten, der ihr wichtig ist. "Aber für Euch spielt das eigentlich keine Rolle, weil Ihr eine andere Kultur habt und eine andere Vorstellung von Eurem Leben als ich von meinem. Letztlich könnt Ihr in Eure Kultur zurückkehren. Dann ist die Frage, ob Ihr Euren Vater meiden könnt oder die unangenehme Sache mit ihm klären müsst. Oder Ihr seid bereit, Euch an eine andere Kultur anzupassen und fern der Heimat zu leben. Wenn Ihr das mit Eurem Vater nicht klärt, wird es Euch Euer Leben lang immer wieder traurig machen. Aber das heißt nicht, dass Ihr nicht im großen und ganzen ein glückliches Leben führen könnt."

OHH

Die rührende und nichtsdestoweniger abermals kluge Rede der Heilerin zaubert wieder ein lächeln auf Reskas Züge und wischt vorerst erneut die Überlegungen um ohnehin allzu unkonkrete Spurensuche hinfort. "Ihr habt ja so recht!" Ein Seufzen der unwillkommenen Erkenntnis schwingt darin mit. Dennoch bleibt vorerst noch offen, welcher Weg denn nun zu wählen sei.

MvZ

Zaünin macht eine kurze Pause, um etwas Tee zu trinken. Dann erkundigt sie sich bei Reska: "Hat Eure Reise ein Ziel oder wollt Ihr erstmal nur weit weg von Eurem Vater kommen?"

OHH

Tatsächlich hat die Heilerin es verstanden, sich Reskas Vertrauen mitsamt einer guten Portion Zuneigung zu gewinnen. Daher wird immer weniger in jener gewohnten Knappheit geantwortet. Wie leicht könnte man die zweite Hälfte der Frage unter den Tisch fallen lassen, indem man sich nur der ersten widmet! Statt dessen wird auf beides eingegangen: "Weit weg bin ich schon lange. Aber das Ziel dieser Reise bestimmt Urszula." Eine Kopfbewegung deutet zu der Eingenickten.
So, wie jene dort sitzt, könnte sie leicht Nackenschmerzen davontragen. Dennoch möchte Reska sie lieber nicht ohne triftigeren Grund wecken.

MvZ

Zaünin legt ihren Kopf schief. Dass Urszula bestimmt, wohin Reskas Reise geht, wirft im Zusammenhang mit ihrem Gesprächsthema eine Menge Fragen auf, so dass die kleine Echsenfrau erst überlegen muss, welche sie geschickterweise zuerst stellt. Sie entscheidet sich schließlich für eine Frage, deren Beantwortung Aussichten hat, einen Teil der anderen Fragen mitzubeantworten oder obsolet werden zu lassen: "Wieso?"

OHH

Erst heben sich überrascht die Brauen, dann wird wieder gelächelt. "Sie bezahlt das alles; ich bin ihre Bedeckung und Mädchen für alles." Sichtlich kehrt eine gewisse Entspannung in Reskas Körper zurück, der nun wieder auf die Rückenlehne absinkt.

MvZ

Ach ja, Menschen finden diese Metallscheibchen fürchterlich wichtig. So wichtig, dass die Abenteurer, mit denen Zaünin unterwegs gewesen ist, meist darauf bestanden haben, dass sie auch ihren Anteil daran mitnahm, wenn die Gruppe welche fand, erbeutete oder zur Belohnung für irgendeine Aufgabe erhielt. Gut, später fand sie es schon ganz praktisch, dass sie die Münzen wieder gegen Waren und Dienstleistungen eintauschen konnte. Jetzt, in ihrer menschlichen Verkleidung sollte das sogar noch einfacher funktionieren als vorher.
Ob Reska wohl in Urszulas Diensten bleiben würde, wenn sie selbst mehr Geld hätte? "Wenn Ihr die Wahl hättet, wo würdet Ihr hinreisen, Domna Reska?"

RB

Dann wendet Jana sich dem Tisch zu, an dem die Unterhaltung immer noch an der vor sich hin träumenden Freiin vorbeigeht. Sie tritt neben die Freundin und legt ihr leicht die Hand auf die Schulter, um sie zu wecken.

OHH

Diese Frage scheint Reska noch mehr zu überraschen als die vorige. Ja - wohin? Eigentlich hat sich das bisher immer irgendwie von selbst ergeben. "Ich weiß nicht." Bedauert Reska nun diesen Umstand oder eher, dass Zaünin über diese Antwort enttäuscht sein dürfte?
Der Blick folgt nebenbei unwillkürlich der herangetretenen Dame zu Urszula.

MvZ

"Dann wünsche ich Euch, dass Eure Reisen Euch einmal zu einem Ort bringen, der Euch gefällt", erwidert Zaünin ohne jegliches Anzeichen von Enttäuschung. "Bei mir zu Hause gibt es eine Segnung, die lautet: Blühe dort, wo du gepflanzt bist. Meine Leute interpretieren das so, dass besser niemals jemand das Dorf verlassen sollte. Mittlerweile glaube ich aber, dass es anders gemeint ist."

OHH

Womöglich soll es bedeuten, dass man sie erst einmal selbst irgendwo anpflanzen muss? Dabei gäbe es höchstens ein kleines grammatikalisches Problem, aber das darf man wohl vernachlässigen. Jedenfalls möchte reska der Heilerin nicht irgend etwas in den mund legen. Wenn man eine Antwort mit der Frage anbietet, verfälscht man allzu leicht das Ergebnis. "Und wie?"

MvZ

"Versuch das beste für dich aus deiner Situation zu machen", kommt die prompte Antwort, mit Betonung auf 'für dich'. "Wenn Ihr viel reist, entdeckt Ihr vielleicht neue Menschen, mit denen Ihr zusammenleben wollt."
Mit dem letzten Satz dreht sie ihren Kopf Jana und Urszula zu.

OHH

Diese Verwirrung zwischen Du und Ihr kommt Reska von sich selbst bekannt vor. Vielleicht sollte man der Einfachheit halber ofiziell zu ersterem übergehen - was jedoch wohl kein Garant für Besserung wäre.
Auf die Worte hin wird genickt, obgleich diese Auslegung Reska gar nicht so sehr naheliegend erscheint. Dennoch ist es ein guter, wenngleich bekannter Rat.
Auch Reskas Blick wendet sich wieder Urszula und der anderen Dame zu. Sieht nicht so aus, als ob jene Erfolg hätte.

RB

Janas Hand ist sanft genug, dass Casha nicht aufschreckt, sondern nur die Augen öffnet: "Oh, ich bin wohl kurz eingenickt", stellt sie schuldbewusst fest. "Habe ich etwas Wichtiges verpasst?"
"Nur, dass mein Kutscher immer noch nicht gekommen ist und der Wirt sich bereit erklärt hat, mich mitzunehmen", antwortet die Stehende. "Deshalb muss ich jetzt abreisen."
"Wie, jetzt schon? Aber ich hatte mich so gefreut, noch den Morgen mit dir zu plaudern", antwortet die überraschte Bornländerin mit leicht mauligem Tonfall, während sie aufsteht.
"Ich mich auch, aber du weißt doch, wie wichtig mir das Orchester ist; deshalb muss ich unbedingt heute Abend in Vinsalt sein, um Spenden zu sammeln", erklärt die Impresaria entschuldigend. "Und wir sehen uns ja bald wieder", fügt sie aufmunternd hinzu.
Casha lässt die Schultern hängen, rafft sich aber sofort wieder auf: "Na dann... will ich dich mal nicht lange aufhalten." Sie nimmt Jana in den Arm, so dass sie sich hinter deren Rücken unbemerkt eine Träne aus dem Auge wischen kann.
Die Liebfelderin erwidert die Umarmung herzlich aber ohne Tränen. "Wenn du so müde bist, leg dich doch noch ein Stündchen aufs Ohr; du hast ja Zeit", raunt sie der Freundin zu.
Als sich die Umarmung endlich löst, antwortet die Urszula: "Du hast Recht. Dir eine gute Fahrt. Ich werde mich noch eine Weile zur Ruhe begeben." Die letzten Worte wurden im üblichen Ton der Freiin an ihre Tischnachbarinnen gesprochen, dann geht sie Richtung Treppe, ohne sich noch einmal umzublicken, damit niemand ihre feuchten Augen sehen kann.

OHH

So kann man sich irren. Etwas überrumpelt nickt Reska der Entschwindenden hinterdrein. Jener scheint es ja nicht besonders gut zu gehen - aber wohl auch nicht so schlecht, dass Zaünin sich als Heilerin verdient machen könnte.

MvZ

Zaünin, die in Urszulas Müdigkeit keinen Notfall erkennt, sieht mit blinkenden Augenlidern der Entschwindenden hinterher. Dann richtet sie das Wort an Jana: "Eine gute Fahrt wünsche ich Euch."

RB

Etwas überrumpelt ob Urszulas plötzlichem Abgang blickt Jana ihr noch hinterher, bis sie auf der Treppe verschwindet. Dann wendet sie sich den verbleibenden Damen am Tisch zu. "Danke, Euch wünsche ich ebenfalls eine gute Reise, wenn Ihr denn wieder aufbrecht, Euch beiden. Bitte grüßt Dom Avessandro und Domna Myrana von mir, wenn sie irgendwann aufgestanden sind." Während der letzten Worte überlegt Jana, ob sie Zaünin daran erinnern soll, mit Myrana zu sprechen, entscheidet sich aber dagegen. Die nette Heilerin schien von der Idee nicht sehr begeistert zu sein, und sie will sie jetzt nicht unter Druck setzen. Selbst wenn sie es nicht tut, ist die Söldnerin groß genug, selbst mit ihrem Leben klarzukommen.
"Gehabt Euch wohl", verabschiedet die Signora sich endgültig. Dann durchquert sie den Raum zur Theke.

OHH

Freundlich lächelnd nickt Reska der Gehenden zu und wünscht ebenfalls eine "Gute Reise!" Eine baldige neue Begegnung scheint ja von ihr und Urszula vorausgeplant; dann wird man sie noch besser kennenlernen.
Vielleicht ergibt der Auftrag noch eine Gelegenheit, auch Avessandro noch etwas eingehender zu begutachten. Doch der Flug der Biene ist nicht vorherzusehen.

MvZ

"Jetzt sitzen wir zu zweit an diesem großen Tisch", stellt Zaünin fest, Teebecher in beiden Händen und mit vom Stuhl baumelnden Beinen.

OHH

Ja, so ist das. Eigentlich nicht verwunderlich, wenn die Abreisestimmung auch nicht so vorherrscht, wie Reska es zu anderen Tagen in anderen Gasthäusern kennt. Ein Nicken, ein Lächeln - mehr gibt es vorerst nicht zu sehen oder gar zu hören. Statt dessen gleitet der Blick etwas suchend erst noch einmal durch den Schankraum, dann über den Tisch.
Wenn man nicht zu reden weiß, sind essen und trinken immer eine gute Beschäftigung. Aber der Bauch ist wahrhaftig noch zu voll! So gießt sich Reska noch vom Tee ein. "Und wir haben sehr viel Zeit", rutscht dann doch noch ein Kommentar zur Lage hervor.

MvZ

Zaünin denkt darüber nach, woher Reska wissen will, wieviel Zeit sie hat, und beschließt, dass sich das 'wir' nicht auf sie erstrecken sollte, sondern Reska außer sich selbst wohl ihre Mitreisende und Zielbestimmende gemeint hat, die sichtlich nicht in einer Verfassung ist, die einen baldigen Aufbruch nahelegen würde. Um sich dieses Verständnisses zu vergewissern, fragt sie: "Dann bleibt Ihr also noch eine Weile hier?"

OHH

Reska nickt. "Wohl noch eine Nacht." Unwillkürlich geht der Blick nochmal die Treppe empor, wo Urszula eben verschwunden ist. Man darf wohl einen sehr geruhsamen Tag erwarten.

MvZ

"Wann wohl neue Gäste kommen", fragt Zaünin mehr sich selbst, als Reska, "die ich nach dem goldenen Ei fragen kann?"

OHH

Wieder das Ei. Blinzeld versucht Reska, sich zu erinnern. "Was hat es nochmal damit auf sich?" Irgendwas Magisches oder Heiliges war das wohl.

MvZ

Zaünin kann sich nicht daran erinnern, Reska und Urszula eine Erklärung gegeben zu haben, als sie sie gestern nach dem goldenen Ei fragte. Also ist Reskas Nachfrage nur natürlich. "Es ist das Ei der Göttin Tsa. Deshalb ist die Schale golden."

OHH

Dies kommt Reska zwar nicht bekannt vor, aber heilig war wohl gut geraten. Doch nach einem Moment des Nachdenkens kommt Reska daran etwas seltsam vor. "Ist Tsa nicht eine bunte Göttin?"

MvZ

"Bunt?" Zaünin sieht Reska direkt in die Augen. "Nur weil ihre Tempel so farbenfroh sind?" Sie überlegt kurz. "Ich habe sie nie persönlich gesehen, aber ich denke, als Göttin kann sie wohl aussehen, wie auch immer sie will."

OHH

Dagegen lässt sich in der Tat nichts sagen, muss Reska nickend eingestehen. "Und die Farbe beliebig wählen", wird eingeräumt, wenngleich es ja nicht um die Göttin selbst, sondern ein Ei geht.
Wirklich viel verraten hat Zaünin damit nun nicht, aber dies muss man wohl akzeptieren. Allein das Material mag gierige Blicke auf sich werfen, da muss man nicht noch irgendwelche Geschichten erzählen und zusätzliche Gier riskieren.

MvZ

"Die Prophezeihung spricht jedenfalls von Tsas goldenem Ei. Es muss ja auch eine Besonderheit haben. Wie sollte man es sonst finden, wenn man nicht weiß, wo in Aventurien es ist?" sagt Zaünin mit Überzeugung.

OHH

Allein die Farbe wird beim Auffinden fraglos auch nicht viel helfen. "Wozu dient es?" Noch etwas Tee? Besser nicht, sonst muss Reska bald schon wieder raus!

MvZ

Zaünin muss sich immer wieder vor Augen halten, wie wenig Menschen über Eier wissen - außer wie sie schmecken, wenn sie gut zubereitet worden sind, oder bestenfalls, wie man sie schmackhaft zubereitet, wie im Fall der Eberwirtin.
"Das Ei dient dem Sohn Tsas dazu, auf die Welt zu kommen", erklärt sie geduldig. "Dazu muss es richtig bebrütet werden."

OHH

Dies klingt nun so, als müssten die Menschen das für die Göttin übernehmen. Was sonst sollte Zaünin bei der Sache zu tun haben? Was wären das jedoch dann für Götter? Wie ernst kann man sie nehmen, wenn sie nicht für sich selbst sorgen können?
Allerdings möchte Reska sich nicht in derart gefährliches oder unangenehmes Themengebiet vorwagen und auch Zaünin nicht beleidigen. Um nicht unhöflich zu schweigen, wird mit einem "Ähm, viel Erfolg!" abgeschlossen.

MvZ

Zaünin meint, eine gewisse Skepsis bei Reskas Bemerkung herauszuhören, und versucht, sie zu beruhigen: "Danke, ich habe ja Erfahrung damit. Das schwierige ist nur, das Ei zu finden."

OHH

So goldene Eier werden ja nicht unbedingt von ihrem Besitzer stolz umhergezeigt und vielleicht ja gar mal auch gern eingeschmolzen. "Ja, das kann ich mir..."
Ein Ruck lässt Reska sich wieder etwas nach vorne verlagern. "Ihr habt Erfahrung mit dem Ausbrüten von Eiern?" Hält sie sich für ein Huhn?

MvZ

Etwas in der Betonung von Reskas Frage und in deren Körpersprache hält Zaünin rechtzeitig davon ab, einem inneren Impuls nachzugeben und 'Ja' zu sagen. Statt dessen antwortet sie ausweichend: "Ich habe Erfahrung mit dem Großziehen von Jungs."

OHH

Ein komischer Vogel ist sie jedenfalls, diese Zaünin! "Wie hängt das zusammen?" Für einen Moment hat Reska schon wieder fast vergessen, dass es ja um ein Kind aus einem Ei gehen soll. Trotz nachstürzenden Wiedererinnerns bleibt die Frage berechtigt. Sowas hört man ansonsten eigentlich eher von Hexen. Grund genug, die Heilerin noch genauer zu mustern. Dass jene etwas verbirgt, bezweifelt Reska längst keinen Augenblick mehr.

MvZ

Ehrlicherweise müsste Zaünin jetzt zugeben, dass die Prophezeiung keine konkreten Anhaltspunkte dafür gibt, was die Aufgaben des brütenden Echsenmenschen sind, wenn der junge Gott erst einmal ausgeschlüpft ist. Nach der Stelle mit dem Ausbrüten überspringt der Text bis zur Rettung der Welt und Friede, Freude, Eierkuchen durch den nun erwachsenen Gott einfach die ganze Zwischenzeit. Aber es muss schließlich einen Grund dafür geben, dass nur eine Mutter von zwei Söhnen zu den fünf Auserwählten gehören durfte, die sich auf die Suche nach dem goldenen Ei gemacht haben. Wahrscheinlich ist die Aufzucht und Erziehung so eines Gottes also recht anspruchsvoll.
"Nach dem Schlüpfen ist der Gott ja noch nicht erwachsen. Das Ausbrüten von einem Ei ist einfach, wenn man ein paar Regeln beachtet. Danach braucht das Kind dann aber noch Schutz und muss in die Gemeinschaft eingeführt werden. Bei Jungs muss man aufpassen, dass man ihnen genug Selbstvertrauen mit auf den Weg gibt, da sie sich naturgemäß den Mädchen gegenüber unterlegen fühlen."

OHH

So recht kann dies alles den gefühlten Themenwechsel von ausbrüten zu aufziehen nicht erklären, aber es verwischt immerhin den Eindruck zu einer immer unschärferen Nebensächlichkeit.
Andererseits bietet Zaünin sogleich die nächsten für Reska verwunderlichen Punkte an. So könnte man bereits fragen, in welche Gemeinschaft Menschen einen Gott einführen sollten. Noch mehr verwirrt jedoch die alltäglichere Schlussbemerkung. "Ach ja?" Kennt man den Hang zu kämpferischer Selbstüberschätzung nicht eher von Männern? Natürlich spielt auch der kulturelle Hintergrund eine Rolle. Im Osten soll es ja ein spezielles Land geben. Aber die Heilerin kommt aus dem Norden, und 'naturgemäß' erscheint Reska als völlig unpassend gewählte Bezeichnung. "Inwiefern?" ließe sich noch präzisieren.

MvZ

Wie so oft, muss Zaünin die offensichtlichsten Dinge erklären. Zwanzig Jahre unter Menschen haben sie glücklicherweise Geduld gelehrt. "Viele Männer fühlen sich minderwertig, weil sie keine Eier legen können."
Noch während sie es ausspricht, merkt die Echse, dass Reskas Frage vielleicht doch gerechtfertigter war, als angenommen, und versucht zu retten, was zu retten ist, indem sie lässig hinterherschiebt: "Ich meine natürlich Kinder gebären. Das ganze Gerede über Eier bringt mich schon ganz durcheinander."

OHH

Zwischenzeitlich werden Reskas Augen ziemlich groß. Was redet Zaünin da! Eierlegende Männer? Oder eben nicht, dann also die Frauen? Leider kennt sich Reska nicht so genau mit Hexen aus, aber das wäre immerhin eine mögliche Erklärung.
Durcheinander will Reska der Heilerin gern glauben, aber da stimmt trotzdem noch irgend etwas nicht. Nur - wie nähert man sich dem?
"Kennt Ihr Euch zufällig mit Hexen aus?" Hoffentlich war das jetzt nicht zu plump! In jedem Fall kam es gewiss sehr unvermittelt.

MvZ

Reskas Themenwechsel kommt so unvermittelt wie willkommen. Offenbar hat sie das mit dem Durcheinander geschluckt. "Auskennen ist vielleicht übertrieben, aber ich kannte mal eine. Sie hat nur ganz wenigen Leuten erzählt, dass sie eine Hexe war. Wieso? Braucht Ihr eine?"

OHH

Brauchen!? Kurz bekommt Reska abermals große Augen, dann faltet sich das Gesicht unschlüssig und etwas verlegen zusammen. Wie nun weiter? Jedenfalls scheint die Vermutung, Zaünin sei eine Hexe, ebenfalls ins Nichts zu führen. Dann überkommt Reska eine plötzliche Eingebung, sich herauszureden: "Ich dachte nur, weil diese Frauen doch auch Ahnung von Geburten haben sollen - und von Eiern..."

MvZ

Zaünin kennt sich nicht gut genug in der Hexenkunde aus, um Reskas letzte Anmerkung richtig einordnen zu können. "Tun sie das? Diejenige, die ich kennengelernt hatte, kannte sich mit Heilung und Kräutern aus, aber mit Eiern?" Zaünin zuckt mit den Schultern. "Nicht dass ich wüsste."
Zaünin kommt der Verdacht, vielleicht einem Missverständnis aufzusitzen. "Sagtet Ihr Hexe oder Echse?"

OHH

Möglicherweise hat sich Reska einfach geirrt, was das Eischlüpfen von Hexen angeht - oder es gibt verschiedene.
Bei Zaünins Nachfrage breitet sich ein belustigtes Grinsen aus, bevor Reska launig die Gegenfrage stellt: "Kennt Ihr Euch mit Echsen denn besser aus?" Fraglos ist die Erwartung eine Gegenteilige.

MvZ

"Ich weiß, dass Echsen Eier legen", entgegnet Zaünin ausweichend. "Oder die meisten tun das. Echsenmenschen legen auf jeden Fall Eier."
Sie überlegt kurz und muss sich dann eingestehen, dass sie tatsächlich recht wenig über Echsenmenschenvölker außerhalb ihres eigenen Dorfes weiß. Vielleicht gibt es lebendgebährende Echsenmenschen irgendwo im Süden Aventuriens oder auf einem anderen Kontinent? Wer kann das schon mit Sicherheit sagen? Bestimmte Eidechsen am Neunaugensee umgehen jedenfalls das mit den Eiern, auch wenn die Geburten weitaus unblutiger abgehen als bei Säugetieren.
"Zumindest die Echsenmenschen, von denen ich es weiß, legen Eier."

OHH

Demnach weiß die Heilerin über Echsenmenschen mehr als über andere Echsen. Seltsam eigentlich, da letztere doch fast überall zu finden sind. Selbst im Norden hat Reska schon kleinere Exemplare beobachtet. Als Hexe würde Zaünin vielleicht schon Tränke aus Echsen gemischt haben. Wobei ihre Worte ja gar nicht anderes behaupten. Man kann auch Tiere kochen, ohne deren Fortpflanzung studiert zu haben.
"Wie und wo habt Ihr welche kennengelernt?"

MvZ

"In meinem Dorf leben Echsenmenschen", kommt es aus der kleinen Frau heraus, bevor sie richtig nachdenkt. "Und ich habe mal einen aus dem Süden getroffen, der mit einer kleinen Gruppe Menschen zusammen unterwegs war. Aber ob bei seinem Volk Eier gelegt werden, habe ich ihn nicht gefragt."

OHH

Angenommen, Zaünins Dorf habe einen hohen Anteil an Echsenmenschen, könnte dies eine Erklärung für manche Mimik, Gestik oder sonstige Eigenart der Heilerin sein: Sie hat sich vieles davon unbewusst abgeschaut. Wobei dies nur eine Vermutung sein kann, da Reska noch keinen selbst erlebt hat. "Wie sind sie so, diese Echsenmenschen?"

MvZ

Zaünins Gedanken rasen durch die vielen Begegnungen, die sie mit Menschen hatte, und die eine mit dem südländischen Echsenmann, der so ganz anders war, als alle Bewohner aus ihrem Dorf. Von Abenteurern hörte sie Geschichten am Lagerfeuer über Echsenmenschen, die als Söldner für irgendwelche Schurken gearbeitet hatten, oder fanatisch religiöse Echsenmenschen in uralten Tempelruinen.
"Unterschiedlich", sagt sie schließlich bestimmt. "Sie sind sehr unterschiedlich, je nachdem, woher sie kommen. Etwa so unterschiedlich wie Menschen, Zwerge, Elfen und Orken, will ich meinen. Die aus meinem Dorf sind vor allem scheu."

OHH

Auch Menschen allein unter sich ohne Elfen, Zwerge und Orks sind schon recht unterschiedlich - das versteht sich ja von selbst und ist auch gut so. Bestimmt gäbe es mehr Gemeinsamkeiten unter den Echsenmenschen auch innerhalb des Dorfes der Heilerin als nur ihre Scheue. Jedoch hat Reska wohl doch zuviel Tee getrunken. Irgendwie ist ein schon wieder leerer Becher unbemerkt in die Hand gelangt.
"Ich... ähm... Ich muss mich mal entschuldigen..." kommt die verlegene Ansage während des Aufstehens.

MvZ

Zaünin hat langsam ausreichend Vertrauen zu der Norbardin gefasst, um sich ihr als Echse zu erkennen zu geben, als die Auswirkungen ungezügelten Teekonsums das Gespräch abrupt beenden. Wer weiß, ob sich später noch einmal eine solche Gelegenheit ergeben wird...

OHH

Wirkt die Heilerin irgendwie enttäuscht? Doch weswegen sollte sie das sein, wenn man sich nachher noch wiedersieht! Jetzt ist jedenfalls keine Zeit, einer so schwachen Ahnung nachzugehen. "Bis später", fühlt sich Reska dennoch aufgerufen, zu versichern. Dann geht es auch schon mit großen Schritten der Türe entgegen.

Weiter am Nachmittag...


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Redaktion und Lektorat: Oliver H. Herde im Jahre 2022