Geschichten vom Norden

Verfasser: Astrid Brandt, Matthias von Zedlitz, Oliver H. Herde, Ralf Büngener und andere

MvZ

Wie nicht anders zu erwarten, bleibt Zaünin zunächst zwischen den Tischen stehen, da sie sich unsicher ist, wo sich hinsetzen soll. Also überlässt sie erstmal Reska die Platzwahl.

OHH

Da Zaünin anscheinend Reska den Vortritt lassen will, wird das wohl nichts mit der geplanten Gemächlichkeit. Nun ja, die wird dann eben im Sitzen wiederkommen - mutmaßlich. Da jedoch der alte Platz von gestern bereits durch die einheimische Dame eingenommen worden ist, wirkt der Stuhl am Kopfende zur Wand hin von den übrigen momentan am verlockendsten. In großen Schritten langer Beine wird daher er bezogen.

VW

Ganz langsam sind die Augenbrauen der Wirtin bei der Beschreibung in die Höhe gewandert, während Ratlosigkeit sich auf ihrem Gesicht breit macht. "Ja, nein, ich fürchte, damit können wir hier nicht dienen." Wer weiß, wo es solcherart neumodisches Gelersch zu kaufen gibt. Für sie selbst klingt es so, als könne man den Effekt auch mit einer gut gerösteten Brotscheibe erreichen.

RB

"Das war auch nicht als Bestellung gemeint", klärt die Signora wohlwollend auf, "Ich habe nur Domna Urszulas Frage beantwortet. Hier ist doch alles, was ich brauche: Brot, Honig, Marmelade und ganz besonders: warmer Tee." Mit der Hand deutet sie auf die bereits gedeckten Lebensmittel und schafft es, bei jedem Gegenstand ein wenig mehr zu strahlen. Dann greift sie gleich nach der Teekanne, um sich einen Becher zu füllen.

AB

Auch Urszula laechelt die Wirtsfrau an. "Ich wollte mich ja nur erkundigen, ob man dieses Gebäck nicht doch hier in der Gegend kennt. Persönlich bin ich eher ein herzhafter Früstücker, daher freue ich mich ja auch schon so auf die von Euch in Aussicht gestellten Köstlichkeiten. Bis es soweit ist, genehmige ich mir aber wie Frau Jana einen Tee und ein Honigbrot."
Den Worten lässt die Freiin auch sogleich Taten folgen. Während sie ein Stück Brot mit Honig beträufelt, richtet sie das Wort an die Reisegefährtin: "Nun, Reska, wie ich sehe, hast du die Nacht ebenfalls gut verbracht. Zumindest machst du diesen Eindruck. Oder irre ich mich?"

MvZ

Niemand hat ihr einen Platz zugewiesen! Zaünin findet sich in der unangenehmen Situation wieder, wo sie in der Gesellschaft feiner Damen einen Platz am Tisch selbst aussuchen muss. Nach kurzem Zögern ist sie der Meinung, dass sie am wenigsten falsch macht, wenn sie sich von allen drei Tischgenossinnen etwa gleich weit weg - oder vielmehr nah dran - setzt. Und so nimmt sie zu Reskas Rechter Platz, rutscht mit dem Stuhl aber einen Spannbreit zur Mitte der Breitseite hin, um weniger weit von Jana weg zu sitzen.

OHH

Was auch immer hier eben nicht bestellt worden sein mag, findet auch Reska die Auswahl überaus hinreichend. Fast könnte man über einen Nachtisch in Gestalt eines weiteren Marmeladen- oder Honigbrotes nachdenken - jedoch wirklich nur fast. Reska ist einfach noch zu satt. Schade.
Von Urszulas Ansptrache überrumpelt, verfällt Reska wieder in die altgewohnte Rolle und nickt auf die ersten Bemerkungen hin, um sogleich im Anschluss zur Abschlussfrage den Kopf zu schütteln.

VW

Siona nickt der Frau verständnisvoll entgegen, dann nimmt sie vom Tablett den Teller mit dem Rührei und dem kalten Braten und stellt ihn in Reichweite. Denn wenn der Gast dann doch zuerst nach Süßem greift, kann sie das verstehen. "Das Käsetörtchen bringe ich dann gleich." Sprichts und schickt sich an, das Tablett mit dem Essen für Zwerg und Elf wieder hochzunehmen.

RB

Jana hat sich einen Becher Tee eingeschenkt. Da Urszula sich schon selber bedient hat, braucht sie ihr nichts einzuschenken, die anderen Damen sitzen zu weit weg, um ihnen bequem zu helfen. Also stellt sie einfach die Teekanne in Tsaünins Reichweite ab und lädt sie ein: "Bitte, bedient Euch, wenn Ihr mögt."
Als nächstes braucht sie Honig für den Tee, den hat allerdings gerade die Freiin unter Beschlag. Also verkürzt die Signora sich die Wartezeit mit Geplapper: "Das sieht aber wirklich gut aus, dein Frühstück nach Art des Hauses. Und es riecht auch sehr appetitlich." Vielleicht hätte sie selbst auch etwas mehr bestellen sollen als nur Brot und Marmelade. Zumindest verkündet ihr Magen, dass er gefüllt werden möchte.

AB

Urszula, den Blick auf den Honigtopf bemerkend, schiebt diesen der Freundin zu - nachdem sie sich rasch noch einen zweiten Löffel davon auf das Röstbrot gelöffelt hat.
"Moechtest du auch von den Eiern oder dem kalten Braten?" fragt sie beinahe nebenbei. "Dann teilen wir uns die Portion - nachbestellen kann man sicherlich immer noch. Wer weiß, was die Küche sonst noch an Überraschungen zu bieten hat."

MvZ

Ein "Danke" geht an Jana. Nicht nur, dass Zaünin sowieso gern ihren Becher auffüllen wollte. Das Nachschenken, das sie dann auch gleich in Angriff nimmt, und das anschließende Pusten auf die Oberfläche des heißen Getränks gibt ihr etwas zu tun, während sich die anderen ihrem Essen widmen.

VW

Die Frage nach der Möglichkeit des Nachbestellens wird mit einem Nicken beantwortet, bevor sich die Wirtsfrau vom Tisch losreißt und auf die nächsten Abnehmer zustrebt.

OHH

Tee passt selbstverständlich immer noch rein. Kurz überlegt Reska, wo der Becher abgeblieben ist. Stimmt, er wurde gar nicht zum anderen Tisch mitgenommen, sondern steht vor der heimischen Dame. Also nochmal aufstehen... Auf die Idee, um ein Herüberreichen zu bitten, kommt Reska aus verschiedenen Gründen nicht, wobei jener der Etikette noch die geringste Rolle spielt.

RB

Dankbar nimmt Jana den Honigtopf entgegen und bugsiert ohne Kleckern einen großen Löffel in ihren Tee. Während sie umrührt, antwortet sie: "Danke für das großzügige Angebot, das nehme ich gerne an. Die Eier riechen verführerisch und der Braten sieht auch sehr gut aus. Ich denke, ich werde mit dem Ei anfangen, bevor es kalt wird." Aber zunächst gönnt sie sich einen Schluck des gesüßten Tees; mit geschlossenen Augen genießt sie die Wärme. Dann nimmt sie eine Scheibe Brot und bestreicht sie mit Butter, bevor sie die Hälfte der Eier darauf löffelt.

MvZ

Ohne die Pusterei zu unterbrechen, dreht sich Zaünin erst nach rechts, dann nach links, um mit ihrem Blick zu verfolgen, was Reska da macht.

OHH

Reska muss nicht weit an Zaünin vorübergehen, um sich über den Tisch lehnen und nach dem eigenen Becher zu langen. Dann wird auch schon wieder der Rückweg angetreten.

AB

Urszula wartet bis die Schauspielerin sich genügend von dem verlockend duftenden Ei genommen hat, dann greift sie selbst zu. Genüsslich piekst sie mit der Gabel in die broöckelige Eimasse und führt diese dann - ebenfalls ohne Maleur - zum Mund.
"Hmm..." Anstand verbietet es jetzt, mehr zu sagen, und so kaut die Freiin erst einmal den Mund leer, bevor sie das Wort ergeift.
"So lob ich mir den Tagesanfang. Nach einer geruhsamen Nacht und einem anregenden Morgen ein köstliches Frühstück. Und da wir es nicht eilig haben kann man es auch in aller Ruhe genießen. Wir haben es doch nicht eilig, oder Reska?" Mit dieser Frage schaut Urszula hinüber zu der schweigsamen Reisegefährtin.

OHH

Als wenn Reska darüber zu bestimmen hätte! Doch fragt Urszula ja wirklich hin und wieder nach einer Zweitmeinung, wenn gewöhnlich auch eher bei Problemen der Reiseausführung. Zudem spricht ja tatsächlich nichts gegen einen längeren Aufenthalt. So wird zustimmend der Kopf geschüttelt und lächelnd auf den Stuhl zurückgeplumpst. Dies scheint dann ja ein angenehm geruhsamer Tag zu werden.

MvZ

Und wieder nach links geht Zaünins Blick. Ansonsten wird weitergepustet und zugehört.

RB

Die Schauspielerin verspeist ihr Ei auf Brot ebenfalls schweigend und ohne Malheur. Während die Norbardin antwortet, leert sie den Mund, so dass sie antworten kann: "Das freut mich außerordentlich. Denn abgesehen davon, dass das Frühstück tatsächlich sehr gut ist und gebührend gewürdigt werden sollte, erwarte ich erst am späten Vormittag die Kutsche, die mich zurück nach Vinsalt bringen wird. So lange sitze ich also sozusagen hier fest. Die Wartezeit lässt sich im Beisein von Freunden viel besser ertragen als alleine." Sie strahlt in die Runde.
"Wahrscheinlich werden wir uns so gut unterhalten, dass ich noch gar nicht los will, wenn der Kutscher erscheint. Aber Termine lassen sich nun einmal nicht aufschieben. Wie schön, dass Eure nicht so gedrängt sind." Hier unterbricht die Signora ihren Redefluss zugunsten ihres Eibrots.

AB

Urszula nimmt die stumme Zustimmung der Norbarin mit einem - zugegebenermassen dem Rührei geschuldeten - schweigsamen Lächeln entgegen.
Sie wird gerade rechtzeitig mit Kauen und Herunterschlucken fertig um die von der Signora eingelegte Eibrot-Pause ihrerseits für eine Antwort zu nutzen. "Ja, wenn die Kutsche überhaupt kommt. Wer weiß, vielleicht hat es ja die ganze Nacht weitergeschneit oder sogar noch mehr als gestern. Dann wären wir hier vielleicht eingeschneit und müssten darauf warten, gerettet zu werden."
Die Freiin schaut mit aufgerissenen Augen von einer der Tischgenossinnen zu anderen. "Stellt euch das nur vor; wir hier auf uns allein gestellt. Keine Rettung in Sicht. Zugegeben, das Essen ist gut, aber war nicht bereits gestern das Bier ausgegangen? Wer weiß, wie lange das Essen noch reicht!"

MvZ

Zaünin unterbricht ihr Tee-Abkühl-Pusten, um der Freiin, die wegen der Reisebedingungen offenbar wieder ein berechtigtes Interesse an Informationen zur aktuellen Wetterlage hat, eine wichtige Frage zu stellen: "Soll ich nachschauen, ob es wieder schneit?"

OHH

Reska schmunzelt still in sich hinein. Auf die Idee, mal einfach draußen nachzusehen, ob man eingeschneit sei, kommt Urszula mal wieder nicht. Als jedoch Zaünin ihren Vorschlag vorbringt, prustet Reska hörbar los. Herrlich, die drei! Höchst amüsiert wird die Kanne herangezogen, sich einzuschenken.

RB

Die Einheimische zuckt auf die Katastrophenphantasien der Bornländerin und das Angebot der einem anderen Kulturkreis Angehörigen hin mit den Schultern. "Und wenn es schneite, läge es eh nicht in unserer Hand das zu ändern. Also bleibt uns nur abzuwarten, bis das Wetter ein Einsehen mit uns hat. Andererseits sind wir hier nicht im Bornland. So viel Schnee wie gestern gibt es selten, und das Wort eingeschneit kennen wir hier nur aus Schauermärchen. Wiederum andererseits kann es deswegen natürlich gut sein, dass ein Kutscher hier nicht los fährt bei Bedingungen, über die ein bornländischer Kutscher nur lachen würde.
Aber selbst wenn wir hier festsitzen sollten: Solange so gut aufgetragen wird, sind wir dem Verhungern nicht nahe. Solange Schnee liegt, haben wir genug zu trinken. Im Wald hinter dem Garten gibt es genug Feuerholz, falls hier die Vorräte ausgehen sollten. Und ein Mangel an Bier mag unter Umständen hilfreich sein, um Emotionen im Zaum zu halten.
Aber wahrscheinlich ist das alles nur pessimistisches Denken. In Wirklichkeit scheint bestimmt schon wieder die Sonne und der Schnee ist dabei zu schmelzen. Kein Grund, das Frühstück kalt werden zu lassen." Gesagt, getan widmet sie sich gut gelaunt wieder ihrem Ei.

AB

Urszula lauscht, nickt und lächelt zu den Ausführungen von Jana und dem Angebot der Heilerin.
"Die Zwölfe seien gepriesen, dass ich dich hier getroffen habe, meine Liebe. Deine ruhige und zuversichtliche Art ist wahrlich ein Segen für mich. Wo ich doch ab und zu dazu neige, immer nur das Schlechteste zu denken - ob nun von Menschen, Dingen oder Umständen. Der Schnee ist nur eine Ausnahmeerscheinung hier bei euch? Dann sollte ich mir wirklich keine Sorgen machen, obwohl..."
Sie legt kurz die huebsche Stirn in malerische Denkerfalten. Doch gleich darauf wischt sie die Bedenken, welche ihr anscheinend kurz in den Sinn gekommen sind, mit einer Handbewegung fort. "Ach, was soll's. Du hast recht, es wäre eine Schande, das Ei kalt werden zu lassen. Bei dem Braten ist es ja nicht weiter schlimm; der ist ja schon kalt." Sie kichert ob des eigenen Scherzes.
Schon will sich die Bornländerin wieder ihrem Teil des Rühreis widmen, da fällt ihr noch etwas ein. "Danke für das Angebot, meine Liebe", wendet sie sich an Zaünin. "Frau D'Aminovitch hat meine Sorgen zerstreut, Ihr müsst also nicht extra nach draußen gehen, um nachzuschauen. Aber Ihr könnt natürlich gerne gehen, falls Euch die Wetterlage selber interessiert."
Urszula lächelt der Heilerin noch einmal zu und widmet sich dann wieder ihrem Fruehstück.

OHH

Diese Daminowitsch - den Namen wird sich Reska im Laufe des Tages ja vielleicht doch noch merken; er klingt eigenartig nach der nordischen Heimat - zieht ja genau das rechte Fazit, und Urszula gibt sich zufrieden. Kein Gedanke, nun selbst mit der notwendigerweise bereits auf dem Weg vom Stall hierher gewonnenen Erkenntnis bezüglich der Verhältnisse draußen aufzuwarten! Es gibt ja keine Eile. Es gibt Tee. Davon nimmt Reska nun auch wohlgemut einen aufmerksamen ersten Schluck neuer Zählung.

MvZ

Zaünin sieht kurz zur Reska, als die gefühlt laut loslacht, wofür die Heilerin gerade keinen aktuellen Anlass erkennt. 'Vielleicht hat sie gerade an etwas lustiges gedacht, oder ihr ist ein Witz eingefallen', interpretiert sie das Gelächter. 'Die beiden Damen reagieren nicht darauf. Also sollte ich vielleicht auch nicht nachfragen.'
Als Urszula schließlich auf ihr Angebot antwortet, wundert sich Zaünin über deren Vorstellung, sie selbst könne ein Interesse an der aktuellen Wetterlage haben. 'Ich habe doch meinen Schuppenwärmer und kann mich selbst bei eisiger Kälte problemlos bewegen. Ach, das weiß sie nicht. Und die anderen hier am Tisch auch nicht.'
Ihre Antwort fällt dann nicht ganz zu Ende gedacht aus: "Nein, mir ist gar nicht kalt. Allerdings lässt es sich schon besser reisen, wenn es nicht so stark schneit, dass man nichts mehr sehen kann. Aber ich will jetzt auch noch gar nicht losgehen."

RB

"Na, dann sitzen wir ja alle im gleichen Boot", antwortet Jana auf Zaünins Feststellung, "und das Wetter kann uns momentan reichlich egal sein. Genauso wie die Temperatur des Bratens." Da sie mit ihrem Teil des Eis fertig ist, nimmt sie sich eine weitere Scheibe Brot und ein Stück des kalten Bratens. "Erstaunlich, die Vorstellung, den Braten zum Abendessen kalt zu essen, schüttelt mich, aber morgens zum Frühstück ist es durchaus delikat..." Bevor sie sich dem delikaten Genuss hingibt, wärmt sie aber den Mund mit einem weiteren Schluck Tee.

OHH

Die Erstaunlichkeit in dieser Feststellung kann Reska für sich im Stillen aus dem Bauche heraus erst einmal nur bestätigen. Mit etwas Mühe mögen sich aber vielleicht Beispiele finden, wo auch ein norbardischer Magen - oder Gaumen - zeitlich bedingte Unterschiede ziehen würde. Allerdings ist jetzt nicht der rechte Rahmen, sich solchen Anstrengungen hinzugeben.
Statt dessen wird erneut am Tee genippt und das angenehme Nass sanft im Munde einhergewiegt, als gälte es, achtsam einen Säugling zu baden.

MvZ

Die Metapher mit dem Boot hat Zaünin schon oft gehört und versteht sie, auch wenn sie sie für völlig unpassend hält. Wenn man zusammen in einem Boot sitzt, ist man für gewöhnlich unterwegs auf einem Gewässer und dabei Gefahren ausgesetzt. Dieses Bild wird jetzt herangezogen für eine weitgehend gefahrlose Situation, in der man - weit ab von Wasser, zumindest in seiner flüssigen Form - eben gerade nicht reist beziehungsweise reisen kann. Aber so ist das nun mal mit Metaphern. Selten sagt jemand, dass er zusammen mit anderen im selben Boot sitzt, wenn er mit ebendiesen Leuten im selben Boot sitzt. Wozu auch? Für gewöhnlich haben die anderen diese Situation bereits erfasst und benötigen den Hinweis darauf nicht. Wobei andererseits manche Leute gerne auf das Offensichtliche hinweisen.
Zaünin fällt jetzt auf, dass Reska mindestens so wortkarg geworden ist, wie sie selbst, seit sie mit Jana und Urszula am selben Tisch sitzen. Sie fragt sich, ob das an einer Konvention der hiesigen Gesellschaft liegt, dass im Beisen von feinen Damen andere nur reden dürfen, wenn sie angesprochen werden. Oder einfach daran, dass die feinen Damen so geübt in der Konversation sind, dass es schwer fällt, einen klaren Gedanken zu fassen und ein anderes Thema anzusprechen.

OHH

Da sich Reska von Zaünin ein wenig begutachtet fühlt, wird jene über die Tasse hinweg freundlich-fröhlich angeschmunzelt, wobei sich die Brauen fragend emporziehen.

RB

'Gefräßige Stille' hätte Janas Papa wohl genannt, was gerade am Tisch herrscht. Zumindest wenn er Janas Papa sein konnte und nicht Herr Baron sein musste. Allerdings gilt dies wohl im strengeren Sinne nur für sie selbst und Casha, die anderen beiden Damen schweigen mit leeren Mündern. Jana erwägt, sie einzuladen, beim reichhaltig bereitstehenden Essen zuzugreifen. Allerdings entspannt sich zwischen ihnen anscheinend eine nonverbale Kommunikation, die die Signora kauend verfolgt, immer noch in der Hoffnung, die Mimik der Heilerin irgendwann entschlüsseln zu können. Um diese nicht zu unterbrechen, hält sie sich zurück und widmet sich ihrem Braten.

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Zu Zaünins Verwirrung entsteht auf einmal eine Gesprächspause, und sie bemerkt mindestens zwei Augenpaare auf sich ruhen. Sie fühlt sich bemüßigt, etwas zu sagen. Vor lauter Grübelei, ob es ihr wohl gelingen könnte, ein eigenes Thema anzusprechen, hat sie es völlig versäumt, darüber nachzudenken, welches Thema das denn sein könnte. Am naheliegendsten wäre es wohl, das Gespräch von vorhin aufzugreifen, als sie mit Reska zusammen noch an dem anderen Tisch saß.
Mit Blick zu Jana sagt sie: "Domna Reska war gerade dabei, mir von ihrer Heimat zu erzählen." Dann sieht sie die Genannte an.

OHH

Nahegleich etwas erschrocken hüpfen die Brauen empor. Stimmt, das hatte Reska bis zu dieser Erinnerung schon wieder ganz vergessen; so wichtig erschien das drüben auch nicht, weswegen man wohl auch rasch davon abgekommen ist.
Aber worum ging es überhaupt im Einzelnen? Doch mehr um Handel als um den Norden im Allgemeinen. Wenn Zaünin hingegen nun dieser Art berichtet, mag sie solches auch eher interessieren. Was könnte man gut darauf erzählen? Während des Nachgrübelns bleibt der Becher noch erhoben, um sich dahinter verstecken zu können, dann sinkt er endlich doch.
"Es ist ein weites Land, von rauher Schönheit und Freiheit - meistens." Das nachgeschobene letzte Wort ist deutlich schwächer ausgesprochen wie zu sich selbst.

AB

Die Freiin, die schon drauf und dran war, das ungemütliche Schweigen ihrerseits zu beenden, verschließt den bereits leicht geöffneten Mund rasch mit einem weiteren Bissen.
In einem möglichst unbeobachteten Augenblick wirft sie Jana einen aufmunternden Blick zu. Wer weiß, vielleicht kann die Freundin mehr aus der schweigsamen Norbardin herauskitzeln als sie, die ständige Begleiterin.

RB

Die beiden letzten Worte wecken Janas Aufmerksamkeit, dazu bemerkt sie den Blick der Freiin. Aber wenn sie jetzt dort nachfragt, wird Reska bestimmt wieder in ihre gewohnte Einsilbigkeit verfallen. Besser sie erst einmal mit einem unverfänglichen Thema am Reden zu halten: "Könnt Ihr die raue Schönheit etwas näher beschreiben, so dass ich Südländerin sie mir vorstellen kann, ohne in Gedanken zu erfrieren?" bittet sie.

OHH

Zunächst beherrscht ein stilles Schmunzeln Reskas Antlitz. Es ist durchaus possierlich, sich die schlotternde Dame beispielsweise im bornischen Winter oder an einem windigen Tag in der Grünen Ebene vorzustellen. Wie aber lassen sich die Gedankenbilder der verschiedenen Gefilde am besten beschreiben - und wo soll man beginnen?
"Es ist ein weites Land", versucht Reska zunächst eine quasi entschuldigende Erklärung, "oder vielmehr: Es sind mehrere Länder, so manches an Fläche größer als das Alte Reich."
Einen Moment lang wird mit Daumen und Zeigefinger von den Mundwinkeln ausgehend über die Unterlippe gestrichen, einen wie gewünscht genaueren Beschreibungsansatz zu finden, alsdann setzt Reska fort: "Allem gemein ist die dünne Besiedelung. Vermutlich würden Euch die schlechten Straßen enttäuschen - dort, wo es welche gibt. Dafür lässt sich das Brüllen des Auerochsen über Meilen vernehmen." Erneut eine Pause der Besinnung.

MvZ

Zaünin gibt den erstbesten Kommentar ab, der ihr bei Reskas Erzählung durch den Kopf geht: "Auerochsen geben gutes Fell. Und gutes Fleisch. Aber die Jagd ist gefährlich."

RB

Jana entgeht das Schmunzeln in Reskas Gesicht nicht; sie hat offenbar den richtigen Ton getroffen. Dafür lässt sie sich jetzt auch ganz auf die Beschreibung ein: Sie steht auf einer Anhöhe, die Sonne im Rücken. Zur Linken erhebt sich in einiger Entfernung ein Gebirge mit grauen, schroffen Felsen, in der Ferne mit schneebedeckten Gipfeln. Vor ihr und zur Rechten erstreckt sich die Steppe, soweit das imaginäre Auge reicht und wahrscheinlich auch viel weiter. Menschen oder Straßen sind nirgends zu sehen. In der Nähe ist das Gras grün, mit zunehmender Entfernung wirkt es graubraun. Nur vereinzelt gibt es Sträucher oder Bäume. Der Wind lässt sie tatsächlich frösteln, und die tiefhängenden Wolken, die vom Gebirge heranziehen, verheißen nichts Gutes. Die Auerochsen kann sie nicht sehen, aber sie hört das Brüllen. Da sie nicht weiß, wie ein Auerochse brüllt, klingt es wie das Muhen einer besonders großen Kuh. "Wie jagt man denn einen Auerochsen?" fragt sie in die Ebene hinein, die nur in ihrer Vorstellung existiert, eine Mischung aus Erinnerung und Phantasie.

AB

Mit ihrer Frage hat Jana auch die Aufmerksamkeit der Bornländerin erlangt. Möglichst unaufällig wartet sie auf die Antwort der Norbardin.

OHH

"In der Gruppe", kommt die Antwort mit einem Selbstverständlichkeit beinhaltenden Ton. Dieser ändert sich auch kaum, als Reska eine vermutlich notwendige Erklärung nachschiebt: "Ich war nie daran beteiligt."

MvZ

Zaünin bestätigt nickend die Aussage Reskas zur Gruppenjagd und kommentiert ihre letzte Aussage mit: "Ich schon."

RB

Janas Blick wandert von Zaünin zu Reska und wieder zurück. Die Hände der Signora liegen ordentlich auf dem Tisch neben dem Brettchen mit dem halb gegessenen Bratenbrot. Nach der letzten Aussage taucht die Heilerin von rechts auf der imaginären Ebene inmitten einer Gruppe ähnlich gekleideter und bewaffneter Jäger auf. Jetzt kommen auch die grasenden Auerochsen in Sicht. Offenbar ist die Ebene doch nicht so flach wie zunächst gedacht, und sie waren hinter einem niedrigen Hügel verborgen. Da Jana nicht weiß, wie Auerochsen aussehen, sind es große Rinder mit langen Hörnern und einem Fell, das aussieht wie Zaünins Mantel wohl aussah, bevor er zu einem Mantel wurde. Durch eine Gruppe von Sträuchern auf ihrer windabgewandten Seite sind sie noch von den Jägern getrennt.
"Mögt Ihr uns davon erzählen?"

OHH

Reskas Brauen heben sich. Solches hätte sie der Heilerin nun wirklich nicht zugetraut.Allerdings mag es sein, dass ihre Familie oder Sippe eben nun einmal im Ganzen auf Jagd ging. Bisweilen kann der Zwang durch Nahestehende doch sehr erdrückend sein. Immerhin hat die kleine Frau es überlebt, wie man sieht.
Auf der anderen Seite bietet deren Bemerkung eine Pause für Reskas Stimme. "Erzählt!" lautet die Aufforderung, welche zeitgleich mit jener der Dame erfolgt, was wiederum zu einem - diesmal etwas verlegenen - Schmunzeln verleitet. Dann lehnt sich Reska wieder zurück und hebt erneut den Becher.

MvZ

Zaünin braucht einen Moment, um zu begreifen, dass die Nachfrage ihr gilt. "Ähhh..."
Sie blickt zwischen den drei anderen Frauen hin und her und sagt schließlich: "Also, in meiner Heimat sieht es anders aus. Da gibt es häufig Büsche auf den Grasflächen, hin und wieder auch Wäldchen und den großen See, den Neunaugensee. Und die Auerochsen kommen vor allem im Spätherbst und bleiben bis zum Frühling. Am besten jagt man sie im Winter, wenn ihr Fell besonders flauschig ist.
Die Büsche und Wälder sind wichtig für die Art, wie man bei uns jagt. Zunächst braucht man jemanden mit viel Jagderfahrung, der den anderen sagt, was sie tun müssen. Dann versteckt man sich im Gebüsch oder am Waldrand, jedes mal woanders, damit die Auerochsen nicht wissen, woher man kommt. Und dann braucht man viel Geduld, weil Maruta so eine Quasselstrippe ist. Der erzählt die ganze Zeit, wie groß der Fisch war, den er gestern fast gefangen hätte. Maruta ist nämlich der beste Fischer im Dorf - oder zumindest glaubt er das. Dann schimpft Zajimin laut, er solle endlich still sein. Das hört aber der Auerochse und haut ab. Dann muss man sich ein neues Versteck suchen und die ganze Zeit über ist Zajimin stinkesauer auf Maruta, obwohl der Auerochse ja vor ihrem Geschrei weggelaufen ist."

OHH

Still vor sich hinlächelnd nimmt Reska die Geschichte auf und folgert, dass offenbar alle in Zaünins Dorf ein wenig so sind wie sie: liebenswert naiv. Auf Dauer kann so ein Umfeld vermutlich anstrenged werden - zumindest, wenn man selbst nicht ähnlich gestrickt ist. Fraglos würde es umgekehrt Zaünin auch bei den Norbarden nicht unbedingt dauerhaft gefallen - das war ja selbst für Reska ein Problem, was aber wesentlich am Vater lag. Wobei... Nun ja. Dieses Leben war letztendlich ein ganz anderes.

MvZ

Zaünin fährt fort: "Wenn dann ein Auerochse nah genug an das Versteck kommt, kommen alle Jäger auf ein Zeichen aus dem Gebüsch und versuchen, ihn zu umzingeln. Manche werfen ihre Fischspieße. Mutigere Jäger greifen das Tier im Nahkampf an. Aber die Haut und das Fell der Auerochsen ist so dick, dass es nur manchmal gelingt, einen zu töten. Oft laufen sie weg und hinterlassen zerbrochene Fischspieße und verletzte Echs... ich meine Leute. Dann ist die Gruppe froh, wenn jemand dabei ist, der sich damit auskennt, wie man Wunden versorgt."

OHH

Die Brauen zucken, die beim Zuhören schmaler gewordenen Augen weiten sich wieder und mustern aufmerksam die Erzählerin. 'Echs... was?' Natürlich könnte es sich um eine Silbe aus irgendeiner anderen Sprache handeln, die mit Echsen gar nichts zu tun hat. Oder das Bruchstück bezeichnet eine bestimmte Gruppe oder einen Stand. Dennoch regt sich der Eindruck in Reska, hier werde irgend etwas verschwiegen. Was aber kann so ein harmlos wirkendes Muttchen für Geheimnisse mit sich tragen?

MvZ

"Doch", bringt Zaünin noch heraus, während Jana zu Reska schon weiterspricht. Deren knappe Antwort ergänzt sie mit der Mutmaßung: "Wenn die Landschaft keine Versteckmöglichkeiten hat, muss man bestimmt ganz anders jagen."

RB

"Oh, dann habe ich mich wohl geirrt. Ich dachte das nur, weil Ihr die Auerochsen eingangs erwähntet. Aber wir haben Euch unterbrochen. Nach Eurer Beschreibung kann ich mir den Norden wirklich sehr schön vorstellen. Mögt Ihr noch weiter erzählen?" Nachdem sie der Norbardin aufmunternd zugelächelt hat, wärmt sich die Südländerin mit einem Schluck heißen Tees.

OHH

Bloß weil man irgendwelche Tiere zur Landschaft gehörig empfindet, muss man sie auch gleich zutode gebracht haben? Ein seltsames Bild, was die Dame da vermittelt, aber möglicherweise liegt ja schon wieder irgendein neues Missverständnis vor.
Auf die abschießende Frage hin erfolgt zuächst Achselzucken. Wo war Reska doch gleich mit der Beschreibung? Dass nach der Heimat gefragt wurde, legt noch nicht klar fest, welche Teile des Nordens es nun genauer zu beschreiben gilt. Sicherlich eher jene, welche in Reska auch am meisten ein entsprechendes Gefühl hinterlassen haben. Doch hier stellt sich gleich das nächste Problem: Solche Empfindungen sind weniger an Orte als an Mitmenschen gebunden.
"Ich weiß nicht", dringt es entsprechend ratlos aus Reskas Lippen hervor.

RB

'Oh.' Eine Antwort auf eine rhetorisch gemeinte Frage ist immer unerwartet, doch diese ist ganz überraschend. Wie gut, dass die Signora etwas Zeit hat, über die Antwort nachzudenken, denn in Erwartung weiterer Erzählungen hat sie nach dem Schluck Tee herzhaft in ihr Bratenbrot gebissen und ist jetzt mit Kauen beschäftigt. Vielleicht fällt ja einer der anderen Damen eine intelligente Erwiderung ein, bevor Janas Mund leer ist.

MvZ

Domna Reska weiß nicht... Wahrscheinlich weiß sie nicht, was es noch zu erzählen gibt, das die Dame aus dem Lieblichen Feld über den Norden interessieren könnte. Zaünin denkt zurück an ihre eigenen Wanderungen durch die Nivesen-Steppen und glaubt, der Norbardin zur Seite springen zu können: "Im Winter sind die Tage viel kürzer und die Nächte länger als hier. Deshalb schickt Firun dort so viel Schnee hin. Wenn alles weiß ist, kann man sogar nachts noch etwas sehen."

OHH

Es ist eine furchtbare Schönheit, dier sich bei Zaünins Beschreibung Reskas geistigem Auge darbietet - so zwiespältig wie das Verhältnis, welches zur Heimat und zur Sippe verblieben ist. Entsprechend leer und unbewegt starren die körperlichen Augen aus dem noch jungen Antlitz in das hiesige Halbdunkel des Schankraumes.
Als letzteres das Bewusstsein erreicht, strafft sich der Körper wieder ein wenig. Fast doch ein wenig schade, diesen Sonnenschein draußen nicht zu nutzen! Doch die Heilerin hat recht: Hier wird es heute länger und mehr davon geben als im Norden. Es wird noch genügend Zeit sein, sich daran zu erfreuen.

AB

Auerochsen, schneebedeckte Weiten - man könnte meinen, Reska und Zaünin beschreiben die Heimat der Bornländerin. Auch wenn sie bislang noch nie einem Auerochsen gegenübergestanden hat.
"Jaaa... wenn es so richtig kalt ist, dass der Schnee bei jedem Schritt unter den Füßen knirscht und einem der Atem fast im Gesicht festfriert... Nicht so wie hier, wo es zwar schneit, aber die weiße Pracht dann pappig und matschig an allem und jedem klebt. Da kommt keine Freude auf, und ich grause mich davor, bei diesem Wetter weiterzureiten. Was meinst du, Reska, sollen wir einfach ein bisschen länger hier verweilen?" Fragend geht der Blick zu Weggefährtin und danach zur neugefundenen Freundin.

OHH

Aus den eigenen Gedanken aufschreckend, blickt Reska zur Reisegefährtin auf. Es wertet doch immer wieder auf, über Belange der Fahrt befagt zu werden. Dies erinnert an die alten Gefährten.
Nun jedoch zurück an den Tisch! Im Norden - vermutlich nicht nur dort - lernt man recht früh, wann sich die Witterung zur Reise eignet und wann nicht. Gut, momentan liegt man wohl ungefähr in der Mitte. Dennoch spricht vieles für eine fernere Rast. Reska jedenfalls hat weder eigenes Ziel noch Eile. "Gern", lautet daher die Antwort nach einem kurzen Achselzucken mit einem Lächeln.

MvZ

Zaünin, die nicht so schnell der Konversation folgt, meint noch bemerken zu müssen: "Ich hab es lieber warm."

RB

"Da stimme ich Euch zu, Domna Zaünin", meint Jana, die endlich wieder sprechen kann. "Was Domna Urszula da beschreibt, klingt zwar sehr romantisch, aber wahrscheinlich nur, wenn man drinnen im Warmen ist. Ich finde die Tage hier im Winter immer schon schrecklich kurz. Es muss ja schlimm sein, wenn sie noch kürzer sind. Andererseits, wenn man dafür im Sommer längere Tage hat, die man draußen verbringen kann, wenn es warm ist, ist es vielleicht gar kein schlechter Tausch. Endlose Gartenfeste, Musik unter freiem Himmel, Bankette im Sonnenschein... Es gibt ja Leute, die finden Fackel- oder Kerzenschein romantisch, aber ich finde, davon haben wir im Winter schon genug." Sie deutet auf die Kerzen, die den Raum notdürftig erleuchten.

AB

Die bornländische Sommerphantasie der Freundin entlockt Urszula ein perlendes Lachen. "Oh ja, länger sind die Tage. Manchmal sogar so lang, dass es niemals dunkel wird. Aber rauschenden Gartenfesten kannst du nur beiwohnen, wenn du auf irgendeine Art und Weise unempfindlich gegen Stechfliegen, Mücken, Schnaken und Gnitzen bist. Die Viecher umschwärmen dich mit einer solchen Begeisterung, dass du mitunter noch nicht einmal den Mund zum Reden öffenen kannst, ohne dass sie gleich hineinfliegen."

OHH

Ja, im Sommer ist die Welt schöner - wer könnte dies bestreiten! Ein Eisbär oder Firungeweihter vielleicht. Stimmt schon, sie ist dann bisweilen fast ein wenig ZU lebendig, aber Urszulas Beschreibung klingt leicht nach einem Gebiet vielleicht nahe eines Moores.
Nach einem kurzen Durchatmen besinnt sich Reska wieder und nimmt einen weiteren, diesmal größeren Schluck Tee, der nun genau die rechte Wärme hat.

RB

"Iih, das klingt ja grauenhaft!" Jana kennt zwar nicht genau die Unterschiede zwischen dem ganzen Viehzeugs, das Casha da aufzählt, aber es klingt alles nach schmerzhaften Stichen und juckenden Pusteln. "Nicht einmal Reden? Das würde mich wahrscheinlich am schlimmsten treffen."
Während die Signora spricht, hört sie zu ihrer Linken einen lauten Ausruf. 'Entführung? Das klingt ja spannend.' Mit etwas Mühe schafft sie es, das zu ignorieren und sich weiter auf die Unterhaltung am eigenen Tisch zu konzentrieren. Aber so ein wenig lauscht sie jetzt doch nach links. "Aber was macht Ihr dann mit den schönen, langen, hellen Abenden?"

MvZ

"Nicht einmal Schuppen helfen gegen diese Stechinsekten", ergänzt Zaünin. Die Erzählung über die Fliegen und Mücken im nördlichen Sommer hat bei ihr unangenehme Erinnerungen geweckt. Die Viecher am Neunaugensee sind im Sommer und Herbst ja schon lästig. Aber im Vergleich zu den Schwärmen blutdürstiger Fluginsekten im Gebiet der Nivesen ist es in Mittelaventurie eher harmlos.
"Es heißt, sie könnten ein Karen in weniger als einer Stunde leersaugen." Zaünin glaubt allerdings, dass das nur gegenüber Fremden behauptet wird.

OHH

Oder Urszula ist so adelig Püppchenhaft wie sie immer tut. Kurz werden Reskas Überlegungen durch die Bemerkung der Heilerin unterbrochen. Woher jene wohl diese Erkenntnis gewonnen haben mag? Doch auch dieser Gedankenstrang hat keine Gelegenheit, an Länge zu gewinnen. Stimmt, es gibt so einige Gegenden, in denen man nicht begraben sein möchte - aber wer will schon irgendwo begraben sein!

RB

So langsam beschleichen Jana Zweifel. 'Wenn der ganze Norden voller solcher Monsterviecher ist, die ein Karen in einer Stunde aussaugen, wären dann nicht schon alle Karene tot? Und ein Mensch hat auch nicht so viel mehr Blut, wie sollen da überhaupt Menschen leben? Und was soll das mit den Schuppen? Als nächstes werden auch Drachen ausgesaugt...'
Wollen die beiden - oder die drei - sie auf den Arm nehmen? Sie sehen eigentlich ernst aus. Aber dass Urszula lügen kann, ohne eine Miene zu verziehen, daran hat Jana inzwischen keinen Zweifel mehr und Zaünin verzieht sowieso keine Miene.
"Schuppen? Meint Ihr so wie Drachenschuppen? Oder ein Schuppenpanzer? Das wäre ja grausam, damit kann man sich nicht einmal kratzen."

OHH

Ach so, ein Schuppenpanzer. Diese Erklärung erscheint Reska durchaus plausibel. Es ist auch vermutlich gar nicht so sehr verwunderlich, dass die Heilerin solchen als Schutz in Betracht gezogen hat. Die hat eben keine Ahnung! Rüstungen gegen Kerbtiere! Also wirklich! Da wird dann doch mal unwillkürlich der Kopf geschüttelt und geschmunzelt, wenn auch nur sehr verhalten.

MvZ

"Genau", bestätigt Zaünin, der gerade bewusst wird, dass sie ihre Worte sorgfältiger wählen sollte, wenn sie sich nicht verplappern will. "Schuppenpanzer helfen da gar nicht. Und Kettenhemden auch nicht. Da finden die Mücken noch leichter einen Weg durch die Zwischenräume. Aber ich kenne das Rezept für eine Kräuterpaste, mit der man sich einschmieren kann. Die stinkt so fürchterlich, dass die Insekten lieber fernbleiben."

AB

"Ach, Ihr habt auch solche Abwehrpasten?" Urszula nickt der Heilerin zustimmend zu. Dann wendet sie sich der Dunkelhaarigen zu. "Das ist nämlich auch meine Antwort auf deine Frage, liebe Jana. Pasten, Wässerchen, Kerzen mit Räucherwerk - es gibt viele Möglichkeiten, sich die Biester vom Leib zu halten. Mal mehr oder weniger gut riechend und leider auch mehr oder weniger zuverlässig. Aber einen Versuch ist es immer wert, will man nicht den ganzen Sommer nur drinnen sitzen. Und zum Draußensitzen in der lauen Sommernacht gibt es auch große Zelte aus ganz ganz leichtem und durchscheinenden Stoffen. Da können ganze Tische und Bänke drin aufgestellt werden und man kann sitzen und essen und trinken und reden und lachen... und die Stechfliegbiester bleiben draußen, weil sie sich in den Vorhängen verfangen. Das sieht wunderschön aus, die weißen Zelte auf der grünen Wiese im Licht der späten Sonne." Die Bornländeirn seufzt sehnsüchtig.

OHH

Weiß auf grün... ja sehr hübsch, wirklich! Aber ein wenig stören dabei das überaus beschauliche Gedankenbild doch die zahllosen winzigen braunen oder grauen bis schwarzen Pünktchen in den weißen Bereichen. Einige zappeln noch. Schon wieder muss Reska in sich hineingrinsen.

VW

Zuerst geht es an den hinteren Tisch. "Ist alles so in Ordnung? Wird noch etwas benötigt, oder kann ich schon mal etwas mitnehmen?" wendet sich Siona an die Gäste.

RB

Gerade als Jana Luft holt, um zu antworten, dass die Farbe Weiß im Norden wohl sehr wichtig sei, im Winter als Schnee, im Sommer als Zelte, wird sie von der Wirtin unterbrochen. Kurz blickt sie sich um: Brot, Marmelade, Honig und Tee sind noch ausreichend vorhanden. "Ich hatte eigentlich genug Ei und Braten. Oder willst du nachbestellen?" fragt sie die hungrige Bornländerin. "Ansonsten ist alles in bester Ordnung", versichert sie dann der fleißigen Wirtin.

MvZ

Weiße Zelte auf grüner Wiese. Zaünin erinnert sich an den Anblick von Zelten in allen möglichen Farben aus der Ferne. Weiß waren die wenigsten davon. Aber die sind auch nicht aufgestellt worden, um beim Essen Schutz vor stechenden Insekten zu haben, mutmaßt sie. Die Zelte, die Urszula beschreibt, sehen vielleicht auch von ihrer Form her ganz anders aus und sind aus einem anderen Material als Zaünins Assoziation. Sie hört zu, neigt interessiert den Kopf und schweigt.

AB

Irgendwie hat das Erzählen von Sommernachtsfeiern den Appetit der Bornländerin angeregt. Daher erwidert sie: "Ach, noch ein wenig mehr Braten wäre schön. Das isst sich so weg beim Erzählen. Und falls Ihr noch ein bisschen Obst habt, Äpfel oder Birnen... irgend ewtas Fruchtiges eben? Gern auch als Kompott."

VW

Siona nickt freundlich. Noch etwas Braten und Obst. Notiert.

OHH

Als die Wirtin Fragen in die Runde wirft, wird einmal genickt und zweimal der Kopf verneinend zu den Seiten gewendet. Bei Urszulas Ausführungen regt sich allerdings auch in Reska schon wieder ein klein wenig der Appetit. Vielleicht ist noch Platz, bloß wenigstens mal hie und dort ein wenig kostend zu naschen.

MvZ

Zaünin fühlt sich von der Wirtin nicht angesprochen. Schließlich hat sie ja gerade erst gefrühstückt.

VW

Ein letztes Nicken, dann macht sich Siona auch schon wieder auf den Weg.

RB

"Also ist es bei euch immer weiß? Immer Winter vom Schnee und im Sommer die Zelte? Kein Wunder, dass du beim Gedanken an ein rotes Kleid so begeistert warst. Aber es muss doch auch bei euch mal Farben geben, die über das Fell eines Auerochsen hinaus gehen?" Janas fragender Blick wandert zwischen den Nordländerinnen hin und her, so dass sich alle angesprochen fühlen, kommt aber dann zufällig bei Reska zum Stillstand.

OHH

Zuerst fühlt sich Reska eigentlich gar nicht recht angesprochen, hat sich die Dame doch bislang eher an Urszula gewandt. Nun jedoch scheint die Blickrichtung der Liebfelderin allzu eindeutig.
Nach kurzem Blinzeln wird sich daher ein klein wenig gestrafft und kaum vernehmlich geräuspert. "Natürlich!" Da fällt Reska unendlich vieles ein. Kein Gedanke hingegen, dies alles sogleich mündlich über die Tischgesellschaft zu ergießen.

MvZ

"Genau", pflichtet Zaünin Reska bei. Da sie das Gefühl hat, dass Jana speziell die Norbardin angesprochen hat, will sie der nicht vorgreifen und verkneift sich weitere Ausführungen.

AB

Urszula, die schon den Mund öffnet, um der Freundin zu antworten, schließt ihn wieder und schaut Reska eindeutig zum Weitersprechen auffordernd an.

OHH

Nun könnte man sich einfach dumm stellen, aber Reska möchte die Brotherrin nicht unnötig verärgern. Nach einem fast seufzerhaften, doch selbstverständlich vollkommen stimmlosen Durchatmen erfolgt daher eine weitere Ausführung: "Es gibt noch mehr Tiere im Norden." Eigentlich sollte dies jedem unbesehen einleuchten. "Und Pflanzen." Mal grüner, mal graubraunschwärzer - auch nichts Überraschendes.
"Außerdem tragen die Einwohner nicht bloß weiße Kleidung", erfolgt nach kurzer Pause noch ein Nachsatz. Jetzt muss Reska doch belustigt grinsen. Was hat sich die Dame nur gedacht! Sie scheint noch nicht viel herumgekommen zu sein, wenn ihr andere Länder als so sagenghaft vorkommen.

RB

"In der Tat..." pflichtet Jana Reska bei, nachdem sie unnötigerweise die Kleidung der drei Nordländerinnen betrachtet hat. Die Geste gilt eher den Gesprächspartnerinnen, schließlich weiß sie genau, was jede Einzelne trägt. Sie lässt den Satz ausklingen und kümmert sich um ihr Essen, in der klaren Erwartung, das jemand anders weitersprechen möge.
Ein Teil ihrer Aufmerksamkeit ist immer noch am Nebentisch. Das interessante Thema von vorhin wird offenbar nicht weiter besprochen, aber immerhin kriegt sie mit, dass der Wirt nach Solstono fahren wird. Falls ihre Kutsche wegen des Schnees nicht kommt, wäre das vielleicht eine Mitfahrgelegenheit. Und Lerano erinnert sie daran, dass sie noch eine Antwort von Elinja erwartet.

MvZ

"Außer ganz weit im Norden", meint Zaünin noch ergänzen zu müssen und fragt sich, ob Reska und Urszula jemals von ihrer Heimat aus weiter nach Norden gereist sind.

AB

Als der Blick der Signora den ihren trifft, zwinkert ihr die Freiin rasch zu.
Dann greift sie den letzten Beitrag der kleinen Heilerin auf. "Ganz im Norden? Da ist doch nichts außer Wald, Wald und nochmal Wald und dann Eis und Schnee. Wen kümmert es da, welche Farben da getragen werden?"

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Redaktion und Lektorat: Oliver H. Herde im Jahre 2022