Tischeinladung angenommen
Verfasser: Astrid Brandt, Dunja Steinhausen, Matthias von Zedlitz, Oliver Baeck, Oliver H. Herde und andere
AB
Urszula scheint ziemlich in der Vorbereitung der Honigkuchenzerteilung vertieft zu sein, denn sie reagiert erst auf das Herantreten der Signora, als diese die Anzahl der Gäste verkündet. Die Hand mit dem bedrohlich anmutenden Messer diesmal bewusst auf der Tischplatte verweilen lassend, antwortet sie mit einem Seitenblick zu Jana: "Alle? Aber nicht alle alle, denn Ihr seid ja noch mit Herrn Avessandro verabredet. Also alle anderen, wie schön. Lasst Euch bitte nicht aufhalten; der Abend ist ja noch jung und wer weiß, vielleicht ergibt sich ja noch eine Gelegenheit. Ich werde auf jeden Fall ein Stückchen Honigkuchen für Euch reservieren... ach was."
Anscheinend ist gerade ein Geistesblitz durch Urszulas hübsches Köpfchen gezuckt. Mit einer geschickten und wie es scheint recht geübten Bewegung der linken Hand schneidet sie zuerst einen schmalen Streifen von dem weitgereisten Honigkuchen und dann, unter zu Hilfenahme der rechten Hand, ein Stückchen von dem Packpapier. Den Streifen auf das Stückchen legend, überreicht sie beides mit den Worten: "Bitte, für Euch und Herrn Avessandro. Wohl bekomm's!"
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Auch die Köchin hat nun den großen Tisch erreicht. Flüchtig wird das mitgebrachte Küchlein inspiziert. Dass Gäste eine Wegzehrung dabei haben und hier drinnen vertilgen, ist nicht so ungewöhnlich. In aller Regel bestellen sie ja trotztdem etwas hinzu, und in diesem Falle haben sie das bereits, wie man in den Händen Sarinas sehen kann, welche sich nun zum Tische hinabsenken, um vor den sitzenden Frauen die Ochsenkeulenteller zu platzieren. "Wohl bekomm's!" spricht auch sie, nicht um die eben erfolgten Worte der Freiin ahnend.
Beim Anblick der Köchin und insbesondere der Mitbringsel strafft sich Reskas Haltung. Sehr schön! Der Kuchen eignet sich sowieso viel mehr als Nachtisch! Ein Blick auf das Messer, ein weiterer auf Urszulas Ausdruck. Ob sie das wohl noch lang braucht?
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Die Schauspielerin schafft es, einen überzeugend glücklichen Gesichtsausdruck zu mimen und sich artig zu bedanken: "Habt herzlichen Dank. Ich bin sicher, Dom Avessandro wird es ebenso zu würdigen wissen wie ich." Dann wird es etwas schwierig, da sie Kladde, Kuchen, Papier und Teebecher balancieren muss.
Doch die Lösung ist schnell gefunden. Als die Köchin die Ochsenkeulenteller auf dem Tisch platziert, macht es Jana mit der Kladde ebenso, legt dann den Kuchen auf dem Papier darauf, stellt den Becher dazu und benutzt die Kladde als Tablett.
Als sie jenes aufnimmt, echot sie ein drittes Mal: "Wohl bekomms", überlässt die Damen ihrem Essen und bewegt sich zu dem Tisch, an dem ihr zukünftiger Gesprächspartner gerade Platz genommen hat.
AB
Voller Freude blickt die Freiin auf die wohlgefüllten Teller, von denen ein herrlicher Duft ausgeht. Das "Travias Dank, gute Frau" klingt ehrlich und voller Überzeugung und mag sowohl der Köchin als auch der inzwischen abgewanderten Signora gelten.
Angesichts der damlpfenden Speise und eingedenk der eher lauwarmen Suppe beschließt sie offenbar, sich nun zu allererst dem leiblichen Wohl zu widmen. Das Messer, auf welches Reska schon ein begehrliches Auge geworfen hat, wird wieder aus der Hand gelegt und der Blick sucht nach dem Besteck.
OHH
Nebenbei wird das Kuststück der Dame beobachtet, doch nur so aufmerksam, dass Reska nicht das Messer aus den Gedanken und bisweilen Augen verliert. Im Grunde könnte man ja auch einfach die gesamte Keule in die Hände nehmen, doch zum einen mag sie dafür noch zu heiß sein, zum anderen zieht Urszula bei solcher Gelegenheit nur wieder eine missbilligende Miene, und zum weiteren will Reska es mit dem Fett an den Fingern nicht allzu sehr übertreiben.
Mit gezückter Waffe ersticht Reska das Opfer und trennt ein größeres Stück ab.
Derweil lächelt die Köchin geschmeichelt über diesen Appetit ebenso wie über die gefälligen Worte der Freifrau. Schon will sie sich zufrieden abwenden, als sie bemerkt, dass noch etwas zu fehlen scheint. Der Blick der Dame ist wohl recht eindeutig, also greift Sarina in die Schürze, zaubert ein deutlich kleineres Schneidewerkzeug als das der ulkigfrisurigen Fremdländerin, welche wohl kein weiteres benötigt, daraus hervor und reicht es freundlich mit dem Griff voran dem blonden Gast.
DS
Myrana wendet sich dem Tisch von Urszula zu, tritt an letztere heran, blickt sie direkt an und spricht schließlich: "Auch wenn Ihr vielleicht meinen Namen in der Zwischenzeit schon aufgeschnappt haben könntet, so haben wir uns doch noch nicht offiziell vorgestellt. Mein Name ist Myrana von Wolfenstein, und ich bedanke mich für die Einladung an Euren Tisch." Danach blickt sie in Reskas Richtung und nickt ihr mit einem leichten Lächeln zu.
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Zaünin dackelt einfach hinter Myrana her. Als die Wolfskriegerin sich der Dame mit ihrer Begleiterin vorstellt, ist sich die Heilerin unsicher, ob von ihr erwartet wird, dass sie auch etwas sagt. Vorgestellt hatten sie und die Freiin sich ja bereits. Die andere Frau... Nunja, wenn man sich in einem Flur Bauch an Bauch - oder vielmehr Brust an Bauch - aneinander vorbeiquetscht, ist das bestimmt soviel wert wie eine offizielle Vorstellung.
Zaünin wartet einfach ab, ob jemand sie erwartungsvoll ansieht, und beobachtet derweil still und einen halben Schritt seitlich versetzt hinter Myrana, wie die anderen miteinander umgehen.
AB
Mit einem dankbaren Lächeln nimmt die Freiin die handlichere Variante eines Messers entgegen. Noch ist sie dabei, das Gesamtkunstwerk zu betrachten und sich dabei Gedanken über die rechte 'Angriffsstelle' zu machen, da treten die Söldnerin und ihre Begleiterin an den Tisch. Das kleine Messer wieder aus der Hand legend, erhebt sich Urszula bei den Worten von Myrana und nickt den beiden neuen Tischgefährten unverbindlich zu.
'Von Wolfenstein, soso. Befehlsgewohnt, kein Palaver, gleich Tacheles. Und - wie war doch gleich der Name - Tsaunin? Zumindest so ähnlich, also sie ist eher ein stiller Beobachter. Wie Reska.'
"Gern geschehen", erwidert sie sodann auf den Dank der Wolfsfellmantelträgerin. "Ich dachte, es wäre angesichts der widrigen Wetterbedingungn hier in der Nähe des Kaminfeuers doch angenehmer als neben der Tür. Wenn ich nun die Vorstellung erwidern darf: Urszula Freiin Panemareiken zu Niedernebensjepengurken, und dies ist meine Reisegefährtin Reska Bagoltin. Bitte, nehmt Platz, Frau von Wolfenstein und Frau Tsaunin."
Mit einladender Handbewegung deutet Urszula auf die noch freien Stühle.
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Hach, wie lecker das riecht! Da fällt es Reska schwer, den Hinzutretenden höfliche Aufmerksamkeit zu schenken. Immerhin werden sie beiläufig betrachtet und benickt. Tsaünin ist eh bereits mehr oder weniger bekannt, und wie üblich führt Urszula die Unterhaltung. Da muss man sich nicht einmischen.
Oh, das dampft aber ganz schön! Ein Stück Fleisches wird aufgespießt und emporgeführt - zunächst zur wohlwollenden Betrachtung und Beschnupperung.
Jetzt wird es der Köchin hier aber zu voll. Zudem hat sie auch alles erledigt. Natürlich könnte sie noch warten, bis alle sitzen und dann, ob noch jemand etwas bestellen will. Das könnte allerdings erfahrungsgemäß lange dauern. Auf der anderen Seite wirkt niemand danach, als hätte er - beziehungsweise in diesem Zusammenhang wohl durchweg sie - ein Anliegen an das Wirtspersonal. Entsprechend zieht sich Sarina nach einem Nicken zurück.
DS
Myrana nickt der Freiin mit schwer einschätzbarem Gesichtsausdruck zu. Sie scheint kurz zu überlegen, welchen Platz sie wohl einnehmen sollte. Schließlich antwortet sie der Freiin: "Mit der Wärme habt Ihr sicher Recht, Domna Urszula, sie wird mir bestimmt guttun."
Danach nimmt sie ihren Mantel, hängt ihn über den Stuhl am Kopfende neben Reska und nimmt Platz.
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Das war unerwartet. Zaünin hätte gewettet, dass sich Myrana zu Urszula setzen würde und nicht zur schweigsamen Reska. 'Was gebietet jetzt wohl die Höflichkeit? Wenn ich mich zu Myrana, also gegenüber von Reska setze, sitzt Urszula abseits von allen anderen. Die fein gekleidete Dame macht aber einen eher wichtigen Eindruck, also sollte man sie ganz bestimmt nicht außen vor lassen. Wahrscheinlich ist sie sogar diejenige, die uns eingeladen hat. Also sollte ich mich wohl gegenüber von Myrana hinsetzen. Wenn ich mich Urszula gegenüber setze, sind die Plätze zu meinen beiden Seiten frei. Das wäre auch seltsam.'
Die kleine Heilerin zögert ein paar Augenblicke und setzt sich schließlich an die Schmalseite gegenüber von Myrana, nicht ohne einen Seitenblick zur Freiin, ob diese mit ihrer Sitzwahl einverstanden scheint.
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Nachdem sich die beiden Damen entschieden und ihre Plätze eingenommen haben, lässt sich auch Urszula wieder auf dem ihren nieder.
"Wie schön", kommentiert sie ganz allgemein die neu entstandene Situation am Tisch. "Ich hoffe, Ihr beide habt Appetit auf ein kleines Stückchen Honigkuchen? Er eignet sich ganz vorzüglich zu Würzbier oder auch Tee. Ob als Vorspeise oder lieber nach dem Essen - ganz wie jedem beliebt."
Bei den letzten Worten fliegt der Blick hinüber zu der Signora, welche - so sie gerade schauen sollte - ein Augenzwinkern in ihre Richtung erkennen könnte.
Dann wandert der Blick zurück und ruht fragend zuerst auf Myrana zur Linken und dann auf Zaünin zur Rechten.
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Zaünins Augen beginnen zu leuchten bei der Aussicht, endlich etwas in den Magen zu bekommen und nicht weiter auf die Suppe warten zu müssen. Die schiere Vielfalt menschlicher Speisen begeistert sie auch nach zwanzig Jahren immer noch. So viele Menschen es gibt, so viele unterschiedliche Gerichte scheint es auch zu geben. Sie fragt sich zuweilen, ob dies eine typische Eigenart von Haarigen ist oder es eine ähnliche Bandbreite von Speisen bei echsischen Völkern gibt. In jeder Region Aventuriens machen ihre Geschmacksknospen neue Entdeckungen.
Nicht alle diese Entdeckungen sind angenehm. Zum Beispiel kennt Zaünin zwar aus ihrer Heimat vergorene Getränke - hergestellt aus Fisch - aber Gebrannter bekommt ihr gar nicht. Im Allgemeinen hat sie sich jedoch ihre Neugier und Probierfreude bewahrt. Sogar an Milch hat sie Gefallen gefunden. In ihrem Dorf schüttelt es die Meisten allein bei der Vorstellung, eine Flüssigkeit zu trinken, die von Tieren abgesondert wird. 'Milchtrinker' ist denn auch eine abfällige Bezeichnung für Haarige, und auf ihresgleichen bezogen, eine schlimme Beleidigung.
'Honigkuchen' hört sich nach einer unverdächtigen Speise an, und Zaünin ist schon drauf und dran, das Angebot einer Vorspeise anzunehmen. Unwillkürlich hat sie schon angefangen zu nicken, als ihr durch den Kopf schießt, dass die Menschen oftmals ganz seltsame Benimmregeln haben, die sich auch noch von Region zu Region und je nach gesellschaftlicher Stellung unterscheiden. Also hält sie inne und wartet erst einmal ab, wie sich Myrana verhält.
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Derweil lässt sich Reska von alledem nicht bekümmern. Auch, dass nun jemand Fremdes auf der anderen Seite sitzt, scheint kaum eines Blickes wert. Schließlich muss auf Fleisch und Messer geachtet werden!
DS
Myrana wartet, bis Urszula Platz genommen hat, um dann zu entgegnen: "Danke für das nette Angebot. Der Kuchen sieht lecker aus. Ist das eine Spezialität aus Eurer Heimat? Ich probiere tatsächlich gerne ein Stück davon. Lerano wollte sich um den Hauptgang kümmern, aber der wird wohl noch etwas dauern."
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"Ja und nein. Honigkuchen an sich ist eine Spezialität aus dem Bornland, denn wenn wir auch sonst nicht viel haben - Honig haben wir genug", ergreift Urszula die Gelegenheit für eine längere Antwort. "Ich hatte natürlich ein Päckchen mitgenommen, als ich aus Niedernebensjepengurken aufgebrochen bin. Meine Großmutter hat ein wunderbares Rezept, und sie bäckt immer noch regelmäßig. Den besten Honigkuchen von allen, Travia sei meine Zeugin. Aber dieser Vorrat ist bereits vor einiger Zeit ausgegangen, so dass ich nun nur Honigkuchen aus Gratenfels anbieten kann. Auch nicht schlecht, aber eben nicht der meiner Baba Mascha." Die Gesichtszüge der Bornländerin werden weich, und ein verklärtes Leuchten tritt in ihre Augen.
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"Ich probiere auch gerne ein Stück davon. Danke für das nette Angebot", imitiert Zaünin den Wortlaut der Kriegerin, um benimmseitig auf Nummer Sicher zu gehen. Daraufhin beobachtet sie genau, was die Freiin mit ihren Händen macht. 'Erstaunlich, wie lange hier um den Kuchen herumgeredet wird, bevor die Gurkenfrau ihn austeilt.'
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Dagegen hat Reska es dank des Hauptgerichtes mit dem Kuchen nicht eilig. Ein wenig wird noch das auf das Messer gespießte erste Stück Fleisch zwecks genügender Abkühlung in der Luft gewedelt, dann fährt es zwischen die Lippen und Zähne seinem Ende entgegen.
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Am Rande bermerkt die Freiin, dass sich der Capitano langsam in Richtung des großen Tisches in Bewegung setzt. Gut... jetzt gilt es also.
Mit einem gewinnenden Lächeln für Myrana und Zaünin fährt sie fort, als hätte sie nichts gesehen: "Wunderbar, ganz wunderbar. Also vier Stücke... lasst sehen..."
Für den Betrachter nicht nur ein wenig umständlich, nimmt sie zuerst erneut das verbleibende Stück Honigkuchen in Augenschein, hält sodann das Messer über den Kuchen und markiert in der Luft die möglichen Schnitte, verwirft den Ansatz und dreht den Kuchen um 90 Grad, um alsdann erneut mit dem Messer zu markieren.
Die Aufmerksamkeit der Freiin ist dabei möglichst unverfänglich die ganze Zeit auf den nahenden letzten - und vielleicht wichtigsten - Gast gerichtet. Es gilt, den Augenblick abzupassen, in dem der Capitano nahe genug herangekommen ist, um ihn in die Aufteilung des Honigkuchens einzubeziehen.
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Oh, wie herrlich das Fleich schmeckt, zumal nach diesem langen Ritt! Ein wenig heiß noch, aber sehr aromatisch, sehr würzig und weder zu weich noch zu hart. Gerade letzteres hängt ja auch immer mit vom Fleisch selbst ab. Glück gehabt!
Vor dem nächsten Stück aber vielleicht doch etwas vom Gemüse, das gewiss bereits etwas kühler ist.
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'Warum teilt sie den Kuchen nicht endlich aus?' Zaünin verfolgt den Tanz von Urszulas Messerhand über dem Kuchenstück und ist geneigt, ihr beim Zerschneiden Hilfe anzubieten. Aber vielleicht ist das ja ein notwendiges Ritual, dass man erst in der Luft antäuscht, bevor man eine Speise portioniert. Also bleibt sie bei ihrer Rolle eines Beobachters dieses seltsamen Spiels und der anderen Tischgenossen.
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In Temperatur und Geschmack hält das Gemüse alles, was Reskas Ahnung und die Qualität des Fleisches bereits versprochen haben. Unter wohligem Lächeln entspannt sich der gesamte Körper.
Beim Kauen ist nun auch wieder mehr Zeit, die anderen zu beobachten. Jene scheinen den Augenblick ebenso zu genießen, vielleicht mit Ausnahme von Tsaünin, die irgendwie nicht recht gelöst wirkt, eher sehr aufmerksam. Dennoch ist sie Reska auf eine irgendwie eigenartige Weise sympathisch.
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Es bleibt Urszula nicht verborgen, dass Zaünin eine gut verborgene Ungeduld entwickelt. Oh, der Capitano lässt sich aber auch Zeit! Man ist beinahe versucht, da eine gewisse Absicht zu unterstellen. Aber was soll's.
"Herrje!" seufzt die Bornländerin tief und wirft einen klagend-hilfesuchenden Blick in die Runde. "Ich kann mich einfach nicht entscheiden. Längs- oder quergeteilt? Vier oder sechs Stücke? Wenn ich doch nur wüsste, ob der Capitano Lerano ebenfalls ein Stück versuchen möchte..."
MvZ
Zaünins Blick springt vom Kuchen zu Urszula und wieder zurück zum Kuchen. 'Das ist ja kaum auszuhalten.' "Fünf quer", platzt es schließlich aus ihr heraus, in dem Versuch, endlich eine Entscheidung herbeizuführen und etwas zwischen die Zähne zu bekommen.
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Mit dem Stab in der Hand macht Lerano sich auf den Rückweg. Er umrundet den Kamintisch und nimmt die letzte Etappe in Richtung des großen Tisches in Angriff. An der Längsseite angekommen, stellt er sich in Positur und will zu einer Begrüßung und Vorstellung ansetzen, als Zaünin mit ihrer rätselhaften Bemerkung herausplatzt. Irritiert schaut der Capitano sie an. Spricht sie von einem Boltanblatt?
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"Fünf quer, also gut." Zufrieden, dass ihr jemand die Entscheidung abgenommen hat, dreht Urszula das Stück Honigkuchen erneut um 90 Grad und setzt das Messer an. Noch einmal kurz Mass genommen, dann endlich senkt sich das Messer in den Honigkuchen, und nach kurzer Zeit liegen fünf erststaunlich gleichgroße Stückchen auf dem Packpapier. Die Bornländerin strahlt Zaünin an. "Danke, Ihr habt mir sehr geholfen."
Jetzt erst - wie es scheint - bemerkt sie den herangetretenen Lerano. Das Messer aus der Hand legend, erhebt sich Urszula, den Stuhl dabei ein wenig zurückschiebend. "Herr Lerano, wie schön, dass Ihr doch Zeit habt, Euch zu uns zu gesellen. Wir sind gerade mit der Aufteilung des Honigkuchens fertig geworden. Ich hoffe, Ihr tragt mir mein Versehen von vorhin nicht länger nach - aber wer kann denn ahnen, dass ein Mann ohne..." Sie unterbricht sich, blickt rasch zu Myrana und Zaünin und fährt dann fort: "Wie auch immer; ich bitte, die Verwechslung zu entschuldigen. Wollt Ihr Euch nicht setzten?"
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Wieso macht Urszula nur solch ein Aufhebens um die Kuchenteilung? Und wie kommt sie bloß auf sechs Teile? Will sie etwa auf einen neu hereinkommenden Gast vorbereitet sein? Oder selbst zwei Teile verspeisen?
Reskas eher innerliches Achselzucken geht in ein ebenfalls kaum sichtbares Aufschrecken über Zaünins Ausruf über, dann wird auch bereits der Herantretende bemerkt. Wenn er so kompliziert sein sollte, wie die Damen behaupten, schadet ein freundliches Nicken nicht. Andernfalls auch nicht.
Aufmekrsam beobachtet Reska, wo er sich wohl niederlassen wird, auch wenn dies ja eigentlich gar nicht so wichtig erscheint. Dies hält daher auch nicht genügend davon ab, nebenbei wieder am Fleisch herumzuschnippeln.
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'Das war's?' Zaünin hat sich schon selbst den Mund zuhalten wollen, weil sie glaubte, ihr sei ein schrecklicher Fauxpas unterlaufen. 'Das war gar keine Zeremonie? Unsere Gastgeberin brauchte nur eine Entscheidungshilfe? Na, wenn das so ist, kann ich bestimmt noch öfter helfen. Entscheidungen zu treffen, fällt mir ja für gewöhnlich nicht schwer.'
Zaünins Blick wandert neugierig zwischen Urszula und Lerano hin und her. Nachdem sie vor wenigen Minuten noch durch die Stimmungslage zwischen dem Magier und ihrer ehemaligen Heilassistentin verwirrt war, ist sie nun gespannt, wie sich der Capitano der Freiin gegenüber verhalten wird.
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"Entschuldigung angenommen, Domna Urszula", erwidert Lerano mit einem erkennbar gesteigerten Grad an Freundlichkeit in Stimme und Miene, "und die Einladung gleich mit."
Allerdings geht es ihm gerade wie dem neethanischen Esel: zwei gleichermaßen einladende Stühle. Es wäre wohl höflicher, sich direkt gegenüber von der Kuchenspenderin hinzusetzen. Außerdem wäre er dann näher an Zaünin und könnte vielleicht noch ein bisschen dabei unterstützen, ihr Geheimnis zu bewahren. Andererseits wäre es wohl entspannter, eben nicht direkt gegenüber der Kuchenspenderin und ihrem Redeschwall zu sitzen, sondern neben Domna Myrana, mit der es gewiss mehr gemeinsamen Gesprächsstoff gäbe - auch wenn sie das im Obergeschoss begonnene Gespräch wohl besser nicht hier in Gesellschaft fortsetzen sollten. Dass beide Stühle mit dem Rücken zum Schankraum stehen, missfällt dem altgedienten Kämpfer zudem grundsätzlich.
Er zögert die Entscheidung heraus, indem er zunächst die zwei Schritte zum Fenster geht und dort seinen Zauberstab wie schon geplant in der Ecke zwischen Wand und Regal abstellt. Wieder verkantet er das untere Ende in einer Fuge zwischen zwei Steinplatten, damit der treue Kampfgefährte stabiler steht.
MvZ
Zaünin bemerkt Leranos Blick auf die Stuhlsituation. 'Immer mit dem Rücken zu einer Wand sitzen und nahe an einem möglichen Fluchtweg.' Wie oft sie diese Art Sprüche schon an Lagerfeuern von ihren Gefährten auf Zeit gehört hat! Und die wenigen Male, die sie selbst ein Gasthaus betreten hat, konnte sie feststellen, dass reisende Abenteurer sich auch tunlichst daran hielten. Paranoid? Sicher, aber diese Leute machen wohl Erfahrungen, die einen gewissen Verfolgungswahn rechtfertigen. Zaünin hätte eigentlich auch jeden Grund dafür. Aber nachdem sie sich Lerano und Myrana offenbart hat, fühlt sie sich in diesem Gasthaus sicher. Das Experiment kann weitergehen.
Zaünin erhebt sich und fragt den Magier mit einer Handgeste zu 'ihrem' Stuhl: "Mögt Ihr vielleicht hier Platz nehmen, Dom Lerano?"
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'Wie jetzt, angenommen? Einfach so und gleich beides?' Urszula ist für einen Moment sprachlos und sehr damit beschäftigt, die Fassade der unbedarften Bornländerin aufrechtzuerhalten. So sehr, dass sie erst, nachdem Zaünin dem Capitano ihren eigenen Stuhl anbietet, überhaupt zu einer Antwort ansetzt.
"Ach, wie reizend!" ertönt - ein wenig verspätet - ihr Ausruf, der sowohl zu der Tatsache, dass Lerano die Einladung und die Entschuldigung angenommen hat, passt als auch zu dem Umstand, dass - sollte Lerano das Angebot Zaünins annehmen - er direkt neben Urszula zu sitzen käme.
"Ich hoffe, es ist Euch recht, wenn ich mit dem Essen anfange - es wäre schade, wenn die Keule so wie vorhin die Suppe nur einfach kalt werden würde. Bitte bedient Euch derweil am Honigkuchen."
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Lerano zieht erstaunt und anerkennend die Augenbrauen hoch, als Zaünin ihr Angebot macht und sogleich in die Tat umsetzt. Die Heilerin hat offenbar die Menschen sehr eingehend beobachtet, dass sie solche Schlüsse über das Verhalten ziehen kann.
"Danke sehr, Domna Zaünin", erwidert er freundlich und lässt sich ohne große Umschweife auf dem Stuhl an der Stirnseite nieder, seinen Stab im Rücken, aber in Griffweite. Kurz lässt er den Blick über den Tisch schweifen. Am Honigkuchen bleibt er kurz hängen, vor allem aber nimmt er mit einer gewissen Zufriedenheit zur Kenntnis, dass Domna Myrana ihm jetzt genau gegenübersitzt - mit der Kriegerin wird er sich wohl auch bei verschiedenen Dingen über Blicke verständigen können.
"Fangt nur schon an, Domna Urszula, dass es nicht kalt wird", entgegnet er sodann seiner neuen Sitznachbarin und zieht kurz die Mundwinkel in die Höhe. 'Wenn sie in Plauderlaune ist, wird's sowieso kalt', denkt er bei sich. "Und danke für das Angebot, aber ich werde jetzt erst einmal auf meine Kohlsuppe warten." Er schaut längs über den Tisch zu Myrana, die dasselbe hat bestellen lassen. "Sollte bald anlanden."
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Nachdem Lerano den ihm angebotenen Stuhl besetzt hat, steht Zaünin wiederum vor der Wahl zwischen zwei Sitzen. Neben Myrana und gegenüber der schweigsamen Frau mit der lustigen Frisur? Das könnte wie eine Flucht vor der Gastgeberin gewertet werden. Also lieber den nächsten Platz einnehmen, der verfügbar ist. Außerdem kommt sie dort besser an den Kuchen heran.
Zaünin setzt sich also neben Lerano und greift sich gleich - Urszulas Aufforderung folgend - ein Stück Kuchen, das mit einem Happs in ihrem Mund verschwindet. Zufrieden kauend blickt die Heilerin in die Runde.
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Die Andeutung des Lächelns in Leranos Mundwinkel bleibt nicht unbemerkt, jedoch unkommentiert. Stattdessen neigt die Bornländerin dankend den Kopf und widmet sich sodann erst einmal der wunderbar duftenden Ochsenkeule. Erst ein bisschen Gemüse, dann das erste Stück Fleisch werden langsam und andächtigt gekaut, geschmeckt und geschluckt.
OHH
Welch unerwartete Wendungen das Leben doch selbst im Kleinsten noch bereithält, wenn man nur still darauf achtet! Was Reska darüber denken mag, bleibt wesentlich hinter der endlosen Stirn verborgen, doch wird ein jeder - oder in diesem Falle überwiegend eine jede - die innere Zufriedenheit ein wenig weiter unten zu erkennen wissen. Ein warmer Raum, ein warmes Mahl, Nachtisch in Aussicht, insgesamt doch recht friedfertige Anwesende - was will man mehr!
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Ausschnittliste / anwesende Gäste / Lageplan
Redaktion und Lektorat: Oliver H. Herde im Jahre 2020