Von der Mannschaft

Verfasser: Oliver H. Herde, Ralf Büngener und andere

OHH

Für ungewiss lange Momente verliert sich des Seebären Blick in der neuen Flamme.
Ein Kribbeln am rechten Knie, welches nur das hölzerne Unterbein hält, holt ihn wieder ins Bewusstsein. Derweil er es mit seinen vier Fingern fortkratzt, lässt er Thorkars Worte noch einmal nachhallen. Dessen Worte erinnern ihn doch sehr an seine beiden Turbanträger.
"Danke", schaut er kurz zu der Wirtin auf, bevor er wieder sein Gegenüber ins Auge fasst.
So recht zufrieden ist er mit dessen Meinung nicht, allerdings gehört es zur Freiheit unbedingt, unbequeme Ansichten anderer zu akzeptieren, solange sie einen selbst nicht beeinträchtigen. Mehr noch: In aller Regel sollte man sogar nicht einmal gegenreden. Um so weniger, wenn wenig Aussicht auf ein befiedigendes Ergebnis des nachfolgenden Streitgespräches besteht.
Nachdem er ein wenig den Mund verzogen und dann die Lippen gespitzt hat, erwidert Kvalor daher: "Zumindest in diesem Punkte würdest du dich wohl gut mit besagtem Illusionisten verstehen." Und mit Faramud, sowie überhaupt Tulamiden und auch Al'Anfanern, was man einem Thorwaler gegenüber besser unerwähnt lässt.

RB

"Mutt jan inneressana Kerle sin, din Zaubara, bei Swafnir." Tatsächlich hat Thorkar inzwischen so viel von ihm gehört, dass er tatsächlich Lust bekommt, ihn zu treffen. "Wie heistan einglich?" Vielleicht begegnet man sich ja mal zufällig.

OHH

"Yashkir al Yrgendwas el Ychweißnichtmehr", erwidert der Kapitän grinsend. "Ich glaube, alles über seinen Rufnamen hinaus hat er sich ausgedacht."
Wieder einmal lehnt er sich zurück und nimmt einen Schluck zur Rückbesinnung. Ein Aufatmen wie bei einer frischen Briese nach stickigem Kabuff folgt.
"Tjaja, das ist schon ein bunter Haufen mit allerlei nützlichen Fähigkeiten, den ich da habe." Zumindest bald wieder, könnte man zuversichtlich ergänzen. "Und er ist bunt genug für sich allein. Das muss man sich mal vorstellen: Den Titel 'Magnibilität' hat er sich auch selbst verliehen. Ich glaube, den gibt es bei den Akademikern in Wirklichkeit gar nicht!" Offensichtlich erheitert in die Erinnerung an diesen verschrobenen Kerl nun doch außerordentlich.

RB

Als er den Namen hört - oder vielmehr das, was der Käpt'n daraus macht - muss Thorkar lachen. "Durchaus kreativ eure Magnibilität al'Watwaysych. Bei denen ihre Namen schau ich eh nich duäch. Die ganzn Als un Bens un hatunichgeseyhn. Un Titel hats wohl mehr als wie Sand am Meer. För jen Popel een."

OHH

Schmunzeln und Nicken, und dennoch muss der Kapitän relativieren, was sein Tischgefährte da so richtig von sich gibt: "In der Tat. Wobei man da zu trennen hat zwischen tulamidischen und magierakademischen Sitten, die bei diesem hier zusammentreffen, obwohl er ja genau besehen weder das eine noch das andere ist." Weiterhin Schmunzeln und Nicken.

RB

"Dat machtn noch kreativa. Der nimmt sich wat a will wo a will. Goudes Motto einglich", sinniert der Thorwaler. Tatsächlich entspricht das ziemlich seiner Einstellung. Man kann ja selber entscheiden, wo man etwas nimmt. Oder gibt. "So wie Sato." Der letzte Satz ist eigentlich nur laut gedacht.

OHH

Dass sich noch mehr Gemeinsamkeiten des Thorwalers mit dem Al'Anfaner ergeben würden, hätte der Seebär nicht unbedingt geglaubt - jedenfalls nicht so bald und bei so allgemeinen Grundansichten. Andererseits ist Yashkir nicht in jedem Punkt ein typischer Vertreter seiner Heimatstadt. Dies mag für jeden gelten, auch für Thorkar.
"Sato?" wiederholt der Kapitän. "Müsste ich den kennen?" Der Name klingt ein wenig nach einem maraskanischen Dichter oder Philosophen.

RB

Thorkar erklärt: "Dat solln Bandit sein, da wo up ne 'geheimnisvolle Insel im Ostn'" - die letzten Worte hat er mit gespielt geheimnisvoller Stimme gesprochen - "sin Unwesn treim soll. Ob dat nu Maraskan sin soll oda S-pinnaskan..." Er macht eine wegwerfende Handbewegung.
"Der tut imma wiede an nem Bach oda nem Wech oda wat auch imma uptauchn. Un wennes benutzn wills, musse ihm wat zahln. Un wenn nicht willst, musste mit m kämpfn. Un weil a zimmich gut is, gewinnt a meist. Un nimmt dann nur genau dat, wat a am Anfang fordert hat, den Rest lässt a diä. Egal, ob stes överlebs oda nich." An dieser Stelle macht er eine Pause, aber die Geschichte scheint noch nicht zu Ende zu sein.

OHH

Spinnaskan als Inselname wäre dem alten Kapitän neu, aber was weiß schon ein Thorwaler vom Perlenmeer! So mag ersterer mit seiner Verortung rechtgelegen haben.
"Das ist ja mal ein besonders redlicher Kerl, welcher sich wohl eher als Zöllner versteht!" Die anfängliche Sympathie schlägt beim Zuendedenken fast ins Gegenteil um, scheint es sich bei jenem Sato doch eher um einen Verwaltungsbeamten zu handeln. Diesen Empfindungswandel hört man auch am Klang der letzten der lediglich geraunten Worte.
Aber dann fasst der Seemann wieder den Sprecher ins buchstäbliche Auge.

RB

"Tja", fährt Thorkar bedächtig fort, "es gibt aba auch Geschichtn von Amteuran, da wo valetzt am Lagafeuer lahn. Un da issa inna Nacht uptaucht." Er fährt fort mit einem schlecht nachgemachten fremdländischen Akzent: "Sato nimmt nicht von denen, die weniger haben als er."
Dann spricht der Thorwaler mit normaler Stimme weiter: "Dann issa beigang un hat se verbunn un noch Kräuter dalassn un nix wegnomm. Un wie a geht, sacht a noch: 'Wenn du gesund bist, werde ich dich wieder ausrauben.'" Der letzte Satz war wieder mit fremdem Akzent gesprochen.
Thorkar schüttelt den Kopf: "Komischa Kauz."

OHH

In der Tat! Vollkommen verrückt würde auch passen. Oder ist es dies nur auf den ersten Blick? "Womöglich ist dieser Sato gar nicht so übergeschnappt, wie es sich anhört", murmelt der Kapitän in seinen fusseligen Bart. "Nur gesunde Menschen können ihm Beute bringen." Ob das nicht auch ein Motiv für wohltätige Landesherren ist? Aber es gibt einen Unterschied: "Nur wie gewährleistet er, dass dieser Reisende nach seiner Gesundung in Satos Reichweite zurückkehrt? Das wäre ja einfältig!"

RB

"Och, wat son Amteura is, der kommt imma wieda", winkt Thorkar ab. Währenddessen beobachtet er die ehemalige Tischgefährtin, die aber jetzt einen anderen Tisch ansteuert. Also bleibt er wohl weiter mit dem alten Seemann allein.

OHH

Durch die zunehmend etwas verdrehte Blickrichtung des Thorwalers schaut auch Kvalor auf. Ob es an seiner leichten Müdigkeit liegt, dass er das Deck nicht so sehr im Auge behält wie sonst? Aber man ist ja in ruhigen Gewässern, und die gute Rovena wird wohl nach eigener Aussage eher kein zukünftiges Mannschaftsmitglied, sondern bietet lediglich eine Passage.
Abenteurer. Wiederkehren. "Das kommt wohl darauf an, ob es am jeweiligen Orte etwas zu holen gibt", schmunzelt der Kapitän. "Das Abenteuer, beraubt zu werden, wird wohl den wenigsten genügen."

JuR

Als Alrik dann vor den Traviaschrein tritt, nähert sich Vinizarah selbst dem Kamintisch, der zum Glück an dieser Seite nicht besetzt ist, und bleibt dann ihrerseits stehen.
"Es tut mir sehr leid, wie dieser Tag gelaufen ist. Ich dachte, ich wäre mit mir im Reinen und könnte den Tag nun einfach mit dir, deiner Familie und unseren Freunden genießen, aber es stellte sich heraus, dass ich vieles einfach nur unter den Teppich gekehrt hatte, damit es nicht stört... und dann bin ich heute drübergestolpert.
Ich will nicht sagen, dass ich jetzt mit dem Berg durch bin, aber ich denke, ich habe ihn zu einem guten Stück abgearbeitet. Das war ein anstrengender und schmerzhafter Prozess, aber durch ihn habe ich sehr viel an Klarheit gewonnen. Ich weiß nun endlich, was ich will, und unabhängig davon, ob ich es bekommen kann oder nicht, tut mir das alleine schon unsagbar gut."
Einen Herzschlag lang werden die sommersprossenbesprenkelten Züge entspannt, dann blicken die braunen Augen Alrik wieder mit der vorherigen Ernsthaftigkeit an. "Was ich dabei jedoch sehr bedauere, ist, dass ich dich, Benko und die anderen da mitreingezogen und euch wehgetan habe."

AB

Alrik hört schweigend zu.

OHH

In Anbetracht der neuerlichen Nähe von Wirtspersonal richtet der Kapitän sein Augenmerk kurz eben dorthin. Ein redseliges kleines Fräulein, die Braut. Dennoch löst der reichliche Inhalt nicht recht auf, was im Hause vor sich gehen mag. Der Knecht hingegen ist fraglos der Zuhörer in dieser Beziehung.
Aber was geht dies den Reisenden überhaupt an! Mögen jene beiden ihren jeweiligen Schatz noch suchen oder mit dem Heben und Bewahren ihre Schwierigkeiten haben, so ist Kvalor doch nach einem ganz anderen aus. Und selbst der muss warten. Maraskan, Sato, sich gern verhauen lassende Abenteurer, genau!

JuR

"Ich will dich, Alrik. Ich will mit dir zusammen sein. Natürlich nicht ständig, aber dann, wenn uns beiden danach ist. Durch dich lerne ich viel über das Schweigen, Sprache ohne Worte, über das Bleiben. Du bist in vielem anders als ich, und das bereichert mich und lässt mich wachsen. Du tust mir gut, wann immer es mir gelingt, mich auf dich einzulassen. Und das will ich. Ich will lernen, mich auf dich einlassen und auf all das, was ich durch dich neu erfahren darf.
Ich will - so es die Götter wollen - unser Kind kennenlernen. Ich will dich als Vater erleben, mit dir gemeinsam diese herausfordernde, unsagbar bereichernde Reise der Elternschaft antreten. Wir würden uns gut ergänzen - du könntest ihm alles über Wurzeln beibringen und ich ihm alles über Flügel und das Fliegen. Ich will mit dir eine Familie gründen, die offen für alle ist, die daran Teil haben wollen. Und ich will mit dir zusammen den Eber als unser Zuhause und Heim für die Fremden und Reisenden erhalten.
Mir ist klar, dass all dies bedeuten wird, dass ich mich verändern werde, und ich muss gestehen, dass mir noch ein wenig davor Bange ist. Doch ich glaube an mich. Ich glaube an dich. Ich glaube an uns und daran, dass es uns gelingen wird, aus diesem Weg einen richtig guten Weg zu machen."
Der Blick der rehbraunen Augen verlässt Alrik, um den Traviaschrein aufzusuchen, dann kehrt er wieder zu ihm zurück. "Und als Zeichen dieses Vertrauens und als das der Verbundenheit mit der Herrin Travia will ich morgen den Bund mit dir eingehen."

AB

Ruhig und ohne erkennbare Gefühlsregung hört Alrik der kleinen Frau bis zum Ende zu. Vinizarahs letzte Worte entringen dem Knecht dann doch eine Äußerung. "Was?!" Ungläubig starrt er Vinizarah an.

RB

Die letzte Aussage des Käpt'ns hätte sicherlich eine Antwort des Thorwalers verdient. Aber auch dessen Augenmerk wird von Alrik und seiner Braut in Beschlag genommen und obwohl er nicht unbedingt lauschen will, hört er doch die Worte.
Ganz schlau wird er aber nicht aus den vielen Worten, die die Frau braucht. Soll das eine Liebeserklärung sein? Oder ein Heiratsantrag am Vorabend der Hochzeit? Ist das eine Sitte in diesem Land, ebenso wie das Bier, das die beiden vorhin gemeinsam getrunken haben? Um diese Fragen zu beantworten, hört Thorkar schweigend weiter zu, wobei er sich bemüht, nicht in die Richtung zu starren. So trifft der Blick die sich umarmenden Wirtsleute, die er auch nicht anstarren will, und wandert weiter.

OHH

Unglaublich, wieviel Luft diesem kleinen Geschöpf in unglaublicher Schnelligkeit entspringt! Des Kapitäns Auge wird fast so groß wie die Augenklappe daneben. Inhaltlich lässt sich erkennen, dass hier keine rechte Übereinstimmung mit dem Bräutigam - oder vielleicht auch Nichtbräutigam - zu herrschen scheint. Da Thorkar lauscht - warum sonst sollte er das Gespräch für ein so zielloses Umherblicken unterbrechen? - bekommt auch der Seebär mehr mit, als ihm lieb ist.
Unwillig schüttelt er ein wenig sein Haupt. Wo waren sie stehengeblieben? Die Geschichte um diesen Sato scheint soweit abgeschlossen. Zu Maraskan ist wenig zu sagen, was nicht längst gesagt wurde. Immerhin hilft das Grübeln nach einem neuen Anknüpfungspunkt, das unliebsame Drama nebenan auszubenden. Irgendwann wird Kvalor nur klar, dass das Fräulein sich nun auf die Planken gesetzt hat. Manche Leute wollen auch wirklich um jeden Preis Aufmerksamkeit! Und der Knecht macht das noch mit! Maraskan... blödes Thema...

RB

Thorkar traut seinen Ohren nicht. Hat der Knecht jetzt gerade den Heiratsantrag seiner Braut abgelehnt? Es klingt ganz so, als wollten die beiden getrennte Wege gehen. Oder versucht sie doch noch einmal, ihn herumzukriegen, indem sie bei ihm schlafen will? Und was soll das für eine Feier sein, wenn doch keine Hochzeit stattfindet?
Der Thorwaler wird aus dem Ganzen nicht schlau und eigentlich geht es ihn auch gar nichts an. So lässt er nur noch einmal seinen Blick auf dem verhinderten Brautpaar ruhen, während er den Kopf wieder seinem Sitznachbarn entgegendreht. "Tja, manche machn sich halt gern unglücklich." Ob er damit das Brautpaar oder die Abenteurer meint, sagt er nicht dazu.

OHH

"Tja!" platzt es in voller Zustimmung auch aus dem Kapitän heraus. Darauf nimmt er einen kräftigen Schluck, welcher einen halben Becher beinhalten mag und daher nicht mehr viel übrig lässt. Eine Notration für später.
Dann klatscht er mit der Hand auf den Tisch. "Ich werde mal eben was über Bord bringen", raunt er lächelnd, und schon im nächsten Moment hat er sich allein mit der Kraft seines gesunden Beines zum Stehen emporgeschwungen und angelt gewandt nach der Krücke. "Bis gleich..."

RB

"Frohes Schiffn", wünscht Thorkar dem Alten. Er selbst bleibt allein am Tisch sitzen, die vor ihrem Beginn schon zerbrochene Ehe direkt im Blick.
Dass der Knecht jetzt ein Bier braucht, kann er gut verstehen, vielleicht auch noch etwas Stärkeres. Die Frau mit dem komplizierten Namen, die sich am Kamin zusammenkauert, erweckt in ihm fast eine Art Beschützerinstinkt. Er möchte aufstehen und sie trösten, ihr vielleicht auch ein Bier anbieten. Aber vielleicht möchte sie jetzt auch lieber in Ruhe gelassen werden. Solcherart zwiegespalten bleibt der Thorwaler erst einmal sitzen und beobachtet weiter.

OHH

Schiffen, ja, das passt, denkt Kvalor schmunzelnd. Wo hat er diese Redewendung nur schon einmal aufgeschnappt? Bei Schiffsmedicus Fredo Lapis vermutlich.
Freundlich nickend entfernt sich der Einbeinige mit erstaunlich behenden Bewegungen. Wo andere Krüppel zwei Gehhilfen benötigen, genügt ihm schon die einzelne anscheinend vollkommen als Ersatz, wie er nun wenngleich beachtlich schwankend der Türe zusaust. Fast möchte man zu hören vermeinen, er riefe hierzu itzt irgendwelche Kommandos über das Deck.
Der Leichtmatrose, welcher vorhin mit der Braut scharwenzelte und eben noch mitten im Schankraume selbige beobachtete, räumt nun das Feld. Hier klar es wohl nach einem ungewöhnlichen Unwetter allgemein auf. Womöglich bekommt Thorkar durch seine aufmerksame Anteilnahme noch die Gesellschaft einer gewissen Dame; das wird man ja nachher sehen.
Problemlos öffnet der Haken die Türklinke. Je einen Satz von Bein, Holzbein und Krücke später zieht der Seemann die Türe von draußen wieder hinter sich zu. Flugs geht es die Hauswand entlang - nach rechts, da er die andere Seite schon kennt und dort nicht gesehen hat, was er nun sucht.
Sowie er um die Ecke biegt, findet er sich bestätigt und den Verschlag nur noch ein kleines Stückchen entfernt vor. Klar zum Entern!

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Redaktion und Lektorat: Oliver H. Herde im Jahre 2017/18