Wider den Ernst

Autoren: Hendrik Hagedorn, Lars Feddern, Oliver Baeck, Oliver H. Herde, Stefanie Jacobsen und andere

OHH

Aber anscheinend dreht es sich doch mehr um einen Borbelbad und irgendwelche Dämonen. Ja, über letztere hat Widumir schon genug unleidige Geschichten von Frazzelbrattlebritz zu hören bekommen: Typen, die man besser ignoriert, genau wie die Götter.
Der fetztenhafte Charakter der zu Widumir dringenden Worte liegt allerdings nicht allein in seinen bereits wieder konfus herumirrenden Gedanken, sondern auch in dem Umstand, dass sich am beobachteten und belauschten Tische zugleich noch ein zweites Gespräch entwickelt hat, welches den unüberhörbaren Unterton der Streitlust vor sich her trägt.
Um bei alledem endlich etwas besser durchzublicken - vielleicht ist das ja eine günstige Gelegenheit, jemandem die Schnürbänder der Schuhe zu verheddern - tritt Widumir ebenso unbedarft wie uneingeladen an den Kamintisch heran. Sein Blick wandert dabei weiterhin unstet vom einem zum anderen Beobachtungsobjekt.

OB

Als Dargon ihn berührt, spannen sich die Muskeln des Capitano an. Er atmet tief und hörbar ein und aus. Äußerlich bleibt er ruhig - etwa so ruhig wie eine gespannte Bogensehne. Während der gesamten Worte Alriks und Faramuds lässt er Dargon nicht aus den Augen. Auf die Rede des Tulamiden setzt er kühl hinzu: "Ich spotte nicht. Ganz im Gegenteil. Jedes Wort, das ich Euch heute abend sagte, habe ich bitter ernst gemeint." Er atmet noch einmal tief ein.

SJ

Auch Dargon ist angespannt, schnell huscht sein Blick über die drei anderen: Widumir ist nicht von Bedeutung, Faramud und Alrik machen keine Anstalten sich einzumischen.
"Ist das so?" Gefährlich leise klingt die Stimme des Söldners, dann verstärkt er den Griff um Leranos Arm schmerzhaft. "Passt nur auf, das Ihr nicht eines Tages an Eurer Arroganz und Eurer Selbstverliebtheit erstickt!" Dann zieht er seine Hand zurück, ohne den Capitano aus den Augen zu lassen, bereit einen Angriff abzuwehren, sollte ein solcher folgen.

OHH

Für einen Moment lang scheint es Widumir höchst dringlich, den Stuhl des Schwertträgers umfallen zu lassen oder dergleichen. Vielleicht auch nur seinen Becher. Prügeleien und Gezänk kann er nämlich nicht ausstehen. Dass er noch nicht so recht weiß, worum es überhaupt geht, ist ihm dabei gleichgültig. Die anderen drei jedenfalls wirken sehr viel ruhiger, wodurch Widumirs Augenmerk noch am Sprecher der letzten Worte hängen bleibt.

OB

Die tiefen Atemzüge des Capitano haben beinahe etwas Meditatives an sich. Ob Dargons Griff ihn schmerzt, ist ihm nicht anzusehen. Auch nachdem der Söldner ihn losgelassen hat, antwortet Lerano nicht sofort. Nach einem weiteren Atemzug sagt er - fast mehr zu sich selbst als dass es wie eine Erwiderung auf die letzte Beleidigung durch den Kämpfer klingt: "Ruhe und Gelassenheit."
Er setzt ein freundliches, fast amüsiertes Lächeln auf, als er weiterspricht: "Die Zeit ist eine weise Lehrmeisterin, auch wenn sie" - nun nimmt er Blickkontakt zu Alrik auf, von dem er vermutet, dass ihm dieses wohlbekannte Zitat ebenfalls geläufig ist - "am Ende ihre Schüler tötet. Ich habe in meinem Leben schon einige Lektionen gelernt."

HH

Alrik lächelt zurück, und betrachtet dann den jungen Mann, der sich zum Tisch gesellt hat, etwas genauer.
'Ach herrje!' geht es ihm unmittelbar durch den Kopf. Er dreht sich diesem vollends zu, dennoch dankbar für eine weitere Ablenkung. "Ja, bitte?" fragt er.

SJ

Dargon entspannt sich wieder, sicher das kein Angriff folgen wird und das Thema für den Capitano längst beendet ist. Er sieht Alrik und Widumir an, doch seine Worte sind an den Capitano gerichtet. Ruhig meint er: "Mir sind diese Worte bekannt und auch ihre Bedeutung. Und auch wenn es Euch erstaunen mag, ich kann mir sogar denken, was Ihr mir damit sagen wollt."

LF

Faramud lässt sich in seinen Stuhl zurücksinken und atmet tief aus. Sein Blick voller Bedauern ruht auf den Kusliker Klöpsen - das Gericht ist zweifellos schmackhaft, doch das Gespräch von eben schlägt ihm offenbar gründlicher auf den Magen, als er selbst angenommen hätte.

OHH

Puh, ist das eine Stimmung hier am Tisch! Diese Leute brauchen unbedingt einen neuen Anstrich! Aber nicht mit Speisen und Getränken. Es sollte bunter und angenehmer sein und nicht die schönen Dinge vergeuden. Was nimmt man da?
Die etwas ungezielte Frage des Alten lässt Widumir verwundert aufblicken. Ein 'Nein Danke' liegt ihm auf der Zunge, doch kommt ihm noch rechtzeitig in den Sinn, dass diese Antwort nicht so passend ist, wie es den ersten sprachlichen Anschein hat. Oder hintergründigerweise vielleicht doch? Tastächlich stellt sich die Frage, was er hier eigentlich will. Irgendwie hat er das selbst vergessen.
Wie aus einem Reflex heraus greift er in eines der Beutelchen an seinem Gürtel, nimmt daraus etwas hervor und wirft es quer über den Tisch in die Höhe. Winzige bunte Papierschnipselchen rieseln friedlich-fröhlich herab, was Widumir mit einem selbstzufriedenen Lächeln beobachtet.

LF

Faramud kommt, während bunter Abfall wie von Aphestadil in der Luft verlangsamt auf den Tisch herabrieselt, immer mehr zu dem Schluss, dass irgend etwas in diesem Gasthaus so ganz und gar nicht stimmt. Ob er doch seine spärlichen Kraftreserven für die Suche nach den magischen Auren von Geistern und Besessenheitsdämonen verbrauchen sollte? Aber was, wenn er selbst einfach nur verrückt wird, ihm der Würzwein auf leeren Magen zu Kopf gestiegen ist, was...?
Unsicherheit schleicht sich in seinen Blick.

HH

Mehr oder minder konsterniert betrachtet Alrik, wie sich die Schnipsel sacht auf dem Tisch, in Bechern, auf Tellern und Händen verbreiten. Sein Mundwinkel zuckt erst verräterisch, dann schaut er den jungen Mann an und lächelt.
Als er sich wieder umdreht und Faramuds Gesicht sieht, kann er nicht mehr an sich halten und fängt leise an, zu kichern.

OB

Gerade eben hatte sich der Capitano im Geiste schon auf einen Schadzauber eingestellt und beginnt, sich erst allmählich wieder zu entspannen, da rieseln bunte Papierschnipsel aus der Luft herab. Die Gesamtsituation ist derart absurd, dass Lerano gar nicht darauf kommt, sich zu echauffieren. Statt dessen lässt er nur ein leises Prusten hören - eher ein schnaubendes Ausatmen als ein echtes Lachen, aber ein deutliches Zeichen dafür, dass er aufgehört hat, die Lage auch nur noch im geringsten ernstzunehmen. In aller Seelenruhe klaubt er mit der Gabelzinke einen Schnipsel von seinem Teller und streift ihn auf der Tischplatte ab.
"Kusliker Klopse 'con confetti'", sagt er - wieder mit völlig ausdruckloser Miene - zu Faramud. "Offenbar eine lokale Spezialität."

LF

Faramud schaut einen Moment zutiefst verdattert drein. So fühlt es sich also an, wenn man den Verstand verliert...
Dann fügt er sich in sein Schicksal. Die Mundwinkel zucken bereits, bevor sich der Ausdruck tiefsten Erstaunens auch nur ansatzweise aus seinen Augen zurückziehen kann. Sein Körper lacht, bevor der Geist ihm folgt. Ein Schnaufen erst, ein Glucksen, ein tonloses, abgehacktes Kichern folgt, dann bricht die Anspannung einer wichtigen Mission, des Gesprächs mit Madalena, der aufgeschnappten Wortfetzen vom Nebentisch, des im Raum schwebenden Schattens dämonischen Unheils und der vollkommenen Absurdität bunter Papierschnipsel auf seinen Klöpsen aus ihm in einem prustenden Lachen heraus: ein Lachen, wie es der schönste Schelmenzauber sich nur hätte wünschen können.

SJ

Einen Moment verfolgt Dargon das Treiben um ihn her verdattert. Sein erster Gedanke, einer der anderen hätte einen Zauber gewoben, kann nicht stimmen. Oder doch?
Seine Nerven sind zum Zerreißen gespannt, er sieht rasch von einem zu anderen, erwartet schon fast, dass sie gleich alle auf ihn stürzen werden. Dann Leranos Bemerkung über die Klopse. 'Konfetti?' Dargon blinzelt.
Der Alte lächelt ebenfalls, Dargons Anspannung lässt nach und als Faramud so herzhaft zu lachen beginnt, löst sich auch für ihn die Situation auf.
'Ein so billiger Trick, doch so wirkungsvoll.' Doch Dargon kann sich nicht vorstellen, dass Widumir das wirklich geplant hatte, dazu dürfte er wohl kaum in der Lage sein. Er schüttelt lächelnd den Kopf. 'Ein paar kleine Papierfetzten reichen aus, damit sich alle zum Gespött machen.'
Doch auch er kann sich der Komik dieses Augenblicks nicht gänzlich entziehen. Immer noch schmunzelnd blickt er Widumir an. "Einfältiger Narr!" meint Dargon gutmütig.

OHH

Trotz aller Selbstgewissheit beobachtet Widumir die Reaktionen am Tische sehr genau. Null zu eins, eins zu eins, zwei zu eins, dann plötzlich drei zu null... Und der letzte? Drei zu ein halb? Nein, vier zu null! Erfolg auf der ganzen Linie!
Na, kein Wunder. Fast mag Widumirs Lächeln an die etwas hochmütige Schmunzelei eines Priesters erinnern, der soeben ein solches bewirkt hat. Zumal er zugleich so väterlich auf seine beruhigten und gar amüsierten Schäfchen hinabblickt, obgleich sie wohl alle älter sein dürften als er selbst.
Und als Sahnehäubchen noch eine Selbsterkenntnis - zumindest versteht er so die Worte des Schwertträgers.
Beglückt klatscht er in die Hände, noch immer den Blick in der Runde auf und ab schweifen lassend. "Und was machen wir jetzt?"

OB

"Jetzt essen wir unsere Kusliker Klopse", erwidert Lerano - wobei in den trockenen Worten deutlich ein Schmunzeln mitschwingt. Während er einen Happen auf seinem Besteck balanciert, fügt er hinzu: "Möchtest du vielleicht etwas trinken?"

OHH

"Ohja, gern!" erwidert Widumir hocherfreut und wohl wenig überraschend. Heute will ihn offenbar jeder einladen. So beliebt ist man nicht immer und überall, auch wenn sich der junge Mann nur über sehr wenige unverbesserliche Brummelköpfe auf seinem bisherigen Wege beklagen könnte.

SJ

Nun wo wieder Ruhe einkehrt, soweit das an diesem Tisch überhaupt möglich ist, erinnert sich Dargon an seinen Becher. Er greift nach ihm und betrachtet einen Moment kritisch den Inhalt. Einige bunte Papierfetzen schwimmen auf der Oberfläche herum, Dargon hält den Becher leicht schräg und beginnt, mit einem nicht gerade erfreuten Gesichtsausdruck, die Schnipsel herauszuklauben.

HH

Langsam ebbt das Kichern des Alten ab und recht vergnügt wischt der sich die Tränenflüssigkeit aus den Augen. Er grinst kurz in die Runde, dann lässt er den Blick schweifen, und der bleibt dann auf der neu hinzugekommenen jungen Frau hängen. Schlagartig bekommt sein Gesicht kurz etwas gequältes, dann wird es beherrscht. Kurz muss er dann nocheinmal schmunzeln doch dann gewinnt jahrelange Disziplin die Oberhand.

OHH

Die Handvoll - oder sollte man besser sagen Fingervoll? - Papierschnipsel scheinen sich nicht so gut verteilt zu haben, wie Widumir es erwartet hatte, aber viel bemerkenswerte findet er das unglaublich wechselvolle Mimenspiel des Alten, dessen Ursachen er so schnell nicht auszumachen vermag. Suchend weicht sein Blick zum Tresen.

Am Kamintisch angekommen, wird dieser zunächst etwas verwirrt von der Köchin begutachtet. Hier und dort finden sich irgendwelche kleinen... ja, was ist das eigentlich?
Sarina stellt dem Tulamiden den Tee etwas abgelenkter hin als es sonst ihre Art ist. "Bittesehr", erklärt sie recht beiläufig und beugt sich über den Tisch, eines der verwunderlichen Objekte mit spitzen Fingern aufsammelnd. Papier!? Ts!
Die Weinflasche in der anderen Hand hat sie für den Moment gänzlich vergessen.

LF

Faramud wischt sich über die feuchten Augen. Den Verstand zu verlieren, kann offenbar manchmal ein echter Ausweg sein. Die unmittelbare Aura der Bedrohung und des Streits ist vom Tisch gewichen - auch wenn noch Fragen unbeantwortet geblieben sind, die einer Klärung bedürfen. Aber nicht in diesem Moment.
Den neuen Gast bemerkt er erst, als laut der Kutscher angerufen wird - den Verstand zu verlieren, hat also auch Nachteile. Aber es scheint heute immerhin doch noch Musik unter diesem Dach zu geben. Wo wohl die dazugehörigen Dabla-Spieler und Tänzerinnen sind?
Der 'lokalen Spezialität' mit ihren langsam aufweichenden bunten Zutaten kann Faramud - ist sein Appetit doch nicht so rasch zurückgekehrt wie sein Lachen - immer noch nichts abgewinnen. Aber im Gegensatz zu manch anderem bekommt er gerade frischen, papierlosen Tee serviert.
"Habt Dank", lächelt er die Köchin an.

OHH

Wie aus einem Traum geweckt, blinzelt die Köchin ein paarmal den rundlichen Gast an. "Ja, ähm... Alles zur Zufriedenheit?" erkundigt sie sich vorsichtshalber, wenn man auch annehmen sollte, dass dieser eigenartige Tischschmuck vorsätzlich ausgestreut wurde.
Derweil begutachtet Widumir das kleine Fräulein mit dem großen Instrument. Das gibt bestimmt tolle Töne von sich! Das Instrument. Das Fräulein bestimmt auch, wenn man die kitzeligen Stellen findet.

OB

Lerano schaut den sprunghaften jungen Kerl schmunzelnd an. Eigentlich hatte der Capitano ihn gerade nach seinem Getränkewunsch fragen wollen, da schaut der Bursche schon wieder ganz woanders hin. Mit einem amüsierten Schulterzucken widmet Lerano sich wieder seinem Essen - bevor die Papierschnipsel in der Soße noch völlig aufweichen.

LF

Faramud bemüht sich um einen festen, nicht unsicher flackernden Blick, als er die Frage der Köchin noch immer lächelnd mit einem ungewohnt unblumigen "Gewiss, bestens... Habt vielen Dank" beantwortet. Schließlich, so soll der gefasste Gesichtsausdruck wohl bezeugen, ist es in Tulamidistan - ja, überall auf der Welt! - völlig normal, Tisch und Essen dergestalt zu verzieren, weshalb es sich quasi verbietet, ein weiteres Wort oder auch nur einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden.
Gar nicht gedankenlos allerdings nimmt Faramud die Teetasse an sich, als wolle er sich die Hände daran wärmen. Tatsächlich jedoch hofft er, sie nötigenfalls mit einer Hand vor weiterem papiernem Niederschlag abschirmen zu können. Lokale Spezialitäten in allen Ehren.

OHH

Faramuds Hantieren an dessen Tasse erinnert Widumir, dass er ja der Köchin etwas zu sagen hat. Entsprechend schnell vergisst er die Musikantin für den Augenblick. "Mir auch sowas! Er bezahlt", erklärt der Jüngling zielsicher auf den Capitano weisend und entzieht so dem kleinen Missverständnis zwischen ihnen den Nährboden, ohne es überhaupt zu ahnen.
Die Köchin hingegen nickt etwas durcheinandergebracht hierhin und dorthin in die Runde, um sich schlussendlich mit einem "Ist recht" wieder vom Tische zu entfernen.
Doch kaum hat sie einen Schritt getan, kehrt sie wieder um und stellt die mitgebrachte Flasche auf den Tisch vor den Alten. "Das hätte ich ja fast vergessen!" erklärt sie verlegen und nimmt den Becher vom Flaschenhals, ihn ebenfalls auf den Tisch abzusetzen.

HH

Auf das Erscheinen der Flasche hin verwirft Alrik nun alle weiteren Gedanken. "Bei so einem Tisch hätte das jeder kurz vergessen können", meint er zur Magd und nickt leicht zu dem jungen Mann hin.
Er bemüht sich um ein freundliches Gesicht und wartet ab, ab die Dame auch einzugießen geneigt ist.

OHH

Tatsächlich versteht die Frau den fast auffordernden Blick des Alten richtig und neigt nicht allein sich selbst, sondern auch die Flasche zum Einschenken, was von Widumir mit höchst neugierigem Grinsen beobachtet wird.
Da das Eingießen aber nicht wirklich dauerhafte Faszination verspricht, lässt sich Widumir leicht davon ablenken, wie die Musikantin vom Tresen
sich nun diesen entlang dem Tisch nähert wie eine Katze, die sagen wollte: 'Ihr interessiert mich gar nicht; ich gehe hier spazieren!' Allerdings kann er ihr das nicht recht glauben.
Die Köchin derweil hat ihr Werk vollendet, nickt noch einmal freundlich beim Abstellen der Flasche und zieht sich dann zurück.

HH

Der Becher ist eingeschenkt, und Alrik bedankt sich mit einem: "Danke, gute Frau." Dann nimmt er ihn und riecht recht ausgiebig daran, wobei kurz ein zufriedener Gesichtsausdruck eben dieses heimsucht. Dann nimmt er einen vorsichtigen Schluck, schließt die Augen und schmeckt das herbe Aroma. 'So viel würziger als das Zeug bei uns', denkt er.
Immer noch mit geschlossenen Augen lässt er den Schluck die Kehle hinabgleiten, fühlt die kühle Feuchte und erst als das Nass seinen leeren Magen erreicht öffnet er die Augen und seufzt sehr leise.
Er nimmt noch einen - größeren - Schluck, dann wendet er sich an Faramud: "Ich hoffe, die Sitten hier machen Euch nicht allzuviel aus. Heute scheint ein seltsamer Tag zu sein. Es geschieht vieles" - er zeigt auf die Schnipsel - "was auch ich noch nie gesehen habe. Sollte Euch durch diese kleine Beigabe der Appetit vergangen sein, erlaubt mir, Euch eine weitere Speise auszulegen."

OB

Mit einem Schmunzeln nimmt Lerano zur Kenntnis, dass der Gaukler bei aller Sprunghaftigkeit doch nicht die wahrhaft wichtigen Dinge vergisst. So kann sich der Capitano beruhigt dem Essen und Schnipselklauben widmen.

LF

"Oh nein, Vater der Freundlichkeit, es ist alles bestens", neigt Faramud leicht das Haupt gegen Alrik. "Allerdings", fügt er hinzu, "hoffe ich, Ihr Herren werdet diesen Sohn der Hast entschuldigen. Es gibt Wege, die keine Magie dem Trinkenden erspart. Selbst Rohal al'Orhima muss, auch wenn die Chroniken und Legenden sich darüber ausschweigen, nach dem Weingenuss seinen reich gedeckten Tisch einmal verlassen haben." Mit etwas peinlich berührtem Lächeln erhebt sich der Tulamide, um einem menschlichen Bedürfnis außerhalb des Gasthauses nachzugehen.

SJ

Was am Tisch so alles passiert, wer kommt wer geht, interessiert ihn nicht besonders, auch die wenigen gewechselten Worte finden keine Beachtung. Dargon hat nun alle Papierfetzen erwischt und trinkt einen kleinen Schluck, als ihm die Frau beim Kamin auffällt. Er beobachtet sie, macht sich auch gar nicht die Mühe, dies heimlich geschehen zu lassen, sondern zieht sie geradezu mit seinen Blicken aus.

OHH

Irgendwas läuft ein wenig schief. Gut, der Streit ist immerhin von allgemeinem Lachen fortgewischt worden, doch nun hat sich alles beruhigt und scheint eher Anstoß an den notwendigen Überresten der Konfliktbeseitigung zu nehmen. Eisiges Schweigen droht, die Nähe des Kamis vergessen zu lassen.
Da hilft auch der Wortwechsel zwischen dem Alten und dem Dicken wenig? Oder doch nicht? Die letzten Worte haben etwas Inspirierendes. Ja, sie kitzeln Widumir an der Nase und vielleicht auch anderswo. So sehr, dass ihm jene alte Weisheit entfährt, welche in so magisch anmutende Verse verkleidet ist: "Tri, tra, trullala, der Abort ist zum Pullern da!"
Hat er das wirklich gesagt? Ja, hat er! Vielleicht nur zu sich selbst? Wer weiß das schon! Das Lächeln jedenfalls macht wieder die Runde - durch des Schwertmannes Blick angeleitet, auch die nahe Frau mit einschließend.

JK

Das Lächeln des Rothaarigen prallt an dem lederumschmiegten Allerwertesten der Musikantin ab, beugt sie sich doch gerade dem Tisch abgewandt vor, um feierlich ihr Instrument zu enthüllen. So kommt endlich das schön geschwungene Cello ans Kamin- und Kerzenlicht und wird von seiner Besitzerin scheinbar zärtlich-besorgt untersucht.
Tatsächlich grinst sich die junge Frau bei dem kleinen Reim heimlich ins Fäustchen. Der Ausbruch ist ungewöhnlich, infantil und je nach Situation mehr oder weniger peinlich, allerdings enthält der Klang der Worte Musik, und öffentliche Zurschaustellung der eigenen Infantilität beweist eine Art von Mut, den die Cellistin anerkennt und meistens auch schätzt.
Mit einem zufriedenen Tätscheln des Holzes richtet sie sich wieder auf. Schwungvoll dreht sie sich um und macht sich dann mit geschmeidigen Schritten auf den den Rückweg zur Theke. Den Tisch mit den dort sitzenden Herrschaften lässt sie während der ersten Schritte völlig unbeachtet rechts liegen, doch als sie auf der gleichen Höhe mit dem kindlichen Dichter liegt, strahlt sie ihn an und verkündet ihm mit stolz geschwellter - oder einfach nur bewusst nach vorne gedrückter - Brust:
"Lirum, larum Löffelstiel,
wer stets schweigt, riskiert nicht viel.
Wer nichts will beginnen,
kann auch nichts gewinnen.
Wagt man auch mal Schäden,
ei, welch ein lustig Reden!"
Im Anschluss verbeugt sie sich in seiner Richtung, anschließend dreht sie sich ein wenig zur Seite zu den beiden gesetzten Herren und verbeugt sich erneut.

HH

Mit wachsender Verwunderung nimmt Alrik die dichterischen Ergüsse des jungen Mannes und der Musikantin zur Kenntnis.
Dann denkt er über seine Vermutungen bezüglich des jungen Mannes nach und beschließt, dass da Hopfen und Malz verloren ist und er wohl erst von irgendwas zerfetzt, aufgegessen, vergiftet oder einfach in die Niederhöllen entführt werden muss, bis er schweigt - wobei letzteres vielleicht doch keine sichere Gewähr hat.
Die junge Dame hingegen wird es wohl bald lernen, so aufreizend, wie sie durch die Gegend läuft.
'Was solls mich kümmern', denkt er dann. Sein Gesicht ist weiterhin beobachtend als er sein Weinglas hebt und der Musikerin zuprostet.

OHH

Über sein ganzes Gesicht strahlend, lupft Widumir seinen nicht vorhandenen Hut und vollzieht seinerseits eine Verbeugung vor der lustigen Frau, die wohl nicht viel älter als er sein mag.

JK

Dem Aufruf nach Worten folgt vielsagendes Schweigen. Die Geste findet hingegen Erwiderung, was ein Trost sein mag, doch nur wenig, um daraus Konversation zu erspinnen. Das Lächeln festhaltend versucht die rothaarige Einmischerin, die Natur des Schweigens zu erspüren. Sollte es durch Peinlichkeit gezeugt sein, wäre dies ein guter Zeitpunkt, sich geschädigt, jedoch noch nicht vollends zerstört, zurückzuziehen und der erahnten Bewegung bei der Theke nachzugehen. Ein erwartungsvolles Schweigen dagegen könnte der Nährboden blühender Phantasie sein.
'Ach, machen wir uns nichts vor. Ein Schweigen ist ein Schweigen.' "Ganz genau so", bricht sie es mit der eigenen, hellen Stimme und führt den erhobenen Zeigefinger an die lächelnden Lippen.
Gerade möchte sie sich zum Gehen wenden, als ihr Blick auf den bislang von ihr nur wenig beachteten Tisch fällt. Sie zögert, ihre Augenbrauen senken sich und ihr sommersprossenbesprenkeltes Gesicht nimmt einen fragenden Ausdruck an. Ihre Neugier nicht länger als einen Atemzug lang im Zaum halten könnend, pickt sie mit spitzen Fingern etwas von der Tischoberfläche und begutachtet dann das eroberte Papierschnipselchen hellgrüner Farbe mit offenkundigem Interesse.
"Oh", entfährt es ihr und auf ihrer Mimik breitet sich erfreutes Verstehen aus. Dann richtet sich der Blick wieder auf die Sitzenden. "Welchem der Herren darf man denn gratulieren?"

HH

"Dem guten Jungen hier, der diese Papierschnipsel geworfen hat", sagt er dann laut. "Eine wunderbare, wenn auch wunderliche Tat, will ich meinen, ließ er doch damit eine gewisse Ausgelassenheit kurz an diesem Tische weilen." Er nickt dem Jungen freundlicher als geplant zu und nippt wieder am Becher, schaut in die rote Flüssigkeit hinein, runzelt die Stirn und schaut dann das Mädchen an - mit seinem ganz speziellen Lächeln.

SJ

Dargon betrachtet immer noch die Frau, die so aufreizend gekleidet ist. Zum einen ist sie wirklich ein lohnender Anblick, und zum anderen gibt es hier ja sonst nicht viel.
Bei den Worten des Alten blickt er diesen allerdings verwundert an: "Gratulieren? Verzeiht, doch ich wüsste nicht wofür. Mancher Streit sollte lieber auf andere Weise beigelegt werden."
Dargon atmet tief durch: "Doch zumindest war es gut gemeint, und einige dürften dafür auch dankbar sein. Und mehr kann man wohl auch nicht erwarten."

OHH

Wenn man ohnehin das gesamte Leben als eine Feier ansieht, kommt man nicht so leicht darauf, einzelne bestimmte Anlässe zu fest vorgegebenen zeiten zu feiern. Entsprechend versteht Widumir die Frage der Frau so, wie es beim Alten der Fall zu sein scheint. Jener nimmt Widumirs Antwort jedenfalls vorweg, also feixt der Junge nur stolz.
Ein wenig verwundert schaut er dann aber auf den Schwertträger ob dessen Ausführungen. "Streitest du etwa gern?" Ehrliches Unverständnis spricht aus seiner fragenden Miene.

JK

Die Worte des Alten rufen bei der Jungen offensichtliche Verwirrung hervor. Mit dieser Antwort hat sie nicht gerechnet. Sollte sie den Jubilar tatsächlich mit dem Animateur verwechselt haben? Nein, das kann nicht richtig sein, wenn der Rotschopf - wie der Alte sagte - die Ausgelassenheit weilen ließ. Oder fallen hier beide Positionen - Schnipselwerfer und Schnipselgenießer - zusammen?
Es gab also Streit. Wie... uninteressant. Zumal er ja nicht von besonderer Wichtigkeit gewesen sein kann, wenn er mit Hilfe von Papierschnipselchen beigelegt werden konnte. Die Frage des Rothaarigen stellt zudem eine Vertiefung eines sinnlose Diskussionen versprechenden Themas in Aussicht. Wenn sie diese hören möchte, kann sie sich ebenso gut wieder einer Gruppe anschließen und fragen, wie nun der genaue Plan sein wird.
Die beginnende Langeweile hinter einer Maske gleichmütiger Heiterkeit versteckend, lässt sie das grüne Papierschnipselchen wieder zurück auf die Tischplatte segeln. Dies ist wohl der geeignete Zeitpunkt, um sich zurückzuziehen.
Zum Aufbruch entschlossen, lächelt die kleine Frau den langen Gratulationsempfänger vergnügt an und glättet dabei mit der Hand den ein wenig aufmüpfigen Kragen ihres Hemds.
"Na dann, herzlichen Glückwunsch", drängelt sich die Musikerin ausgelassen zwischen Frage und Antwort und tätschelt nach zwei Schritten der Näherung den Arm des vermeintlichen Jubilars. Anschließend wendet sich die Schöne an die Runde: "Dann will ich mal nicht länger stören."
Ein flüchtiger Blick in Richtung Theke verrät das Ziel der geplanten Flucht.

SJ

Die Frage ist eigentlich gar nicht so dumm, wie es Dargon zuerst geglaubt hat. Mag er Streit? Nun, zumindest nicht die Art wie es hier abläuft. Gegen eine handfeste Auseinandersetzung hingegen, hat er nichts einzuwenden.
Dargon zögert die Antwort noch etwas länger hinaus; es ist zwar ohne Bedeutung, wie Widumir sie aufnimmt, doch die anderen am Tisch darf er nicht vergessen.
Die Worte der Frau reißen ihn aus seinen Gedanken: "Ihr stört überhaupt nicht", beeilt sich Dargon zu versichern. Und dann zu Widumir gewandt: "Ein Streit muss ja nicht unbedingt etwas Schlechtes sein. Er kann auch etwas Reinigendes haben, wie ein Gewitter an einem drückenden Sommerabend."

OHH

Wie Schade! Die Frau wirkt enttäuscht, und nun will sie wieder gehen. Ihr Glückwunsch wirkt irgendwie unpassend, denn wirklich fröhlich ist man am Tisch nicht geworden, sind die kleinen Auflacher doch alle verhallt, ohne dauerhaftes allgemeines Lächeln zu hinterlassen.
Die Worte des Schwertträgers bestätigen dies. Zuerst möchte Widumir widersprechen, doch von seiner Streit-Unlust abgesehen hat der andere auf eine gewisse Weise recht: Es kann eine ungeheuer befreiende Wirkung haben, wenn jemand an der Decke schwebt, der für Unfrieden gesorgt hat. Aber auf Witichis wirkt der Bewaffnete doch eher nachdenklich und etwas traurig. Widumir möchte jetzt jedoch nicht trösten, sondern lieber etwas Lustiges erleben. Vielleicht mit dem Fräulein. Das wirkt jedenfalls lustiger als die Männer am Tisch.

JK

Mit einem letzten Nicken in die Runde und einem gemurmelten "Dann werde ich es später vielleicht noch einmal versuchen" in Richtung des Blonden wendet sie sich von der Konfetti-Katastrophe ab und der nun endlich besetzten - oder doch eher bestandenen - Theke zu.

HH

Doch etwas wehmütig blickt Alrik der verschwindenden jungen Frau hinterher. Nachdenklich betrachtet er sein Glas. Seine Augen schließen sich und er sackt im Stuhl zurück, als sei er eingedöst.

OB

Dass Konversation während des Essens nicht zu den großen Stärken des Capitano gehört, heißt beileibe nicht, dass er nicht alles gesprochene Wort um ihn herum wahrgenommen hätte. Insbesondere die direkte Frage des Rothaarigen an den Söldner, ob er denn gerne streite, hat Lerano ein grimmiges Lächeln auf das Gesicht gezaubert und zu einem leichten Nicken verleitet - ohne Risiko, damit sogleich den nächsten Streit vom Zaune zu brechen, denn Dargon glotzte gerade in die andere Richtung, der durchaus ansehnlichen Musikerin nach.
Da nun auch der Alte der langen Reise seinen Tribut zollen muss, gehen Lerano ohnehin die Gesprächspartner aus. Also isst er schweigend weiter, wobei sein Blick einmal mehr auf das Pergament mit dem Wappen fällt. Ein sonniges Lächeln breitet sich auf seinen Zügen aus.

SJ

Dargon mustert den Capitano skeptisch. "Verratet Ihr mir, was Euch so amüsiert?" erkundigt er sich schließlich bei ihm.

OHH

Jemand ist amüsiert? Sogleich schwenkt Widumirs Aufmerksamkeit wieder zurück zum Tisch, will er sich doch gern auch amüsieren lassen. Neugierig wird das Schriftstück mit dem Wappen aus nächstmöglicher Entfernung begutachtet.

OB

Wenn es eine Sache gibt, die geeignet ist, dem Capitano die kurzzeitig aufgetretene gute Laune zu verhageln, dann sind es neugierige Fragen von dem Mann, der sowieso schon den ganzen Abend lang viel zu aufdringlich war. So geht Leranos Lächeln in ein letztes kurzes Aufglucksen über, bis er schließlich mit einem leichten Kopfschütteln abwinkt: "Lasst gut sein - ein privater Scherz. Ich müsste ihn stundenlang erklären, und dann wäre er mit Sicherheit nicht mehr komisch."
Trotzdem scheint er aber weiterhin guter Stimmung zu sein. Dass der Gaukler neugierig den Hals reckt, um einen Blick auf das Pergament zu werfen, bleibt ihm nicht verborgen. Lerano nimmt das Blatt in die Hand und hält es halbhoch über den Tisch, so dass Widumir es gut erkennen kann. Als der Capitano in diese Richtung blickt, bemerkt er auch, dass Majara wieder eingetreten ist - sein Blick ruht weiter auf ihr.

OHH

Leider vermag Widumir keine buchstäblichen Stielaugen zu bekommen, doch vorbeugen soll ja auch helfen, Distanzen zu verringern. Dies wird inzwischen allerdings davon begleitet, dass er sich auf eilfertigem Mobiliar abstützen muss, um in das so bereitwillig dargebotene Pergament nicht hineinzufallen.
Alle Details des Wappens und des sonstigen Pergamentes werden sogleich aufmerksam studiert.

MH

Majara tritt auf den Tisch zu: "Capitano? Auf ein Wort, persönlich. Dringend. Jetzt." Dem guten Menschenkenner mag auffallen, dass ihr forsches Auftreten diesesmal nur die echte Flucht nach vorn einer Furchtsamen ist.

OHH

Leider kann Widumir auf diese Weise die Zeichnung nicht lange betrachten. Pikiert schaut er dem entschwindenden Pergament nach, dann setzt er sich einfach auf den freigewordenen Stuhl und wackelt etwas unschlüssig mit dem Kopf, was man nun als nächstes anstellen könnte. Am Tisch sind ja nun nur noch der verschlafene Alte und der Mann, der angeblich ganz gern mal zankt. Da fühlt sich die Linke herausgefordert, Widumir am Haupte zu kratzen, und das tut sie dann auch sogleich.

Wie überaus gemütlich und warm es doch am Kamin ist! Das lässt sich aushalten. Die Beine von sich gestreckt, lehnt er in dem Stuhl fast wie auf einer Liege.
Ein kurzes Weilchen ist Widumirs Blick von einer kuriosen Gestalt eingefangen, die eben in den Schankraum trat. Ein abenteuerlich aussehender Gesell in einer Uniform, die so alt und abgerissen wirkt, wie er selbst. Da muss Widumir unbedingt mal hin und...!
Ein Gefühl des Ehrgeizes hält ihn zurück, als er beim sich Aufrichten des Schwertträgers entsinnt. Eine Chance soll der noch bekommen! "Erzähl doch mal einen Witz!"

Da der Schwertträger aber wohl ein Weilchen braucht, bis ihm ein Witz einfällt, lehnt sich Widumir wieder gemütlich zurück und beobachtet die Leute, welche sich am Tresen versammeln. Nebenbei kramt er aus einem seiner beutelchen eine kleine Feile heraus und popelt sich damit unter den Fingernägeln das Schwarze heraus. Das hat er so bei irgend jemandem abgeschaut, ohne sich über die Details dieser Zeremonie genauere Gedanken gemacht zu haben.

HH

Während Alrik die Augen geschlossen hatte, und seinen Gedanken freien Lauf ließ, hat er viel erfahren. Langsam, ganz langsam öffnet er die Augen wieder. Sie suchen den Mann an der Theke.
Seine Hände gehen zu Flasche und Becher und füllen nach. Dann neigt er die Flasche leicht zu dem still gewordenen Jungen hin. "Auch einen Schluck?"

OHH

Inzwischen hat Widumir schon vergessen, nach einem Witz gefragt zu haben. Minutenlang hat er das geschehen am Tresen verfolgt. Doch gerade, als er wieder neugierig geworden aufspringen und die unanständige eckige Münze genauer ansehen will, wird er schon wieder einmal eingeladen. In diesem hause könnte man es wohl lange aushalten!
"Ja, klar!" erwidert Widumir erfreut, ohne darüber nachzudenken, was für ein Getränk das sein mag.

HH

Nachdem Alrik eine Weile gewartet hat, ob sein Gegenüber einen Becher dabei hat, beginnt er auf dem Tisch nach einem leeren zu suchen. Schließlich findet er eine Teeschale, füllt diese mit seinem Wein und schiebt sie dann hinüber.
"Was treibst du eigentlich hier, Junge?" fragt er dann.

OHH

In der Tat hat Widumir lediglich erwartungsvoll auf die Flasche geschaut. Keinen Moment stört er sich an dem Gefäß; auch aus der Flasche selbst hätte er getrunken, wenn man ihn ließe, denn das ändert ja nichts am Geschmack.
Aufgrund der Frage vergisst er völlig, dass die meisten Leute ganz gern ein Dankeschön hören, wenn sie etwas hergeben. "Ich treibe nichts und niemand an, denn ich bin kein Jägersmann", schafft er noch zu antworten, bevor er einige Schluck aus der Tasse nimmt.
Sie wieder absetzend, leckt er sich über die Lippen und lächelt. "Ich bin auf Reisen", fällt es ihm noch ein.

SJ

Dargon ist, nach der Abfuhr des Capitanos, in Gedanken versunken, den Alten hat er vollkommen vergessen, und auch die Aufforderung Widumirs hat er überhaupt nicht gehört. Er folgt dem Wortwechsel der beiden Tischgenossen nur mit halbem Ohr, doch bei Widumirs Antwort muss er lächeln und fragt scherzhaft: "Auf Reisen bist du? Wo soll es denn hingehen?"

OHH

Fast scheint es, Widumir sei von dieser Frage in einem unerwarteten Maße überrascht, als habe er sich diese Frage noch gar nicht gestellt. Jedenfalls zucken seine Blicke blinzelnd zum Gebälk der Schankraumdecke, zu den Stützpfeilern, anderen Tischen, den Regalen oder sonstwas allem, wohl ohne all dies so recht wahrzunehmen.
Dann blitzen seine Augen wie von einem Einfall. Dies mag mit der Entdeckung des Beleibten zusammenhängen, denn Widumir erwidert freudestrahlend: "Nach Faselfiesel, wo es mächtige Zauberer und schöne Stoffe gibt. Immer die Straße entlang", schließt er auskunftsfreudig und hilfsbereit mit einem recht unbestimmten Wink richtung Treppe. "Und du?"

SJ

Dargon schüttelt kurz den Kopf und betrachtet den Jungen lächelnd. Wie kommt der nur auf so einen Unsinn? Eigentlich beneidenswert, so sorglos und mit kindlicher Offenheit durchs Leben zu gehen, auch wenn sich Widumir dessen kaum bewusst sein dürfte.
Schließlich zuckt Dargon kurz mit den Schultern. "Ich habe kein bestimmtes Ziel. Mein Ziel ist dort, wo mich der Weg hinführt und der Ort, wo ich eine neue Arbeit finde."

OHH

"Brrr!" macht Widumir, als hätte man ihm einen kalten Eimer Wasser entgegengeschüttet. Aber dann erinnert er sich daran, was er vor einigen Stunden gelernt hat. "Maiden retten? Der da drüben tut das auch." Ein unverholener Fingerzeig zum Großen Tisch folgt.
"Stimmt, das muss ich ja auch noch! Man ist ganz schön beschäftigt!"
Doch erst einmal wird geräuschvoll noch etwas Wein geschlürft.

HH

'Meine Güte! Ganz ohne Ziel herumreisen. Wann habe ich das mal gemacht? Eigentlich nie. Vielleicht lebe ich ja deswegen noch.'
Alriks Blick wandert zum herannahenden Capitano. Kurz überlegt er etwas, dann schüttelt er wehmütig den Kopf.
"Ja, Junge", sagt er dann an Widumir gewandt. "Wenn man es dumm anstellt hat man überhaupt keine Zeit mehr und muss ständig irgendwo helfen. Pass auf, dass dir das nicht passiert!" Wider Willen muss er grinsen.

OHH

Da kann Widumir nur die Augen aufreißen. "Oh, ich helfe gern, aber vielleicht hast du ja recht. Woran erkennt man, dass es zuviel wird?" In höchster Gelehrsamkeit wird der Kopf gewiegt.

HH

Einen kurzen Augenblick denkt der Alte ernsthaft über die Frage nach und wiegt den Kopf unbewusst hin und her. Dann nimmt er einen Schluck aus seinem Becher.
"Der beste Zeitpunkt, um mit Zusagen für 'gute Taten' aufzuhören ist, bevor man sie tut", sagt er dann und dreht den Becher scheinbar nachdenklich in der Hand.
"Man sollte solche Sachen eigentlich nie vorher schon für 'Die gute Sache' tun. Oft stellt sich im Nachhinein heraus, dass man kaum jemandem einen Gefallen getan hat außer demjenigen, der behauptet hat, dass es 'gut' sei, das zu tun, was er will. Also handele vorher aus, was du davon hast... und nachher, wenn du weißt, was genau du getan hast, dann KANNST du etwas Gutes tun und keinen wie auch immer gearteten Lohn einfordern.
So wirst du nie in den Ruf kommen ein Dummkopf zu sein, den man für eigene Pläne einspannen kann."

SJ

"Verzeiht", wendet sich Dargon ruhig an den Alten, "doch es klingt ziemlich hart, wie Ihr es beschreibt. Habt Ihr noch nie jemandem Hilfe oder Beistand gewährt, ohne etwas zu erwarten? Einfach, weil Ihr es konntet und es für richtig gehalten habt? Und wie kann jemand dumm sein, der seine Fähigkeiten in den Dienst eines anderen stellt, weil er es selbst für richtig und gut hält, doch genau weiß, er wird keinen Lohn erhalten und am Ende vielleicht noch Nackenschläge obendrein? Macht das eine Tat weniger ehrenwert?"

HH

"Lohn, werter Herr, ist nicht immer Geld oder Besitztümer. Das scheint Ihr missverstanden zu haben. Auf Eure zweite Frage hin kann ich also mit Fug und Recht behaupten, noch nie jemandem geholfen zu haben, ohne mir davon einen Gegenwert versprochen zu haben." Alrik schnaubt leise.

OHH

"Äh", ist Widumirs erster spontaner Kommentar zu des Alten Ausführungen. So ganz vermag er dem Gedankengang nicht zu folgen. Aber auch die Worte des anderen enthalten verwirrende Punkte. Mit leicht offenem Mund lauscht er den beiden; die Augen rollen in ihren Höhlen hin und her.
"Nackenschläge?" Er kratzt sich am Hinterkopf. Er hatte mehr an Freundschaften gedacht.

SJ

Das hätte er sich ja denken können, dass Alrik sich nicht vorstellen kann, er könne etwas anderes meinen als Geld und Besitz. "Verzeiht", beginnt Dargon freundlich: "Doch ich sprach keineswegs von dem Lohn, welchen man später in der Hand hält; solche Taten sichern lediglich den Lebensunterhalt und sind es kaum wert, dass von ihnen gesprochen wird."
Widumir übersieht er in diesem Moment völlig.

OHH

Tatsächlich kann man Widumir im Moment wirklich recht leicht vergessen - so ruhig, wie er gerade ist. Das am Tisch Besprochene klingt ja auch alles viel zu sehr nach alltäglichen Sorgen, um interessant zu sein. Und was nicht spannend ist, das versteht man schlechter, weil man nicht richtig zuhört.
Um so leichter dringt ein Wort vom Tresen an Widumirs Ohr: Eintopf. Stimmt, hatte er nicht zwei bestellt? Aber da Widumir nicht weiß, ob die Zutaten dafür erst noch erlegt werden müssen, ist es die bloße widumirsche Grundungeduld, die ihn ein wenig auf der Sitzfläche umherwippen lässt. Auf Gastrechte zu pochen oder gar unnötig anderen Hast zu bereiten, fiele ihm hingegen nicht ein.

HH

"Nun gut", sagt Alrik, "dann entschuldigt.
Sag mal Junge, mir scheint dieses Thema langweilt dich, vielleicht möchtest du ja über etwas anderes reden. Vielleicht" - hier grinst er schelmisch bis grausam - "indem du uns etwas Lustiges erzählst?"

OHH

So überraschend und bei dem gegenwärtig trockenen Gespräch selbst für Widumir nicht ganz leicht, muss er doch ein Momentchen nachdenken. Während er noch die Augen rollt, schleicht sich auch ein "Klar" über seine Lippen.
Man mag vielleicht erraten, woher Widumir die Idee für den Anfang seiner geschichte nimmt: "Also, es waren einmal zwei kleine Würstchen und eine Erbse..." Die großen Augen zucken zwischen Dargon und Alrik hin und her. Nicht, dass er schon irgendeinen Plan hätte, wie es weitergehen soll!

HH

Genüsslich, immer noch mit einem echt fiesen Lächeln auf den Lippen, schenkt sich Alrik nach und lehnt sich zufrieden gegen die Lehne seines Stuhls, während er Widumir aufmerksam zuzuhören scheint.

SJ

Dass Widumir nun auch noch ermuntert wird, eine Geschichte zu erzählen, hat Dargon gerade noch gefehlt.
Rasch blickt er zu dem Alten, der ihm mehr als seltsam vorkommt, mindestens so viele Geheimnisse mit sich herum tragend wie er selbst. Doch da der wohl kein Interesse an einer Unterhaltung zu haben scheint, bleibt nur die Erzählung des Jungen. Und was kann es schaden, sich auf diese Art die Zeit zu vertreiben?

OHH

Der eigenartige Ausdruck Alriks lässt Widumir doch ins Stocken geraten. Überhaupt ist die Stimmung am Tisch noch immer ausgesprochen eigenartig. "Magst du keine Würstchen? Sie sind gute Freunde von der Erbse. Und außerdem sind sie ganz lecker!"

HH

Alrik lässt sich äußerlich nicht sonderlich von dieser Frage beeindrucken. "Nein", sagt er ruhig und mit freundlicher Stimme, "alles prima! Fahr ruhig fort!"

OHH

Lustig, nicht lecker soll es sein, muss Widumir sich selbst ins Gedächtnis rufen. Gar nicht so einfach, wenn man sich selbst Appetit gemacht hat! Nachdenklich legt er den Zeigefinger an die Nase, dass diese etwas verbogen wird.
"Also, die Würstchen und die Erbse schwammen so in einem leckeren Eintopf herum und erzählten sich den neuesten Tratsch über Tante Grüne Bohne, als es der Erbse immer wärmer wurde..."

SJ

Dargon wirft einen raschen Blick auf den Alten, dann zu dem Jungen, und auf einmal kann er sich nicht mehr beherrschen und bricht in Gelächter aus.
In diesem Moment ist es dem Krieger auch vollkommen egal, was die anderen von ihm halten könnten. Er braucht eine ganze Weile, um sich wieder zu beruhigen, wischt sich schließlich die Tränen aus den Augen und meint kopfschüttelnd: "Du bist wirklich unglaublich Junge! Wie kommst du nur auf so einen Unsinn?"

OHH

Voll gespielter Empörung richtet sich Widumir aus seiner lässigen Sitzhaltung auf. "Unsinn!? Ja, das dachten auch die beiden Würstchen! Sie würde sich das einbilden, meinten sie. Und dann lästerten sie darüber, dass die Erbse schon keine Schweißfüße davon bekommen würde. Aaaber" - dramatisch hebt Widumir den Zeigefinger, als wolle er nun eine al'anfanische Weissagung zum Besten geben - "plötzlich merkte auch das linke Würstchen, wie es wärmer wurde!"

SJ

Bei Widumirs Reaktion musste Dargon erneut schmunzeln, doch wirklich bei der Sache ist er eigentlich nicht mehr. Er beobachtet das Treiben am Kamin, sein Blick bleibt an der friedlich zusammengerollten Katze hängen.
Dargon atmet tief durch.

OHH

"Auch ein Rübchen mischte sich nun ein und meinte, dass es auch irgendwie angebrannt riechen würde. Und tatsächlich", platzt Widumir in seiner Erregung etwas lauter hervor, "hatte da doch jemand den Topf, in welchem alle schwammen, aufs Feuer gestellt!"
Beifallsheischend rollen seine Augen in den Höhlen herum. Doch was ist dies! Erlahmt da etwa das Interesse des Schwertfuchtlers? Und was ist mit dem anderen?

HH

"Erstaunlich", bemerkt Alrik, bemüht um nichtssagende Gesichtsmimik. Innerlich zollt er dem Jungen lachend Respekt. 'Das hat man nun davon, wenn man sich lustigmachen will. Man bekommt eine Kochgeschichte.'

SJ

Dargon hat den Weg der Katze verfolgt und beobachtet das Tier interessiert.
"Hmm?" Das Wort des Alten holt ihn in die Wirklichkeit zurück, der Junge hat wohl seine Geschichte beendet. "Ich meine, sehr nett", beeilt er sich, seine Unaufmerksamkeit zu überspielen und nickt dem Jungen freundlich zu.

OHH

Wie schön, wenn man bescheidene Zuhörer hat - denn im Grunde ist ein aufs Feuer gestellter Eintopf ja nicht wirklich etwas Erstaunliches. Das Lob der Hörer lässt Widumir beinahe vergessen, dass die Geschichte nicht wirklich zuende ist.
Als ihm dieser Umstand jedoch wieder ins gedächtnis tritt, fragt er sich doch, wie man hier noch etwas ins Lustige retten kann. Diese dramatische Situation kann eigentlich nur mit den Gaumenfreuden eines Menschen enden. Oder nicht?
Etwas ungeduldig verrät er noch die plötzlich aufblitzende Pointe: "Na, jedenfalls wurden sie alle so heiß gemacht, dass sich der Eintopfesser die Zunge daran verbrannte."
Neugierig geworden, schaut nun auch er auf die Katze hinab.

HH

Nun, da der junge Mann seine Geschichte zu einem wahrhaft kollossalen Ende geführt hat, das wohl niemand ernsthaft zu beachten gedenkt, wendet sich Alriks Gehör den Diskussionen an der Theke zu.
Schnell zieht er ein Lederetui aus einer der vielen Taschen seines Umhangs und fördert daraus ein Stück Pergament zu Tage. Kurzsichtig überfliegen seine Augen das Geschriebene, dann schaut er wieder zur Kriegerin, während sich ein fast hungriges Lächeln auf seine Gesichtszüge stiehlt.

JK

Die Untersuchung der Stiefel scheint abgeschlossen, das Qualitätsurteil behält die Schnüfflerin jedoch für sich. Neben dem Schuhwerk verharrend, dreht das kleine, getigerte Raubtier den Kopf und blickt interessiert zu den sie vom Tisch aus Beobachtenden.

OHH

Gerade will sich Widumir neugierig dem Pergament zuwenden und eine Salve von Fragen abfeuern, als ihn ein letzter Blick auf die Katze festhält. "Riechen sie gut, die Schuhe?" erkundigt er sich in gewohnter Sachlichkeit Tieren gegenüber.

JK

Als Widumir spricht, weicht der allgemein-interessierte Blick der Katze einer aufmerksamen Betrachtung des Fragenden. Die Antwort besteht aus einem leichten Sträuben des Fells und einem kehligen "Prrt". Nicht gerade das höchste Lob für das arme Stiefelpaar, das nun auch völlig von allen guten Katzen verlassen wird. Leichtpfotig spaziert das stattliche Tier zu dem rothaarigen Fragesteller.

OHH

"Ah, das dachte ich mir", erwidert Widumir wie selbstverständlich, ohne dabei durchblicken zu lassen, wie er diesen für eine Katze vergleichsweise ungewöhnlichen Laut denn eigentlich versteht - vorausgesetzt, er interpretiert ihn überhaupt irgendwie.
"Ich bin der Widumir", stellt er sich dann vor und hält dem Tier seine Pfote hin.

JK

Vorsichtig nähert sich der Katzenkopf der hingehaltenen Hand. Während das Tier die Finger beschnuppert, streifen ihre Schnurrbarthaare kitzelnd über die Haut.
Auf den Namen reagiert die Katze nicht. Menschliche Namen, die sie mit Katzenlauten nicht aussprechen kann, sind für sie ohnehin nur Schall. Der um einiges aussagekräftigere Geruch hingegen wird aufmerksam aufgenommen.

OHH

Das Geräume des Seesoldaten am Kamin und das Gepolter eines Seemanns gleich nebenan bei so einem komischen Schränkchen lenken Widumirs Aufmerksamkeit doch sehr von der Katze ab. Allerdings wird sie durch ein Kitzeln sogleich zurückgezogen.
"Ah, angenehm", meint er lächelnd - und nach einer kurzen Pause: "Was du nicht sagst!" Seine Finger streicheln ihr Köpfchen.

JK

Das Tier zuckt merklich zusammen, als neben ihm etwas auf den Boden prallt. Als die Menschenfrau das Ding wieder aufhebt, hat es sich allerdings bereits wieder beruhigt. Zwar blickt es noch ein wenig misstrauisch drein, schmiegt sich dann jedoch an die Hand auf ihrem Köpfchen und fängt an, auffordernd zu schnurren.

OHH

Das Herumgerenne und Gedrängel in unmittelbarer Umgebung ignorierend, befasst sich Widumir weiter mit dem Kätzchen. Dessen Aufforderung scheint eindeutig: 'Streichele mich! Jetzt sofort! Fester, weicher, lieber, länger!' Dem kommt er gerne nach, ohne sich an der eigenen Körperhaltung zu stören. Diese sieht nämlich recht gewagt aus, wie er so halb auf dem Stuhl liegt, die Arme zur Linken hinunterstreckt und die Beine wohl nicht so recht wissen, wohin sie sich ausstrecken sollen. Dass er dabei nicht hinunterfällt, erscheint dem Auge beinahe unglaubwürdig, und doch zieht er solch eine Gemütlichkeit beteuernde Mine.

JK

Im Schnurren der Katze beginnt sich ein hypnotisierender Rhythmus einzustellen. Doch nicht nur akustisch, auch optisch ist der Genuss des Kätzchens offenkundig. Im Gegensatz zu ihrem Streichelsklaven hat sie es sich bequem gemacht, könnte in dieser Stellung wohl ewig verharren. 'Weiter, weiter, weiter', schnurrt es unermüdlich.

OHH

So ungemütlich findet es Widumir gar nicht. Im Gegensatz dazu macht er ein Geschicklichkeitsspiel aus seiner verrenkten Haltung.
Da am Tisch weiter das Schweigen Herrscht, bekommt er das Gefuchtel einer aufgeregt erzählenden jungen Frau am Tresen mit. Aber es scheint keine sonderlich lustige Geschichte zu sein, also schaut er wieder streichelnd auf das Kätzchen.

JK

In ihrer streichelfreudigen Lage verharrend, blickt die Katze aus dünnen Sehschlitzen in Richtung Tresen und der dort lange Reden haltenden Frau. 'So eine Heuchlerin', scheint der von eifrigem Schnurren begleitete Blick zu sagen.
Ungeachtet möglicher Folgen für den Streichelnden, wirft das Tier sich auf den Boden und dreht sich zur Seite. Damit schafft sie es in einer Bewegung, dem Streichelnden den Bauch zuzuwenden und ihrer Vertrauten den runterrutschbereiten Buckel zu zeigen.

OHH

Glücklicherweise verfügt der schlaksige junge Mann über lange Arme und einen bemerkenswerten Gleichgewichtssinn.
Ob sich Katze und Frau am Tresen wohl kennen? Der Blick könnte darauf schließen lassen. Allerdings hat Widumir im Moment ja wirklich Wichtigeres zu tun.

JK

Nach einer Weile passiven Genießens scheint die Katze genug von dieser abwechslungsarmen Unterhaltung zu haben. Äußerlich ist davon kaum etwas zu spüren. Als sie sich weiterhin auffordernd schnurrend bewegt, beginnt ihr sich dem Menschen darbietender Körper zu drehen und wenden. Langsam, ohne ruckartige Bewegungen. Ein ständiges Räkeln und Winden, das dazu führt, dass sie sich langsam, kaum merklich von dem sitzenden Streichler entfernt und damit die akrobatischen Anforderungen der Liebkosung zunehmend erschwert.

OHH

Dass das Katzenfräulein so langsam genug hat, entgeht auch Widumir nicht - allerdings kommt es ihm mehr so vor, als verlöre er selbst an Lust. Wobei man auch dies nicht überbewerten darf, denkt er doch nicht wirklich darüber nach.
Befriedigt lächelnd bringt er sich in eine etwas weniger wackelige Position und blickt auf seine Tischgefährten. Schweigen im Walde wie auch hier. Überhaupt hat Widumir schon lebendigere und vollere Schankräume erlebt. Aber das war in Städten.
Dessen ungeachtet weiterlächelnd, wiegt Widumir seinen Kopf langsam von links nach rechts und wieder zurück und noch einmal und wiederum.

JK

Was da zu Widumirs Füßen liegt, ist nichts als zusammengerollte - also in gewisser Weise geballte - Niedlichkeit. Als sie den Blick zu dem Menschen erhebt, scheinen die großen Katzenaugen zu fragen: 'Warum hast du aufgehört, mich zu streicheln, Herzloser? Habe ich etwas falsch gemacht?'

OHH

Als die beiden Männer sich weiterhin so verstorben gebärden, beginnt Widumirs Nacken immer lauter zu quietschen, als handele es sich um schlecht geölte Mechanik. Die Bewegungen des Kopfes hingenen verändern sich kaum. Vor, zurück, hin und her, rundherum, das ist nicht schwer. Ein Betrachter mag zu recht an seinen Augen zweifeln.
Ganz am Rande seines Blickfeldes bemerkt Widumir das Fellknäuel. Während der Kopf weiter seiner eigenartigen Tätigkeit nachgeht, senkt sich der Blick zu dem Kätzlein hinunter, das einen so unzufriedenen Eindruck verströmt.
Als jedoch am anderen Ende des Schankraumes der einbeinige Seemann sein Getränk quer über den Tisch speit, ist dies Widumir doch ein weit größerer Blickfang als große Katzenaugen. Letztere dürften in einigen Momenten auch noch vorhanden sein im Gegensatz zu diesem prächtig im Kerzenschimmer glänzenden Schauspiel tausender umherstiebender kleiner Tröpfchen. "Wal, da bläst er!" entfährt es ihm in Erinnerung an ein Gemälde, welches er in einem anderen Gasthaus sah.

JK

Nicht nur, dass er unfähig ist, ihr Spiel zu verstehen, jetzt besitzt er sogar die Frechheit, andere Geschehnisse interessanter zu finden als sie. An diesen Menschen - oder an die Menschheit an sich - ist ihre Niedlichkeit wirklich verschwendet.
Nachdem sie sich mit - ebenfalls vergeudeter - Geschmeidigkeit erhebt, stolziert sie mit stolz erhobenem Kopf zurück an den zumindest körperliche Wärme spendenden Platz am Kamin.

HH

Der Alte in grau lässt schließlich seinen Zettel wieder in der Robe verschwinden und seufzt resignierend.
Der 'Wal' nimmt kurz seine Aufmerksamkeit Anspruch. Auf Widumirs offenbar unbedacht geäußerten Kommentar entfährt ihm - verspätet, da er sich erst orientieren muss - ein tiefes Kichern, dann schüttelt er, als wolle er einen Gedanken verscheuchen, den Kopf, stemmt sich am Tisch hoch und schleicht in langsamen Schritten zur Theke.

OHH

Immerhin eine fröhliche Reaktion des Alten, auch wenn jener im Anschluss den Tisch verlässt. Dass sich der gesamte Schankraum vor lachen biegen würde, hat Widumir auch nicht erwartet.
Aufmerksam schwenkt sein Blick zurück auf den Boden nebenan. Leer. Das Kätzchen hat sich wieder zum Kamin zurückgezogen, was Widumir als Bestätigung nimmt.
Aber was nun? Wenn nicht mehr Pusteriche kommen, wird es langweilig genug, ins Bett zu gehen. Grausliche Vorstellung! Obwohl sich im Warmen zu kuscheln auch etwas für sich hat.

Weiter mit Dick und Dünn.


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Redaktion und Lektorat: OHH