Drei Alveraniare und ein Mädchen

Verfasser: Astrid Brandt, Oliver H. Herde, Ralf Büngener und andere

AB

Erst als der Wirt sich einige Schritte vom Tisch entfernt hat, setzt Casha zu einer Antwort an. Doch bevor sie spricht, mustert sie die Schauspielerin und die Norbardin mit einem beinahe durchdringenden Blick. Mit einem kurzen Nicken, wie als hätte sie eine wichtige Entscheidung getroffen, beginnt sie zu sprechen:
"Reska - wir sind jetzt schon eine ganze Weile gemeinsam unterwegs und ich habe dich als jemanden kennengelernt, auf den Verlass ist und der auch das ein oder andere Geheimnis zu wahren weiß. Jana - wir haben uns zwar heute zum ersten Mal gesehen, aber etwas sagt mir, dass ich dir vertrauen kann. Versprecht ihr mir über das, was wir jetzt besprechen, Stillschweigen zu bewahren?"

RB

Janas Neugier ist geweckt. Außerdem ist sie erfreut, wie schnell sich ihre Beziehung zu Casha entwickelt, und geschmeichelt durch ihre Worte. So antwortet sie nur ungewöhnlich wortkarg: "Versprochen."

AB

Cashas Antwort ist ein freudiges Blitzen der Augen, während sie noch auf die Antwort der Norbardin wartet. Obwohl sie meint, nein hofft, diese bereits zu kennen.

LS

In der Tür ist ein Zwerg erschienen. Hinter ihm erhellt ein etwas unnatürlich wirkendes Licht die tanzenden Schneeflocken und dringt ein wenig in den Gastraum. Es ist recht hell und flackert weißlich Gelb.
Der Zwerg ist ziemlich durchschnittlich groß, zumindest für einen Zwergen. Er trägt einen dicken dunklen Wintermantel, der fast bis auf den Boden reicht. Darunter erkennt man schwere lederne Stiefel. Ein breitkrempiger Hut wird abgenommen und mit beiden Händen vor die Brust gehalten. Darunter kommen halblange dunkle Locken zum Vorschein. Ein Bart scheint zu einem dicken Zopf zusammengebunden zu sein, verschwindet aber unter dem Mantel. Nur wenige Schneeflocken sind auf Kargoschs Kleidung zu sehen.
Er sieht sich um und grüßt nickend in Richtung der besetzten Tische. Als ein Windstoß ein paar Schneeflocken an ihm vorbei weht, dreht er sich schnell um und beeilt sich, die Tür zu schließen. Mit schweren Schritten schreitet er Richtung Tresen.

AB

Als der Gruß erschallt, zuckt Casha ein wenig zusammen. 'Phex nochmal, du darfst dich doch nicht derart vertiefen, dass du nicht mitbekommst, wenn jemand durch die Tür tritt!' schilt sie sich innerlich.
Da der Augenkontakt mit Jana und Reska nun ohnehin unterbrochen ist, hebt die den Kopf und schaut, wer naht. "Ein Zwerg", konstantiert sie sodann, als sie sich wieder den Gefährtinnen zuwendet. "Wo waren wir stehengeblieben?"

OHH

Wiederum solches Lob von der Reiseleiterin lässt Reska für Momente in den Gedanken abschweifen. Durch den Eintritt des Zwergen und die daraufhin neue Frage würde die ursprüngliche Antwort schwerlich passen. Dennoch kann man über diese Antwort nachholend sprechen, um Urszula wieder zu ihren eigenen Gedanken zu verhelfen: "Beim Nicken."

AB

Casha strahlt. Eigentlich war sie sich sicher, doch es von Reska zu hören, bedeutet ihr sehr viel.
"Also" - sie beugt sich ein wenig nach vorn über den Tisch, um Reska und Jana gleichermaßen nah zu sein - "der Onkel... Charlon... interessiert sich nicht nur für die Mode. Was gibt es auf Gesellschaften außer der Mode noch zu Genüge? Plauderei, Plapperei, Tratsch und ab und zu... auch ein Geheimnis. Wer mit wem wann wo und warum oder auch warum nicht. Wenn man versteht, die Ohren zu spitzen... ist der Onkel gerne großzügig. Und man kommt herum. Der unverheirateten Erbin des Freiherrn von Niedernebesjepengurken stehen zumindest bei uns im Bornland viele Türen offen. Und Jana, es gibt wahrscheinlich nicht viele in Vinsalt, die sich nicht geehrt fühlen, wenn du auf ihrem Empfang oder Abendveranstaltung erschienst, oder? Und Reska, du hast bestimmt viele Ohren unter den fahrenden Händlern..."
Casha lässt ihre Worte fürs Erste einfach so stehen und wartet auf die Reaktionen der anderen beiden.

RB

Als sie das Eintreten des neuen Gastes bemerkt, verlagert sich der Fokus von Janas Neugier schlagartig auf die Tür, der sie den Rücken zukehrt. Sie folgt ihm, indem sie sich auf ihrem Stuhl sitzend verdreht wie eine neugierige Dienerin, bis sie den Zwerg erkennen kann. Über ihre Betrachtung hätte sie fast Reskas Worte verpasst. Aber zum Kichern bleibt keine Zeit, folgt doch jetzt Cashas Offenbarung. Nachdem sie den Neuankömmling kurz gemustert und ihm noch kürzer zugenickt hat, dreht Jana sich schnell zurück und beugt sich ebenfalls vor, um kein Wort zu verpassen.
"Da hast du sicherlich Recht. Auch damit, dass es nicht nur ein einträgliches, sondern auch sehr kurzweiliges und gelegentlich spannendes Geschäft ist. Nur warum sollte dein Onkel für Nachrichten aus Vinsalt großzügig sein, wenn er selber hier nicht tätig ist. Im Bornland sind die doch sicherlich nur einen Bruchteil von lokalen Neuigkeiten Wert." Bevor sie eine Antwort kriegt, schiebt sie noch eine weitere Frage hinterher: "Und stellt er bestimmte Fragen oder will er einfach alles hören, was interessant sein könnte?"

OHH

Solange die Dame Fragen stellt, muss Reska dies nicht auch tun - zumindest nicht, bis nicht eine eigene auftaucht, die von ihr dauerhaft übersehen wird.
Was aber ist zu halten von alledem? Es geht also um Informationen. Erfahrung und Hörensagen lehren, dass der Handel damit durchaus gefährlich werden kann. Da Reska selbst noch zu wenige davon hat, ist es wieder einmal das beste, einfach abzuwarten. Nichts ist verhängnisvoller als vorschnelles Handeln!

AB

"Mein 'Onkel' ist gern gut informiert, was die Konkurrenz so treibt..." Die Betonung auf dem Wort 'Onkel' ist ein wenig eigentümlich. "Vielleicht, um daraus neue Tendenzen für das heimische Bornland abzuleiten? Man will ja nicht von den Entwicklungen überrascht werden, oder? Stell dir vor, im Lieblichen Feld würden sich bunte Blumenhüte als die neueste Sommermode abzeichnen; jeder trägt sie, jeder will sie und im Bornland hält man immer noch an den letztjährigen einfarbigen Kopftüchern fest. Wäre das nicht unangenehm, derart übberascht zu werden?"
Casha holt Luft und setzt hinzu: "Und ja, Charlon will einfach alles hören - er schickt mich aber manchmal auch aus, um Antworten auf eine bestimmt Frage zu suchen..."

RB

'Oder im lieblichen Feld wird ein Heilmittel für eine Krankheit entwickelt, die sich unerkannt auch im Bornland ausbreitet', entwickelt sich der Plan in Janas Kopf, während Casha erzählt. Ja, so eine Verbindung würde dann wirklich hilfreich sein. Aber so weit ist sie noch nicht, deshalb bewahrt sie Stillschweigen darüber.
"Das wäre natürlich ein Desaster. Andererseits eine hervorragende Gelegenheit, wenn man rechtzeitig informiert war. Und am besten mit der Information schon die erste Wagenladung Hüte erhalten hat", pflichtet Jana bei. "Wie sieht das denn konkret aus? Hat er Kuriere, die die Informationen einsammeln, oder kommt er selber vorbei? Oder schickt er dich?" fragt sie hoffnungsvoll. "Und wie stellt er sicher, dass er die korrekten Informationen erhält, wenn sich beispielsweise bei Hofe schon Hüte mit Federn durchgesetzt haben und niemand mehr Blumenhüte kauft?"

AB

Reskas schweigende Zustimmung sagt mehr als tausend Worte. Chasha fühlt sich durch die vertraute Nähe zu ihrer Reisegefährtin einfach sicher und geborgen. Janas offensichtliches Interesse an der Angelegenheit erfüllt sie hingegen mit tiefer Freude. Doch jetzt wird es langsam schwierig, ihr all ihre Fragen zu beantworten, ohne zuviel zu verraten. Zum Beispiel, dass sie auf einige diser Fragen gar keine Antwort hat. Für einen kleinen Augenblick ist Casha versucht, einfach irgend etwas zu erfinden, doch das kann und will sie Jana nicht antun. Nun, zumindest die erste Frage kann sie beantworten.
"Der Onkel hat überraschend viele Handelskontakte. Meistens treffe ich einen seiner... Agenten... und tausche mich mit ihm oder ihr aus. Das ist immer sehr aufschlussreich. Was dann mit den Informationen passiert, weiß ich nicht, aber sie gelangen zu Charlon, da bin ich mir sicher. Er ist immer bestens informiert und weiß manches Mal noch mehr als das, was ich in Erfahrung gebracht habe. Das merkt man, wenn man mit den anderen spricht. Meistens richten sie Grüße von Charlon aus und neue Fragen von ihm. Und ja, es kann gut sein, dass wir uns in Zukunft dann öfter sehen."
Sie schenkt Jana ein herzliches Lächeln, welches jedoch in ein leicht schuldbewusstes umschlägt. "Ich muss dir übrigens ein Geständnis machen, Jana. Ich weiß überhaupt nicht, wie Charlon aussieht. Ich kenne nur seine Stimme..."

OHH

So langsam bekommt Reska den Eindruck, der Onkel sei lediglich ein Nenn-Onkel, keine wirkliche Verwandtschaft. Ferner, dass hier noch sehr viel mehr nicht ist, wonach es benannt wird. Solcher Verdacht trat ja vorhin bereits ein oder zwei Male auf. Das könnte anstrengend werden.
Da Reska zwar noch nie einen Blumenhut besaß, ansonsten aber gewohnt ist, Kleidung bis zu deren natürlichem Ende zu verwenden, andererseits hingegen noch die vorherige Überlegung hizuziehen kann, bleibt die Frage nach einer möglichen Übertragung offen. Wofür könnten die Blumenhüte wohl sinnbildlich stehen?
Dem verrückten Geschwurbel der Damen kann Reska ob dieses Rätsels immer weniger folgen, zumal es nicht nur so überaus lebensfern ist, sondern auch noch hin und wieder schwierige Wörter enthält.
Als Urszula jedoch mit ihrer Offenbarung bezüglich des nie gesehenen Onkels herausrückt, verschlägt es Reska nicht nur die Sprache, was wohl niemandem weiter auffallen würde, sondern für Momente auch die Gedanken. Weit aufgerissene Augen starren Urszula an. Wie soll man sich denn das nun wieder vorstellen? Verbarg sich dieser Charlon womöglich immer hinter einem Vorhang oder - noch unheimlicher - hinter einer Maske?

RB

Auch Jana ist tatsächlich überrascht von Cashas Offenbarung. "Das ist interessant", verleiht sie ihren Gedanken Worte, "er hält also sein Aussehen geheim. Wie hast du denn seine Stimme gehört? Andererseits weißt du ja einiges über ihn, beispielsweise seinen Beruf. Da es wahrscheinlich nicht sehr viele Tuchhändler in Norburg gibt, nehme ich an, dass du seine Identität kennst. Warum dann die Geheimnistuerei?"

AB

"Selbstverständlich weiß ich, wer er ist - jeder im Bornland weiß das." In Cashas Stimme schwingt unüberhörbarer Stolz mit. "Er ist Charlon Nordsend, der Leiter des BGzN."

RB

"Dann verstehe ich noch weniger, warum du nur seine Stimme kennst. Und was ist BeGeZetEnn?"
Aus den Augenwinkeln hat Jana Alrik und den Zwerg zur Tür gehen sehen. Deshalb schenkt sie deren Öffnung jetzt keine Beachtung und bemerkt so nicht den neuen Gast. Stattdessen sieht sie Casha fragend an.

AB

Casha zuckt mit den Schultern. "Seit dem Tag, an dem ich einer Einladung von Jiri Bozlai Folge leistete und die Zentrale des BGzN zum ersten Mal betrat, habe ich vielleicht ein knappes Dutzend Mal mit Charlon selber geredet. Er ist das größte Geheimnis des Bornlandes - jeder weiß, wer er ist, aber niemand kennt ihn. Es gibt in Bozzis Arbeitszimmer ein spezielles Fenster zum Nebenraum, aber anstelle der Öffnung ist eine wunderschöne Schitzerei angebracht. Man kann nur erahnen, was dahinter ist. Wenn Charlon mit mir geredet hat, dann war er stets hinter diesem Fenster. Daher kenne ich seine Stimme - und ich weiß, dass er Pfeife raucht - aber ich habe ihn noch nie gesehen."
Cahsa versichert sich nun durch einen Blick, dass die Söldnerin nach wie vor schlummert, ehe sie noch gedämpfter fortfährt: "Der BGzN ist der Bornländische Geheimdienst zu Norburg."

OHH

Geheimdienst! Auch das noch! Gerüchten zufolge hat man mit denen ja eher nichts als Ärger - sofern man sie denn zu bemerken leidträgt. Möglicherweise auch sonst, aber wie soll man solches sicher sagen! Dennoch beschließt Reska, zunächst einmal mehr zu hören. Später kann man sich immer noch davonmachen. Wäre ja nun wirklich nicht das erste Mal!

GM

Rasch schlüpft sie an den Heraustretenden vorbei ins Warme - um dann erstarrt stehen zu bleiben, als sie den Mann in Uniform erblickt, der ihr entgegenspäht.
Die beiden durchgewetzten Wolldecken, die ihr als Schutz vor der Kälte dienen, sind fast heruntergerutscht und geben den Blick auf ein zitterndes, mageres Mädchen frei, vielleicht 14 oder 15 Götterläufe alt. Ein viel zu dünnes, vielfach geflicktes Leinenkleid und Lederschuhe, die keinesfalls wintertauglich sind, lassen erkennen, dass sie aus ärmlichen Verhältnissen stammt.
Einige Stähnen ihrer zurückgebunden, braunen Haare sind entwischt und kleben feucht an ihren Wangen, die von der Eiseskälte eine unnatürliche Rötung angenommen haben. Auch die Lippen sind bläulicher als sie sein sollten. Abgesehen davon ist ihr Gesicht durchaus hübsch.
Der Blick ihrer großen, kastanienbraunen Augen ist jetzt ängstlich auf den Uniformierten gerichtet.

RB

Während Casha erzählt, beginnen Janas Augen zu leuchten, und sie nickt anerkennend: "Charlon Nordsend, das hat Stil." Sie schmunzelt einen Moment lang in sich hinein: "Das klingt fast wie ausgedacht, wie auf einer Theaterbühne. Ich kann es mir richtig vorstellen, dieses Arbeitszimmer, die Schnitzerei, aus der ein bisschen Rauch hervortritt und dahinter diese Stimme. Davor sitzt du neben Bozzi und erstattest Bericht. Und die Zuschauer fragen sich, ob Bozzi wohl weiß, wie sein Chef aussieht."
Wie immer, wenn sie den Bogen zum Theater schlagen kann, kommt Jana jetzt richtig in Fahrt: "Haben wir nicht vorhin über Fantasie und unsichtbare Hauptpersonen geredet? Hier haben wir sie wieder. Er ist die Person, bei der alle Fäden zusammenlaufen; sein Name kommt sogar im Titel vor: 'Charlons Alveraniar'." Mit der Hand mimt die Schauspielerin ein Plakat, auf der der Titel steht.
"Der Alveraniar ist seine Spitzen-Agentin, die eine hinterwäldlerische bornische Adelige mimt, die von allen unterschätzt wird und zum Einsatz kommt, wenn es um die richtig kniffligen Aufgaben geht. Da könnte man glatt eine ganze Reihe mit ihren Abenteuern schreiben. Oder vielleicht muss man die auch gar nicht schreiben, sondern du kannst sie erzählen." Sie grinst Casha gutmütig herausfordernd an.

AB

Casha ist versucht Jana den Begriff 'hinterwäldlerisch' ein bisschen übelzunehmen, doch dann wird ihr bewusst, dass dies es genau auf den Punkt bringt. Oberflächlich, hinterwäldlerisch, plapperhaft... ja, das ist der Eindruck, den sie oft hinterlässt. So auch heute hier in diesem Gasthaus.
Die Idee der Schauspielerin ist schmeichelhaft, würde aber mit Sicherheit nicht die Billigung des BGzN finden. Obwohl man bei Charlon nie wissen kann. Immerhin hat er ja auch in einer blutjungen gelangweilten bornischen Kleinstadligen irgend etwas gesehen, was sonst keiner erkannt hat. Und bei Phex, er hatte recht.
Die Freiin kontert die Herausforderung mit einem schelmischen Lächeln. "Meine liebe Jana, falls ich derartige Geschichten erzählen wollte, dann nicht nur von einem Alveraniar. Zwei oder noch besser drei wären mir viel lieber. Das wäre doch auch für die Zuhörer oder Zuschauer viel abwechslungsreicher. Die Neckereien der Drei untereinander, die Freundschaft und wie sie sich in allen Lebenslagen zur Seite stehen. Vielleicht auch einmal eine Krise, an der die Freundschaft zu scheitern scheint. Oder eine der Drei hat ein pesönliches Problem, von dem sie niemandem erzählt, welches sie aber irgendwie einholt. Und die andern beiden sind zwar zuerst vieleicht enttäuscht darüber, dass sie nicht früher ins Vertrauen gezogen worden sind, stehen aber dann an der Seite ihrer Freundin." Der fragende Blick geht dabei eindeutig zu Reska.

OHH

Nur kurz nimmt Reska von dem abgerissenen, doch um so sympathischer wirkenden Mädchen am Eingang Notiz, denn am eigenen Tisch geht es itzt allzu sehr zur Sache. Schon wieder ein Wort, das Reska noch nie gehört hat.
Doch im nächsten Moment wird klar, worauf das ganze hinausläuft - wovon die Daminowitsch ureigentlich redet: Urszula als Geheimagentin! Viel zu gut passt der Gedanke, den sie da ausführt, um ihn lächelnd beiseiteschieben zu können. Prüfend wird jene gemustert, bis sie plötzlich so eindringlich zurückschaut.
'WAS?!' Deutliches Erschrecken steht in Reskas Antlitz geschrieben. Hier wird zweifelsohne gerade ein wenig zuviel angedeutet! Ob schlagartig ausgetrockneter Kehle wird erstmal hart geschluckt. Wortlos, versteht sich.

RB

Begeistert hört die Schauspielerin zu, wie die Freiin ihre Theaterideen weiterspinnt. Erst als sie Reskas Gesichtsausdruck bemerkt, fällt ihr auf, worauf sie da gerade im Begriff ist, sich einzulassen. Charlon ist kein privater Informationssammler. Das ist ein ausländischer Geheimdienst! Und wenn die Signora ihn mit Informationen versorgt und dabei erwischt wird, kann sie das Kopf und Kragen kosten, im wahrsten Sinne des Wortes. Das wäre Hochverrat und kann sie vom Titel bis zum Leben alles kosten. Das ist mehr Nervenkitzel, als sie zu ertragen bereit ist. Wie kommt sie da jetzt wieder raus?
Jana ist wieder ziemlich blass geworden, und ihr Blick geht zu dem Tee mit Schnaps, vielleicht wäre ein Stärkung jetzt doch nicht verkehrt. Sie beschließt, die Unterhaltung erst einmal wieder auf die Ebene des Theaters zurückzuführen. "Das sind brillante Ideen, liebe Casha. Ich sollte dich nicht nur als Regisseurin, sondern auch als Schriftstellerin einstellen. Das ist genau der Stoff, den die Leute sehen wollen: 'Drei Alveraniare für Charlon'. Ich kann es kaum erwarten, das Buch zu lesen."

AB

Das Unbehagen ihrer beiden Gefährtinnen bleibt der Bornländerin nicht verborgen. Vielleicht ist sie doch ein wenig zu rasch vorgeprescht, vielleicht sind beide noch nicht bereit. Oder sie hat sowohl Jana als auch Reska falsch eingeschätzt. Das wäre sehr schade, denn Casha hat sich bereits an den Gedanken gewöhnt, die beiden häufiger um sich zu haben. Aber noch ist nicht alles verloren.
Die Aussicht mit der begeisternden Impressaria zusammen Theaterstücke zu planen ist auf jeden Fall etwas, worauf Casha unbedingt Lust hätte. Charlon her oder hin.
Beruhigend streckt Cahsa ihre Hände über dem Tisch aus - jeweils eine zu Jana und zu Reska. "Habe ich euch erschreckt? Das tut mir leid. Aber ich bin es so leid, immer allein zu reisen, da sind wohl meine Bienen ausgeschwärmt, wie wir im Bornland zu sagen pflegen. Ich würde mich wirklich freuen, wenn wir uns häufiger sehen könnten, einfach nur so. Niemand muss von unserm Gespräch heute erfahren, das kann ganz unter uns bleiben." Bittend schaut sie die beiden an.

VW

Siona bewegt sich leise und zurückgenommen durch die Schankstube, bis sie am großen Tisch verhält und vorsichtig die Bestellung vom Tablett expediert. "Die bestellte Suppe und der Glühmost. Ich hoffe, die Gewürze sind genehm, die mischen wir nämlich nicht selbst."

RB

Die Worte der Bornländerin, wenn auch gut gemeint, beruhigen die Vinsalterin nur zum Teil. Deshalb lässt sie sich nur zu gern durch die Ankunft der Wirtin ablenken. "Wunderbar", kommentiert sie den aufsteigenden Dampf, der warmen Inhalt in beiden Gefäßen verspricht. "Es riecht vorzüglich, ich bin mir sicher, es wird gut sein, ich bin hier noch nicht enttäuscht worden."
Als sie sich von Casha ab- und Siona zuwendet, bemerkt Jana zum ersten Mal die Bewegungen, die sich bis jetzt in ihrem Rücken abgespielt haben. Statt des Zwerges steht nun ein junges Mädchen im Schankraum. Ihr Zustand deutet darauf hin, dass mit ihr eine ganze Geschichte erschienen ist. Obwohl es ihr so schon offensichtlich nicht gut geht, muss sie sich auch noch dagegen wehren, von diesem arroganten Magier bedrängt zu werden. Unwillkürlich spannt sich die Signora an, aber sie sieht auch, dass sowohl der Geweihte als auch der Wirt bereit stehen, um gegebenenfalls einzuschreiten.

VW

Die Wirtsfrau nickt und nimmt ihr Tablett auf. Nun bleibt nur noch der Kapitän und damit der verbliebene Becher mit Glühmost. Interessiert wendet auch sie sich dem Geschehen in der Mitte des Schankraumes zu, sicher, dass ihr Gatte aufkommende Probleme richten wird.

OHH

Ein unsicheres, wenngleich wohl zugleich zur Beschwichtigung gedachtes Lächeln Reskas bleibt zunäcst Reskas einzige Antwort an Urszula. Da die Wirtin den Tisch besucht und im Nachfolgenden die Aufmerksamkeit über sie hinweg nach drüben abschweift, macht dies die Situation nur für den Moment leichter. Was ist denn so Besonderes an dem Mädchen, dass man es so bestürmt? Ein bis zwei Helfer scheinen doch mehr als ausreichend. Oder geht es nur ums Gaffen?
Ein Achselzucken später entschließt sich Reska, einfach ebenfalls das süße Mädchen zu beobachten, bis sich etwas besseres bietet.

VW

Da sich das Geschehen in der Mitte der Gaststube ein wenig verlagert, ihr Gatte aber augenscheinlich bereits aktiv ist, dem Mädchen zu Hilfe zu kommen - Gast will sie vorerst nicht sagen, denn das Geschöpf sieht weder zahlungskräftig noch überhaupt liquide aus - kann Siona jetzt ihren letzten Krug mit Glühmost an den Kapitän bringen.

RB

Der Magier scheint von dem Mädchen abzulassen, das seinerseits einen Plan in Janas Rücken zu verfolgen scheint. Offenbar hat sie dabei schon mehr Aufmerksamkeit, als ihr lieb ist, also wendet Jana sich erst einmal wieder ab. Dabei betrachtet sie den Wirt: So wie er dasteht und beobachtet, kennt er sie nicht und hat sie auch nicht erwartet. Trotzdem ist in der Situation nichts, was ihr Eingreifen erfordert, also dreht sie sich weiter zurück und wendet sich endlich den warmen Gaben zu, welche die schon wieder davoneilende Wirtin gerade gebracht hat.
"Entschuldigt, wenn ich mich erst einmal hierum kümmere", bittet sie Casha und Reska und ergreift zunächst einmal den großen Krug Würzmost. Der Duft der Gewürzmischung ist anders als erwartet, aber durchaus angenehm, offenbar kein Kardamom, dafür aber Sternanis und etwas Zitronen- oder Orangenschale. Der Most ist so heiß, dass sie pusten muss, um sich nicht mit dem ersten kleinen Schluck die Zunge zu verbrennen. Genüsslich schließt die Signora die Augen und genießt Wärme und Gewürze.

AB

Nein, nicht ihr Tisch ist das Ziel. Das arme Ding sucht sich den entlegensten Winkel im Gasthaus. Jetzt, wo sie dem Neuankömmling mehr Aufmerksamkeit schenkt, fallen der Bornländerin zwei breite Riemen auf, die über die Schultern des Mädchens laufen. Nun ist die Neugier Cahsas endgültig geweckt, und sie verfolgt jede Bewegung des Mädchens mit den Augen. Eine Holzkiste - was wohl darin sein mag?
"Ja, iss erstmal", antwortet sie ein bisschen abwesend der Schauspielerin. Dann wird ihr bewusst, wie unhöflich das geklungen haben muss, und sie wendet sich kurz zu Jana. "Travia segne dein Mahl. Es riecht auf jeden Fall sehr schmackhaft. Ich werde derweil ein weing beobachten, was es mit diesem Mädchen auf sich hat."
Damit richtet sie ihre Aufmwerksamkeit wieder auf die Ecke mit demselben.

OHH

Wiederum löst sich alles auf - sowohl die Szene drüben als auch das Problem unangenehmer Themen am Tische. So kann es Reska einstweilen der Reisegefährtin gleichtun und dem dünnen Hemde nachschauen. Eigentlich kein netter Zug, aber sonst gibt es ja gerade nichts zu tun, und das Mädel ist wirklich niedlich.
Dann aber lässt Reska doch sich selbst scheltend den Blick auf die Tischplatte absinken. Die Kleine möchte bestimmt nicht angestarrt werden!

RB

Ein leiser Seufzer entfährt Jana bei immernoch geschlossenen Augen. Das war schon einmal gut. Sie öffnet die Augen wieder und stellt den Most leise ab.
"Sag Bescheid, wenn ich etwas verpasse", bittet sie Casha. Auf deren Neugier ist Verlass, glaubt Jana nach allem, was sie inzwischen von ihrer neuen Freundin weiß. Sie zieht den Eintopf zu sich heran. Dessen Duft erinnert sie wieder an den Hunger, den sie seit dem Zauber verspürt, und ihr Magen knurrt höchst undamenhaft. "Entschuldigung", murmelt sie und greift nach dem Löffel, um sogleich etwas dagegen zu unternehmen. Wieder muss sie pusten, weil auch diese Speise angenehm heiß ist. Trotz des Hungers wird der erste Löffel ausgiebig probiert und für gut befunden.

AB

"Hmhmm..." stimmt die Bornländerin zu. Da sie gerade dabei ist, schaut sie auch noch einmal nach dem Capitano und dem Journalisten. So ganz will sich ihr die Faszination, die die beiden füreinander empfinden, nicht erschließen. Aber vielleicht ist das auch einfach nur so eine Männersache; wenig sagen und trinken.
Langsam wandert der Blick wieder zurück zu dem Mädchen in der Ecke. Die Finger beginnen derweil, ein wenig auf der Tischplatte zu klopfen. Leise, um Jana nicht zu stören, doch für Reska deutlich verständlich. 'Vertrauen' und 'sicher'.

RB

Das Mädchen kann also nicht sprechen, kommt auch bei Jana an. Dann wird es schwierig, ihre Geschichte zu erfahren, ist aber auch nicht dringend.
Während sie den nächsten Löffel Suppe genießt, hört die Schauspielerin weiter zu, lässt sich sonst aber nicht stören. Cashas Trommeln auf der Tischplatte quittiert sie mit einem kurzen Blick; die Bedeutung versteht sie nicht. Ob sie überhaupt merkt, dass es mehr ist als ein Zeichen der Ungeduld der Bornländerin, ist ihr nicht anzusehen.

OHH

Vertrauen? Sicher? Was meint Urszula denn nun damit schon wieder! Verglichen mit ihr sieht sich Reska langsam als ausgesprochen leicht zu verstehen an.
Ihren Blicken nach jedenfalls kann man nicht entscheiden, ob sie sich auf die eineinhalb Männer drüben bezieht, auf das offenbar stumme Mädchen, welches in Reska manche Erinnerung weckt, oder ob Urszula nun wieder zum vorherigen Thema geheimer Informationsbeschaffung zurückgekehrt ist. Aus der Art der Übermittlung ließe sich wohl auf letzteres schließen. Dann könnten die beiden Begriffe ein sicheres Vertrauensverhältnis zwischen Urszula und Reska meinen.
Darob unsicher, wird einfach mal vorsichtig gelächelt und zustimmend genickt.

AB

Casha schenkt Reska ebenfalls ein Lächeln und vertraut darauf, dass die Norbardin sie richtig verstanden hat. Die Finger lässt sie noch ein bisschen weitertanzen, ganz ohne Bedeutung - aber falls Jana Verdacht geschöpft haben sollte, kann man es als eine Marotte abtun.
Damit selbige während des Essens auch ja nichts versäumt, kommentiert die Bornländerin pflichtbewusst das Geschehen im Schankraum. "Jetzt kümmert sich der Wirt um die Kleine. Wär schon gut, wenn er sie davon überzeugen könnte, dass es am Kamin sicher ist, so verfroren wie sie aussieht. Aber irgend etwas ist mit ihrem Gepäck... nein einer Holzkiste. Sie scheint sehr besorgt darum zu sein." Casha legt den Kopf ein wenig schief und beobachtet weiter.

RB

Jana kümmert sich nicht weiter um die tanzenden Finger. Sie widmet sich ganz ihrem Essen und lässt sich von Casha über die Ereignisse im Schankraum berichten. Als sie allerdings die Tür hört und ein eisiger Lufthauch sie von hinten trifft, dreht sie sich doch um. Aber das ist nur der Zwerg, der wahrscheinlich sein Reittier untergebracht hat und nun zurückkehrt. So wie er aussieht, ist das Wetter draußen immer noch grauenhaft. Auch wenn sie nicht mehr direkt am Kamin sitzt, ist es doch viel besser als da draußen. Und mit einem warmen Essen ist es geradezu gemütlich. Auf diese Weise kehren ihre Gedanken zum Eintopf zurück und sie kümmert sich weiter darum.

AB

"Oh, die Kleine ist geschwächt, kann kaum stehen." In die Stimme Cashas schleicht sich Sorge ein. "Was mag sie nur dazu getrieben haben, in diesem Aufzug, so ohne Mantel und Steifel und überhaupt bei diesem Wetter durch die Gegend zu stapfen. Unverantwortlich sowas, den Eltern sollte man... naja, vieleicht hat sie keine Eltern... Ach, das arme, arme Mädchen. Man sollte... ach, der Herr Avessandro steht schon auf. Jetzt ist also er dran mit dem Hilfeversuch, nachdem sowohl der Capitano als auch der Geweihte abgeblitzt sind. Der Geweihte hat sich im übrigen umgesetzt, vielleicht um den Platz für die Kleine freizumachen. Obwohl... das könnte jetzt schiefgehen, denn der Zwerg ist betsimmt schneller an der Theke und am Kamin als das Mädchen."
Jana muss sich keine Sorgen machen, dass sie eventuell irgend etwas verpasst.

OHH

Was sind eigentlich alle so bemüht, dem Mädchen ihre eigenen Wege zum Wohlbehagen aufzunötigen? Gut, Urszula tut dies nur in Gedanken, aber was hat sie davon? Eine Anregung, was man bei Schnupfen tun kann, schadet zugegeben nicht, aber bisweilen sind die Menschen doch immer wieder gern recht übergriffig, anstatt nach dem Rat dem Beratenen auch nur die Zeit des Überlegens zuzugestehen. Vielleicht ist Reska ja nur so empfindlich aus jener Ursache heraus, die Reskas Wesen zugrundeliegt.

RB

Die junge Frau oder das Mädchen scheint ja alle Anwesenden zu beschäftigen. Dank Cashas eifriger Berichterstattung kann Jana das Ganze wie eine Erzählung genießen, ohne sich selbst den Hals verrenken zu müssen. Und ihre Freundin liefert auch gleich Analysen und Vermutungen dazu. "Wer will schon freiwillig neben einem Borongeweihten sitzen?" kommentiert sie, allerdings so leise, dass es am Tisch des Geweihten nicht zu hören ist, bevor sie einen Löffel Suppe mit einem weiteren Schluck Most herunterspült.
"Was ist wohl in der Holzkiste?" spekuliert sie anschließend. "Ob die der Grund ist, dass sie in diesem Aufzug draußen unterwegs ist? Jemand sollte sie fragen, ob sie schreiben kann, das würde die Verständigung vereinfachen. Wenigstens ihren Namen."

AB

Cahsa zuckt leicht mit den Schultern. "Irgend etwas ganz Empfindliches, wenn man das daran misst, wie vorsichtig sie die Kiste abgestellt hat. Man könnte meinen, es wären rohe Eier", geht sie auf die Frage Janas ein. Sich leicht zu der Freundin neigend, flüstert sie dann: "Der Borongeweihte schient sie nicht zu schrecken; sie hat gerade zu ihm hinübergedeutet."
Mit einem Augenzwinkern setzt sie sich dann wieder gerade hin und berichtet weiter. "Der Zwerg sitzt jetzt direkt am Tresen... kein Wunder, da ist er dem Bier am nächsten. Obwohl... ich im Augenblick gar kein Fass sehen kann... Richtig, das haben die Männer ja vorhin erst aus dem Keller geholt und dann in die Küche gebracht." Casha schuettelt ein wenig den Kopf, denn ihr erschließt sich der Sinn dieser Handlung jetzt im Nachhinein nicht wirklich.

RB

"Vielleicht goldene Eier?" scherzt Jana. "Das würde Einiges erklären, aber erst nach vielen Fragen. Immerhin sitzt sie dann bei Zaünin genau richtig. Hat die nicht vorhin von goldenen Eiern gesprochen?" erinnert sie sich an die Unterhaltung, die sie zum Teil mitbekommen hat, als sie an diesen Tisch kam. "Außerdem sind das dort die besten Plätze", kann sie aus Erfahrung noch hinzufügen. Sehnsüchtig erinnert sie sich an die Wärme des Kaminfeuers im Rücken, als sie auf dem Stuhl saß, den jetzt der Geweihte besetzt. Aber warme Suppe im Bauch ist auch nicht schlecht, also füllt sie gleich noch einen Löffel nach. Was Männer mit Fässern machen, will sie gar nicht erst versuchen, zu verstehen.

OHH

Still folgt Reska den Worten der Damen sowie gegebenenfalls ihren Blicken. Goldene Eier widersprächen nicht allein dem beklagenswerten Erscheinungsbilde des Mädchens, sondern auch dem vorsichtigen Abstellen des Kästchens. Letzteres muss jedoch keinen allgemeinen Wert des Inhaltes bedeuten, sondern spricht erst einmal nur für einen durch das Mädchen empfundenen wirklich eindeutig.
Suchend schaut Reska auf dem Tisch umher. Irgendwie ist schon alles ausgetrunken, scheint es. Nein, etwas Tee ist noch da. Dieser wird nun eingeschenkt.

RB

Um die besten Plätze herum ist gerade Einiges in Bewegung geraten. So ganz erschließt sich Jana nicht, was da vor sich geht: Nur der Geweihte sitzt noch und alle anderen spielen offenbar die Reise nach Arivor.
Immerhin ist jetzt das Mädchen so weit vorangekommen, dass die Signora es mit einer Drehung des Kopfes selbst sehen kann. Sie sieht wirklich übel aus, nicht wie jemand, der über goldene Eier verfügt. Nun hört sie, dass Dom Avessandro offenbar schon ihren Namen erfahren hat: Elinja.
Während sie sich weiter ihrer Suppe widmet, beobachtet die Schauspielerin aus dem Augenwinkel weiter. Dabei erwartet sie gespannt, wie Casha den Verlauf der Dinge kommentieren wird. Um sie zu animieren, zwinkert Jana ihrer Freundin verstohlen zu.

AB

Die Bornländerin zwinkert zurück und fährt in der Beschreibung der Dinge fort. "So richtig überblicke ich im Augenblick nicht, wer jetzt mit wem und wo sitzen will oder wird. Irgendwie ist jedermann sehr um dieses Mädchen bemüht. Außer dem Capitano und Seiner Gnaden stehen inzwischen alle, wobei man bei dem Herrn Zwergen vermuten würde, dass er sich gleich zu dem Herrn Geweihten an den Kamin setzten wird. Aber warum nun die kleine Frau aufgestanden ist... Vielleicht will sie dem Herrn Avessandro helfen, das Mädchen an den Kamin zu bringen. Denn da will sie offenbar hin - sie hat hinübergezeigt, weißt du."
Casha wiegt den Kopf nachdenklich hin und her. "Ich werde übrigens aus dem Herrn Schriftsteller nicht ganz schlau. Erst lässt er mich abblitzen, um mit dem Capitano ein Schwätzchen zu halten, während er auf dich wartet, dann lässt er dich abblitzen, um wieder mit dem Capitano ein Schwätzchen zu halten, und nun lässt er den Capitano sitzen, um dieses arme Mädchen zu retten. Hatte er nicht auch vorhin was von seine Ruhe haben gesagt? Ich meine, so etwas aufgeschnappt zu haben, als er den Kamintisch verlassen hat und den Geweihten sitzengelassen hat. Aber ich kann mich auch verhört haben..."
Es scheint die Freiin nicht zu stören, dass sie gerade offen zugegeben hat, die Gespräche anderer zu verfolgen. Aber die Entfernung zwischen den beiden Tischen ist nicht groß, und es wurde nicht geflüstert. Und vor Jana und Reska muss sich Casha nicht mehr verstellen.

RB

Dass die Freiin die Gespräche anderer verfolgt, fällt der Signora nicht besonders auf. Schließlich ist das eine Fähigkeit, die man in gewissen Kreisen fast zwangsläufig erlernt, wenn man es zu etwas bringen will. Sie ist inzwischen versiert darin, die eigene belanglose Konversation am Laufen zu halten, während sie mithört, was am Nebentisch gerade Interessantes vor sich geht.
"Der Herr Schriftsteller ist tatsächlich ein Rätsel", greift sie den letzten Gedanken ihrer Gesprächspartnerin auf. "Wenn ich nicht wüsste, dass Dom Avessandro ein Mann ist, würde ich ihn für eine Frau halten", erklärt sie mit gespieltem Ernst. "Schließlich erfüllt er alle Klischees: Er ist wankelmütig, empathisch, hilfsbereit, schwächlich und fühlt sich von einem starken, arroganten Krieger angezogen. Nur sein Kleidungsgeschmack ist leider sehr männlich verkümmert, dabei könnte er so viel mehr aus sich machen." Währenddessen beobachtet sie recht offen, wie sich der Ringelreihen nebenan auflöst.

AB

Cashas erste Antwort auf die Äußerungen der Schauspielerin ist ein Emporziehen der Augenbraue. Dann widmet auch sie sich erneut der Beobachtung des Geschehens im Schankraum. Man könnte den Eindruck gewinnen, als verfolge sie ein Theaterstück.
"Interessant, dass die kleine Frau, von der ich annahm, sie wolle das Mädchen zu sich an den Tisch bitten, nun den Weg zum Capitano sucht. Dabei hat sie sich doch so nett mit dem Herrn Geweihten unterhalten. Was an sich schon eine Seltenheit ist; wann sieht man einen Diener des Herren Boron in so angeregtem Gespräch. Aber so ist jetzt genügend Platz am Kamin - falls der Herr Schriftsteller ebenfalls dort Platz nehmen will."
Sie lehnt sich zurück und bemerkt: "Jetzt, wo du es erwähnst - irgendwie weder das eine noch das andere, finde ich."

RB

"Vielleicht ist genau das sein oder ihr Problem", stellt Jana fest. Sie scheint aber keine Lust zu haben, weiter darauf einzugehen, sondern isst lieber noch einen Löffel Suppe. Nachdem ihr Mund wieder leer ist, fügt sie noch hinzu: "Jetzt, wo du es erwähnst - ein Diener Borons im angeregten Gespräch ist ja fast schon ein Paradoxon."

AB

"Jetzt, wo du es erwähnst... Verbietet der Herr Boron denn das Reden ganz und gar? Ich meine, muss man als sein Diener ein Schweigegelübde ablegen? Die Frage hat sich mir bislang noch nie in der Art gestellt... und Seine Gnaden jetzt danach fragen, wäre mir irgenwie seltsam."

RB

Jana zupft an ihrer Strähne, die ihr inzwischen recht schlaff ins Gesicht hängt, während sie überlegt: "Ganz sicher bin ich mir auch nicht. Man sagt ja: 'Schweigsam wie ein Boroni'. Aber andererseits scheint dieser hier es mit dem Schweigen ja nicht so ernst zu nehmen. Und der Priester, der den Totensegen für meinen Papa gesprochen hat, hat ihn wirklich gesprochen und danach noch ein paar tröstende Worte mit der Baronessa gewechselt. Also vielleicht nicht wirklich ein Gelübde, sondern eher so eine Empfehlung?
Aber dann gibt es auch noch die Al'Anfaner Ketzer." In den letzten Worten der Signora kann man den Hass auf die Mörder ihres Papas heraushören. "Oder werden einfach nur Menschen mit einem Hang zur Schweigsamkeit Boron-Geweihte?" Das klingt schon wieder neutral. "Stell dir vor, du fragst einen danach, und er kann nicht antworten, weil er ein Schweigegelübde abgelegt hat...", schließt sie mit einem schelmischen Gesichtsausdruck.

AB

Casha rollt mit den Augen und grinst. "Das wäre soooo peinlich..."
Dann wird sie wieder ernster. "Meinst du nicht, dass es in der Kirche des Herren Boron so verhält wie auch anderswo? Dass jeder irgendwie auf seine Art anders ist? Und solange das Reden nicht ganz verboten ist... Und wie d schon gesagt hast; manchmal muss man eben mehr sagen. Apropos sagen: Warum hat der Herr Boroni denn die Baronessa getröstet? War dein Papa der Baron? Bist du dann auch eine Baronessa?"

OHH

Am Tee nippend, beobachtet auch Reska die Vorgänge, immer wieder mit den Augen insbesondere den von den Damen erwähnten Personen nachspürend. So recht verständlich wird vieles dabei nicht, in der Tat, aber dies ist letztlich auch nicht unbedingt erforderlich. Es ist lediglich ein netter Zeitvertreib, Avessandro und dem Fräulein unter seinen Fittichen nachzuschauen.
Was jedwede Sitten innerhalb der zwölfgöttlichen Kirchen angeht, enthält sich Reska mangels regen Interesses jeglicher Spekulation.

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Redaktion und Lektorat: Oliver H. Herde im Jahre 2020