Nachtleben

Autoren: Cristoph Weber, Sascha Kraska, Werner Skibar und Oliver H. Herde

SK

Der sein Pferd striegelnde Beschlapphutete hält kurz inne, als er ein Geräusch hört. Er hat gerade noch Zeit sich umzudrehen und verdutzt die Gestalt zu betrachten. Der Blick haftet sich verwirrt auf die ausgestreckte Hand. "Wer... Aaaarg!" Schmerzen durchzucken seinen Körper, die Knie geben nach und er schlägt auf den Boden.
Glücklicherweise mindert die dünne Strohschicht den Fall etwas. "Verdammt!" Sich in Krämpfen windend, muss der ehemals Beschlapphutete (seinen Hut hat er verloren, mittel- bis dunkelblonde Haare kommen zum Vorschein) mitansehen, wie der offensichtliche Magus näherkommt, den Stab vor sich haltend. Dieser verschmilzt unvermeintlich, dünnt aus und verlängert sich. Das neu entstandene Seil wird vom Inquisitor wie eine lebende Schlange auf das Opfer gerichtet und nähert sich bis auf Fingerbreite. Da es sich zu sträuben scheint, das vor Schmerzen stöhnende Opfer zu berühren, legt der Magus selbst Hand an und zieht fachmännisch jeweils eine Schlinge um Hand- und Fußgelenke des Delinquenten.
Langsam lassen die Bewegungen zusammen mit den Schmerzen nach. Die auf dem Boden liegende Gestalt sieht ihrem Peiniger erschöpft und fragend ins Gesicht.

OHH

Gerade wollte Atreo ins Haus zurückkehren, um sich dort über Yshija hinwegzutrösten, da hört er eigenartige Geräusche und verhaltene Rufe aus dem Unterstand dringen. Hat ihn sein Gefühl doch nicht getäuscht?
Neugierig geworden, hastet er die Schritte zu dem dreiwändigen Holzbau hinüber. Es ist finster, doch man kann eine Gestalt erkennen, die sich über eine andere, am Boden liegende beugt. Atreo mißversteht die Geste, glaubt, erstere wolle der zweiten helfen. "Alles in Ordnung?"

CW

Uricarion sieht auf. Eine Hand verschwindet in seiner Manteltasche. "Nein. Nicht alles ist in Ordnung. Aber mit der Gnade des Herren Praios werde ich das ändern."
Seine Hand bringt einen fingernagelgrossen , dunklen Stein zum Vorschein, den er Zordan auf die Stirn drückt.
Er scheint sich ein paar Sekunden zu konzentrieren, dann leuchtet plötzlich der Stein auf und verschwindet. "Du wirst in Bethana gesucht. Wie hast du Di Corrodon getötet?"

SK

Zordan will sich aufbäumen, sackt jedoch erschöpft zurück. "Ich... ich kenne keinen Di Corrodon!"
Die Gedanken rasen in Zordans Kopf: 'Gesucht? Aber sie haben doch selbst dreckige Geschäfte gemacht! Das können sie sich überhaupt nicht leisten, diese ganze Aufmerksamkeit! Und wie konnten sie einen Praiosdiener zur Mitarbeit zwingen? Oder ist das nur ein verkleideter Hexer? Phex steh mir bei! Und wer ist dieser oder diese Di Corrodon? Hieß vielleicht so dieser räudige, einbeinige Anführer?' Sein Bild zieht durch Zordans Gedanken. 'Aber ich habe ihn doch nicht einmal berührt! Habe ich wohl in der Zeit etwas getan, an die ich mich nicht mehr erinnern kann? Warum bin ich auf einmal vor Bethanas Stadttor aufgewacht? Ich kann die Strecke dorthin nicht so schnell zurückgelegt haben, wie es mir meine Gedanken vorgaukelten. Und wo habe ich dann diese ganze Zeit in Bethana verloren? Habe ich meinen ersten Mord begangen? Bei allen Zwölfen, welches Unheil ist mir widerfahren?!?'
"Ich habe niemanden getötet!" Zordan ist ob seines Schwächeanfalls, dieses unheimlichen Steins und dem Mann vor sich in Panik verfallen.

OHH

`Der Herr Praios'? Langsam ahnt Atreo, mit wem er es zu tun haben mag. Er tritt näher heran, und die Aufmachung des Stehenden scheint seinen Verdacht zu bestätigen.
"Was geht hier vor?" fragt er, als der Fremde den anderen mit dem seltsamen Stein traktiert. "Wer seid Ihr, und was wollt Ihr von diesem Mann?" Atreos Körperhaltung verrät nun Handlungsbereitschaft und Mißtrauen. Er steht gebeugt, wie zu einem Sprung - ob nun nach vorne oder nach hinten.

CW

Uricarion sieht Zordan einen Moment in die Augen - es scheint, als wolle er sich mit seinem lodernden Blick den Weg direkt in Zordans Seele freibrennen. "Mir scheint", sagt er mit einem genervten Unterton, "ich habe den falschen erwischt."
"Komm Er hoch." Ohne Zordan von seinen Fesseln zu befreien, zieht er ihn am Arm auf die Beine.
Zu Atreo gewandt faehrt er fort: "Ich bin Uricarion Praioslieb. Ich vertrete die Gildengerichtsbarkeit und bin Bevollmächtigter der Heiligen Inquisition unseres Herren Praios. Das beantwortet alle Seine Fragen."
Er wendet sich an Zordan. "Er wird mir jetzt alles über den einbeinigen Anführer in Bethana berichten. Bitte faßt Er sich kurz, Zordan."

OHH

[Das hatte Atreo befürchtet! Auf Inquisitoren - besonders einen ganz bestimmten - ist er gar nicht gut zu sprechen. Aber, da ihm nun auch die Gefahr bewußt wird, die mit diesen Leuten umherzieht, entschließt er sich, zunächst einen Weg der Verhandlung einzuschlagen.
Die Worte des Inquisitors verwirren ihn ein wenig. "Wessen Fragen?" murmelt er leise, doch als sich Praioslieb an seinen Gefangenen wendet und mit seiner Formulierungsweise fortfährt, geht Atreo eine Sturmlaterne auf.
"Nicht alle Fragen", erklärt Atreo. "Ist diese Art der Behandlung eines offenbar unbescholtenen Bürgers notwendig? Und gilt Euere Amtsbefugnis auch außerhalb des Mittelreiches? Löst seine Fesseln, und ich will Ruhe geben!"]

CW

Uricarion seufzt. "Glaube Er nicht, mich übertölpeln zu können, Zordan. Sei Er dem Herrn Praios dankbar, dass ich es jetzt eilig habe. Er wird sich noch einmal überlegen, was genau Er verbrochen hat und dies vor den zuständigen Personen in Bethana gestehen. Er wird sich sofort morgen früh auf den Weg machen!"
Daraufhin löst der Inquisitor wortlos die Fesseln. Noch einmal wendet er sich um: "Und glaub Er bloß nicht, er könne sich aus dem Staube machen!"
Eine Entschuldigung für das Mißverstaendnis wird nicht einmal durch einen Blick angedeutet. Zum Gehen gewand raunzt er Atreo an: "Was glotzt Er so?"
Dann verläßt er wortlos den Unterstand. Sich entfernendes Hufgetrappel läßt darauf schließen, dass jetzt jemand anders zur Rechenschaft gezogen werden wird...
Zordan greift seinen Hut, schlägt ihn ein wenig aus und setzt ihn wieder auf. Er rappelt sich auf und sieht einmal kurz zu Atreo. "Eine geruhsame Nacht!" quetscht er durch die Zähne. Sein Blick schweift durch den Unterstand, auf der Suche nach einem geeigneten Schlafplatz.

OHH

[Atreo fragt sich, ob der Inquisitor ihn überhaupt vernommen hat. Aber so oder so mag es für alle Beteilligten am besten sein, dass er nicht auf ihn reagierte.
So wendet sich Atreo dem wiederum Beschlapphuteten zu. Scheint ein Mann von seinem Schlage zu sein. Ob er ihm das freie Bett anbieten soll? "Hast du vor, hier zu schlafen?"]
Der Beschlapphutete hat offenbar ein gemütliches Plätzchen gefunden. "Gewiß schlafe ich hier!" Damit legt er sich nieder.
Atreo akzeptiert die kurze Antwort schweigend. Während er sich zum Gehen wendet, kommt ein Zwerg mit Hund herein und saust gleich anschließend wieder hinaus. Kopfschüttelnd verläßt Atreo den Unterstand und kehrt in den Schankraum zurück.
Hier scheint bereits alles schlafenzugehen! Hoffentlich bekommt er dennoch etwas für seine trockene Kehle!
Er hastet zu Sarina, die in der einen Hand einen Besen, in der anderen den Knecht führt. Doch dies zu beachten, bleibt ihm angesichts der müden Gesichter im Schankraum wohl keine Zeit.
"Frau Wirtin! Könntet Ihr mir wohl noch ein letztes Premer Feuer einschenken?"
Sarina schaut genervt an ihm vorbei. "Ich bin die Köchin", murmelt sie, "es ist Feierabend, und ich habe noch diesen Säufer wegzuräumen!" Dabei schüttelt sie Alriks Kragen ein wenig.
"Oh, verzeiht! Aber ich verspreche Euch, ich werde es ganz schnell austrinken!"
Sarina seufzt, doch der Gast macht einen fast verzweifelten Eindruck. Vielleicht hat er noch nicht einmal gemerkt, dass er sein Hemd über der Schulter trägt! "Also gut, aber nur EIN Feuer!"
Die drei gehen zur Theke, Sarina schenkt ein und gibt den Becher an den unruhig wartenden Gast.
Wie versprochen kippt Atreo den hochprozentigen Trank - quasi samt der Enttäuschung - in einem Zug herunter. "Ah! Danke! Vielen Dank! Jetzt brauche ich nur noch ein Fläschchen Bosparanier fürs Zimmer."
"Was?!"
"Ein Fläschchen Bos..."
"Hört her, guter Mann: Es ist in diesem Hause nicht üblich, sich auf dem Zimmer zu betrinken!"
"Aber das hatte ich doch gar nicht vor. Dafür würde doch eine einzige Flasche auch gar nicht reichen! Und ich bin ja fast nüchtern!"
In der Tat scheint ihn der bisherige Alkoholkonsum noch nicht angeschlagen zu haben. Doch so einfach will sich Sarina nicht überfahren lassen! "Ihr sagtet: EIN Premer Feuer!"
"Ja, vielen Dank dafür. Ich werde heute auch keines mehr bestellen, wenn es Euch schon zu spät sein sollte."
"Das ist es allerdings!"
"Deshalb ja das Fläschchen, damit ich einschlafen kann."
"Werdet Ihr das nicht ohne schaffen?"
"Ich habe schreckliche Halsschmerzen."
"Ihr hattet wahrlich genug für den Abend!"
"Ich will es ja für die Nacht!" In Gedanken ergänzt er: `Damit ich nicht so allein bin.'
Sarinas Gedanken hingegen werden bereits wieder einmal von der gußeisernen Garnisonssuppenkelle beherrscht, die unerreichbar weit in der Küche hängt.
Irgendwie scheint Atreo eine gewisse Ablehnung von dieser Frau auszugehen. "Bitte, gebt mir das eine Fläschchen, und Ihr seid mich los. Ich will Euch auch den doppelten Preis dafür zahlen."
Sarina glotzt Atreo mit großen Augen an.
"Einen Dukaten für die Flasche!"
"Wird das auch Euer letzter Wunsch für heute sein?"
"Jawohl!" seufzt nun Atreo.
"Keine weiteren Bestellungen?"
"Nein."
"Kein Krakehlen während der Nacht?"
"Ich bitte Euch! Gewiß nicht!"
"Also gut." Gönnerhaft zieht Sarina eine Flasche Bosparaniers hinter der Theke hervor.
Atreo gibt ihr sofort den Dukaten und nimmt die Flasche mit seeligem Gesichtsausdruck in Empfang. "Vielen, allerherzlichsten Dank! Das werde ich Euch nie vergessen!"
Sarina ist sich nicht ganz sicher, ob zwischen der ernst empfundenen Freude über den Erfolg seiner Bestellung auch noch ein Quentchen Ironie ihr gegenüber mitschwingt, aber da sich Atreo sogleich nach oben begibt, sieht sie auch in Anbetracht des späten Abends darüber hinweg.
Auf seinem Zimmer angekommen, schaut Atreo einen Moment lang mit gemischten Gefühlen auf sein Doppelbett. Dann wirft er sein Hemd auf den prallen Ranzen neben der Truhe und sich selbst auf das Bett. Er öffnet seinen Bosparanier und nimmt einen kräftigen Zug aus der Flasche. Lecker das Zeug!
Aber bei dieser Gelegenheit spürt er die vorigen vierzehn Getränke des Abends drängen. Daran hätte er mal vorhin denken sollen! Was solls! Muß er eben nochmal runter!
Barbrüstig wie bisher verläßt er das Zimmer, das er abzuschließen vergißt, und stiefelt tastend die Treppe hinab. Im dunklen Schankraum angekommen, stellt er fest, dass schon alles abgeschlossen ist. Nach kurzer Überlegung öffnet er das Fenster neben dem großen Tisch, da es dem angestrebten Ort am nächsten liegt, und klettert hinaus in die klare Nacht.
Vorsichtig mit den Füßen nach möglichen Wurzeln fühlend, arbeitet er sich zu dem kleinen Häuschen vor, wo er einige Minuten verweilt.
Als Atreo aus dem kleinen Häuschen wieder heraustritt, kommt ihm die Luft noch herrlicher vor, als vorhin. Er geht ein paar Schritte in Richtung des offen stehenden Fensters, als er sich durch irgend etwas veranlaßt fühlt, den Blick zum Sternenhimmel zu erheben. Welch ein wundervoller Anblick! Was für eine selten klare Nacht! Von Sternbildern hat er kaum eine Ahnung, doch fast scheint es ihm, als erkenne er dort droben ein Gesicht. Er bemerkt, dass es Yshija ist, die jedoch gleich darauf Gesellschaft von Alandra und Shannaha bekommt. Die drei Gesichter blicken ihn liebevoll an.
Für einen Augenblick vermag Atreo sich von dem Bild zu lösen. Da muß Magie im Spiele sein, durchfährt ihn die Erkenntnis. Er spürt es deutlich. Doch wer oder was kann diesen Zauber ausgelöst haben?
Aber schon gerät Atreo wieder in den Bann des Firmaments. Sein Atem geht schneller, schwerer, als er sich eingestehen muß, dass er im Abort noch weiteres zu erledigen hat, wenn er nachher ruhig schlafen können will...
Wiederum erleichtert - nur auf eine andere Weise - verläßt Atreo den Lokus zum zweiten Male. Sein Blick wandert erneut zum Nachthimmel hinauf. Nichts zu sehen, als ein wirrer Haufen blinkender Punkte. Aber wunderschön! So gut fühlte sich Atreo nicht mehr, seit er damals mit Alandra und Shanhazadra die Nacht verbrachte. Ihm ist danach, Bäume auszureißen!
Im nächsten Moment findet er sich am Boden liegend wieder. Fingertippelnd stellt er fest, dass ihn eine Wurzel zu Fall brachte. Den Sturz hat er gar nicht bemerkt, so schnell ging es. Offenbar wird es doch langsam Zeit, endlich schlafen zu gehen! War ein langer Tag und ein verrückter Abend!
Er steht auf und schaut ein letztes Mal empor. Sanft schüttelt er den Kopf. Die Quelle seine Gefühle wird er heute wohl nicht mehr feststellen können, da der Zauber momentan versiegt scheint.
So steigt Atreo wieder durch das Fenster in den Schankraum. Was für eine Finsternis! Er tastet sich zur Treppe. Doch bevor er sie erklimmt, fällt ihm seine Krötenhaut ein, die noch irgendwo an die Wand gelehnt steht. Also geht er zurück - und schon hat er einen Schemel umgeworfen.
Unglaublich wieviele Stühle sich an `seinem' Tisch gesammelt haben! Ah, das ist sie ja, die Rüstung! Von allen unbeachtet hat sie hier auf ihn gewartet. Er nimmt sie unter den Arm und schleicht sich eilig die Treppe hinauf.
An seiner Zimmertür angelangt, versucht er vergeblich, sie aufzuschließen.
Nein, so ein Unfug! Er hat ja gar nicht abgeschlossen!
Sich selbst belächelnd öffnet er die Tür, da kommt es ihm vor, als husche eine unbekleidete Frauengestalt hiter ihm vorbei und die Treppe hinunter. Er dreht sich um, doch kann er nichts erkennen. Aus der anderen Richtung, dorther, wo hinter einem Vorhang der Schlafsaal liegt, hört Atreo gedämpfte Geräusche. Auch von anderswo her, aus dem einen oder anderen Zimmer und vielleicht auch vom Erdgeschoß her dringen undefinierbare Laute zu ihm. Was ist hier nur los? Nun, man wird schon schreien, wenn es etwas zum Schreien gibt!
Er tut einen Schritt in sein Zimmer hinein, da ist ihm wieder, als liefe jemand hinter seinem Rücken den Gang entlang. Abermals dreht er sich um, ohne etwas erkennen zu können. Er lauscht. Irgend etwas kann er nun auch von der Treppe her hören. So flüstert er in die Dunkelheit: "Ist da wer?"

WS

Eine Stimme? Jasinai horcht auf - hatte sie da jemanden gehört? War es Wirklichkeit gewesen, und keine dieser Stimmen in ihrem Kopf, die sie seit ihrer Kindheit verfolgen? Sie blickt auf. "Ja?", haucht sie mehr, als dass sie spricht, was aber vermutlich in der halbwegs ruhigen Nacht noch vernehmbar ist, und versucht dabei mit ihrer rechten Hand ein Tuch aus ihrer Tasche hervorzuziehen, um sich die Linke zu verbinden - zumindest halbwegs...
War da wirklich eine Stimme gewesen? Oder doch nur einer dieser Geister, die sie schon immer verfolgt haben?

OHH

Wieder diese Lähmung! Welcher Borbaradianische Steppendämon treibt da sein Spiel mit Atreo!?
Er besinnt sich wieder. Die Antwort eben klang irgendwie traurig. Eigentlich hält sich Atreo nicht gerade für einen guten Seelendoktor, aber es ist auch nicht seine Art, andere im Stich zu lassen.
So tritt er sich unschlüssig räuspernd auf den Gang zurück und schaut um die Ecke zur Treppe hinüber. Finsternis.
"Ähm... Alles in Ordnung?" fragt er leise.

WS

Es ist wirklich jemand da! Jasinai bemerkt die Gestalt, die um die Ecke kommt, und läßt rasch ihren Dolch verschwinden. Nun, ob überhaupt etwas in Ordnung ist, das wäre leichter zu beantworten gewesen. Jasinai richtet sich auf, tritt einen Schritt vor, so dass sie ihren Gesprächtspartener zu sehen bekommt.
Sie kennt ihn nur vom Sehen, mehr weiß sie nicht von ihm... "Ja, danke, es ist soweit alles in Ordnung", sagt sie, und versucht so etwas wie ein Lächeln aufzusetzen, was aber nicht überzeugen kann. Denn ihre dunklen Augen wirken so unendlich traurig, und man sieht ihr an, dass sie Tränen vergossen hat. Ganz zu schweigen von dem weißen Tuch, welches um ihre linke Hand gewickelt ist, und sich langsam rot verfärbt.

OHH

Atreo blickt die zierliche Gestalt ungläubig an. "Und dessen bist du dir sicher?" fragt er mit einem schelmischen Unterton, der aufmuntern soll. "Nicht SEHR weit in Ordnung, würde ich sagen." Er deutet auf die so provisorisch umwickelte Wunde der jungen Frau. "Ich sollte mir das vielleicht einmal ansehen, es sei denn, du willst so herumlaufen, wie ich..." Dabei hebt er den Stumpf höher, dass sie ihn so gut sehen kann, wie es das Zwielicht erlaubt.
Dann geht er langsam rückwärts zu seiner Zimmertür und winkt ihr einladend mit der behandschuhten Rechten. "Komm!"

WS

"Es ist nicht so schlimm - eine harmlose Schnittwunde!", antwortet Jasinai Artreju. "Ich war ungeschickt!" Dabei beginnt sie sich wieder zu beruhigen, und dieser traurige Blick verschwindet. Sie blickt kurz um sich - als wolle sie sich den Rücken freihalten - dann folgt sie ihm.

OHH

Das Fenster im Raum steht seit dem frühen Abend angeleht. Atreo öffnet es nun ganz und schließt dafür die Zimmertür.
"Setz dich!" meint Atreo und weist auf das Doppelbett. Dabei schwingt in seiner Stimme eine starke väterliche Autorität mit, für die er doch eigentlich zu jung scheint.
Er bietet dem Mädchen vom Rest des Bosparaniers an und wühlt derweil in seinem Ranzen, wobei allerlei eigentümliche Dinge zum Vorschein kommen, wie eine schmale Dokumentenmappe und ein Bund Dietriche. Ferner zieht er einen Lilienhaken hevor, den er sich an den Stumpf schnallt. Und schließlich findet er auch wonach er eigentlich suchte: Eine Bandrolle hellen Leinentuches.
Dann wendet er sich der zu behandelnden Wunde zu, auf die er vorsichtig ein paar Tropfen des Weines träufelt. Mit dem Lilienhaken schneidet er ein Stück Verband von der Rolle, das er anschließend routiniert um die Hand der jungen Frau wickelt.
"So... Es ist spät! Du kannst hier schlafen!" Es klingt wie der ernste Rat eines Medicus. "Und morgen früh reden wir darüber."
Er zieht die Stiefel aus und legt sich auf das Bett. Sogleich rollt er sich zum schlafen auf die Seite, beobachtet aber aufmerksam, ob sich die Patientin niederlegt, oder den Raum verlässt. Dann schläft er ein.

WS

Jasinai schenkt Atreo ein dankbares Lächeln, nimmt das Wenige des Restes des Bosparaniers, und beobachtet, wie er ihre Wunde verbindet - dabei wirkt sie ganz ruhig, selbst als er den Wein auf ihre Wunde träufelt - nun, sie hatte schon ganz andere Schmerzen erdulden müssen - aber am Schlimmsten sind die Wunden in ihrer Seele, die nie zu heilen scheinen. Auf jeden Fall ist sie Atreo sehr dankbar, was er instinktiv merkt, auch wenn sie nicht viel redet, und eigentlich danach nur ein gehauchtes "Danke!" von sich gibt.
Als er davon spricht, dass sie gleich hier übernachten kann, zögert sie kurz, und nickt dann. Sie ist sich selber nicht sicher, was sie überhaupt will - schien vor einigen Stunden alles noch so klar zu sein, nun hat sich alles wieder mit einem Dunstschleier umgeben. Aber zumindest scheint ihr Verstand wieder zu funktionieren, und sie schimpft sich selber als eine Verrückte wegen der Sache mit dem Messerschnitt - natürlich nur im Stillen.
So legt sie sich neben Atreo hin - und auch wenn sie eigentlich nichts von ihm weiß, vertraut sie ihm. Als sie merkt, dass er eingeschlafen ist, lässt sie ihre Gedanken wieder auf die Reise gehen. Es beschäftigt sie der Gedanke, was sie ihm morgen erzählen soll, aber auch ihr eigenes Verhalten. Im Stillen bittet sie Rahja um Verzeihung, dass sie sich gegen ihre Gaben so gewehrt hatte. Sie fühlt sich leer, ausgebrannt und einsam - auch wenn sie die Nacht streng genommen nicht alleine verbringt.
Irgendwann schläft Jasinai dann auch ein, und sie hat dieses Mal keine Träume mehr.
Aber - als seien die rahjagefälligen Gefühle nicht völlig verschwunden, schmiegt sich die zierliche Frau unbewusst im Schlaf ein wenig an den großen Kerl, der neben ihr liegt.

Weiter geht es beim Frühstück


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Redaktion und Lektorat: OHH